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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0087
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TAFEL LXII. LXIIA 194. 195

24I

haben sollte Fig. 195", erscheint nach Fig. 195 und
Fig. 195' wenig wahrscheinlich. Der Oberkörper der
Göttin ist entblösst; im Haar trägt sie ein Diadem.
Links von dem Paare sind zwei kleine geflügelte Amoren
angebracht. Der eine steht, nach links gewandt, mit
beiden Füssen auf der Bettstufe und hält in den Händen
einen Gegenstand, der in der massgebenden Zeichnung
Fig. 195 wie ein Stab aussieht; von seinem rechten Ober-
schenkel scheint der Zipfel einer Chlamys herabzufallen.
Es wäre aber möglich, dass dieser Zipfel mit dem schein-
baren Stabe zusammengehört und beide in Wahrheit
eine Falte des Vorhangs sind, hinter der sich der Amor
zu verstecken sucht; vgl. den jammernden Amor auf der
Basis Casali (Brunn Kleine Schriften I S. 38). Der zweite
Amor schreitet von links heran, wobei er mit dem linken
Fuss auf die Bettstufe tritt; mit beiden Händen hält er
eine brennende Fackel. Dann folgt Vulcan, in derselben
Tracht wie in der ersten Scene. Mit der Linken hebt er
den Vorhang empor, mit der Rechten weist er auf das
schuldige Paar, wobei er den Kopf nach dem thronenden
Iupiter zurückwendet. Dieser hält in der Linken das
Scepter und scheint im Haar ein Diadem zu tragen; be-
kleidet ist er mit einem langen Mantel, der den Unter-
körper, den Rücken und den linken Arm bedeckt. Sein
rechter Arm war vorgestreckt; neben seinem Thron sitzt
mit ausgebreiteten Flügeln der Adler. Zwischen Vulcan
und Iupiter steht im Hintergrund Sol der Verräther. Er
erscheint im Wagenlenker-Costüm, hochgegürtetem Chiton
und einem auf der rechten Schulter gehefteten Mantel,
trägt auf dem Haupt die Strahlenkrone und hält in der
linken Hand die Peitsche; vgl. 188. Seine Blicke sind auf
den hinter Iupiter stehenden Apollo gerichtet, der ihn
gleichfalls anblickt, während er sich mit der rechten Hand
auf einen Lorbeerstamm stützt. Er ist nackt bis auf
eine von der rechten Schulter herabfallende und um den
linken Unterarm gewickelte Chlamys. Zu seinen Füssen
sitzt sein Greif, vgl. 193.

Rechts von dem Liebespaar erblickt man eine jugend-
liche männliche Figur mit Fledermausflügeln und langem
im Nacken zu einem Schopf aufgebundenem Haar, die
sich eilig aus dem Schlafgemach zu entfernen scheint.
Ueber ihrer linken Schulter trägt sie eine Chlamys.

Der rechte Arm war in Schulterhöhe vorgestreckt, der
linke gebogen; die Zeichnung Fig. 195 lässt erkennen,
dass der Unterarm dicht auf dem Reliefgrund aufsass.
Von den Attributen der WiNCKELMANN'schen Abbildung
Fig. 195" Fackel und Messer weiss die Coburgensis-
Zeichnung Fig. 195 nichts. Dafür zeigt sie über dem
linken Unterarm der Figur einen räthselhaften Gegenstand,
der indessen von keiner der beiden Hände gehalten zu
werden scheint, sondern etwa auf der Mitte des linken
Unterarmes aufsitzt. Er stellt sich als ein dünner Stab
dar. an dessen oberem Ende eine hohle Halbkugel be-
festigt ist, die sich am ehesten noch mit der Glocke
einer Kottabosstange vergleichen lässt. Doch scheint es,
dass dieser Gegenstand, für den ich keine Deutung habe,
im ganz flachen Relief im Hintergrunde angebracht war;
auch ist es möglich, dass er sich nach oben und unten
noch weiter fortsetzte. Man würde an dieser Stelle einen
Thorbogen erwarten, womit sich indessen das seltsame
Ding auch nicht in Verbindung bringen lässt. Die Figur
selbst aber, die Winckelmann für die Nox hielt, stimmt
so augenscheinlich mit dem Madrider Hypnos und seinen
Repliken (Winnefeld Hypnos S. 7 ff.; vgl. oben III 53
S. 71) überein, dass die Deutung auf Somnus wohl als
gesichert gelten darf, wenn es sich auch kaum errathen
lässt, welche Attribute dieser hier getragen haben mag.
Der Künstler stellt sich also offenbar den Vorgang in der
Weise vor, dass Vulcan, von Sol benachrichtigt, das nach
dem Liebesgenuss entschlummerte Paar überrascht hat.
Als er den Vorhang wegzieht, um sie den anderen Göttern
zu zeigen, erwachen sie, was durch das Entweichen des
Schlafgotts angedeutet wird.

Rechts von Somnus sitzt nach links gewandt Mercur
(s. Fig. 195') mit dem Caduceus in der gesenkten Linken
und, wie es scheint, den rechten Zeigefinger an den Mund
legend. Ueber seinen Rücken fällt die Chlamys herab. Von
dem Petasus, den er in Winckelmann's Abbildung Fig. 195"
trägt, ist im Pigiiianus nichts zu bemerken. Ob die Platte
rechts vollständig war, lässt sich nicht entscheiden; sollte
hier etwa noch Neptun gefolgt sein, so würde der
Künstler genau die Götter angebracht haben, die bei
Homer & 266—366 erwähnt werden.

Wahrscheinlich aus dem zweiten Jahrhundert.
 
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