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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0089
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MARSYAS

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ist bald nackt 202. 203, bald mit dem Pantherfell bekleidet
201. 205. 209. 20g1, auf 203. 207 ist zwischen seinen
Beinen ein Ziegenfell aufgehängt, auf 208 eine CMamys.
Auf dem zur zweiten Classe gehörigen Sarkophag 198 trägt
er ein Wolfsfell; auch sieht man dort zwischen seinen
Beinen die von ihm selbst erfundene Syrinx, ein Motiv,
das vielleicht auch auf 205 wiederkehrt. Die als Rich-
terinnen fungirenden Musen (vgl. Hygin fab. 165) fehlen
zwar nicht, sind aber in den Hintergrund gerückt; nur
auf 202. 203 ist eine von ihnen so in die Mitte ge-
stellt, dass sie einigermassen als die ausschlaggebende
Persönlichkeit gedacht werden kann. Vollzählig erscheinen
die Musen nur auf 201, wo sie aber über zwei Scenen
hin vertheilt sind. Auf 208 wohnen sieben, auf 203.
205 fünf, auf 209 drei dem Wettkampf bei. Bei 202 und
205 lässt sich die Zahl der Musen nicht feststellen. Da
nun bei 208 die fehlenden Musen am Deckel angebracht
sind, liegt es nahe, für die übrigen Exemplare dasselbe
zu vermuthen. Hier und da ist auch eine von ihnen
näher charakterisiert. Die Muse des Flötenspiels Eu-
terpe findet sich 208 neben Marsyas, 207 seltsamer
Weise neben Apollo (vgl. 209), die Muse der Tragödie
Melpomene auf 202. 207. 208, die der Komödie
Thalia auf 203 zu unserer Ueberraschung an vornehm-
ster Stelle, ausserdem am Deckel von 208, die Muse der
Kitharodik Terpsichore nur auf 208, die Muse mit der
Buchrolle Polyhymnia 205 (vgl. 20g), Urania 203 und
205, die Muse des Liebeslieds Erato nur am Deckel
von 208.

Wenn so die eigentlichen Richterinnen beinah zu Com-
parsen herabgedrückt erscheinen, so nehmen dafür den
breiten Raum im Vordergrund die olympischen Götter ein,
die als die Parteien des Marsyas und des Apollo gedacht
sind, auf der Seite des einen Minerva, die Göttermutter
und Bacchus, auf der des andern Latona, Diana und
Mercur. Ein Dichter würde gewiss niemals vergessen
haben, dass Minerva die von ihr erfundenen Flöten mit
Verachtung weggeworfen hat, der römische Künstler lässt
sie an dem Schicksal des neuen Instruments trotz Allem
noch weiteren Anteil nehmen. In verhältnissmässig dis-
creter Weise geschieht das auf den Sarkophagen der
zweiten und vierten Classe ig8. 20g und vielleicht auch
einmal auf dem zur dritten Classe gehörigen Exemplar
205, wo sie mehr als kritische Zuschauerin erscheint;
sonst aber nimmt sie auf den Sarkophagen der dritten
Classe entschieden für Marsyas Partei; denn die Meinung,
dass sie ihn von dem Wettkampf zurückhalten wolle,
beruht auf Verkennung der Ergänzungen von 203. Meist
ist sie so dargestellt, dass sie mit dem linken Fuss hoch-
auftretend beide Hände auf die Lanze stützt und den
Kopf zu der Göttermutter zurückwendet, 203. 207. 208;
auf 201 blickt sie auf Marsyas. Auf letzterem Exemplar,

wo die Scene am Wasser fehlt, ist aus dieser wenigstens
der Flussgott mit herübergenommen; ebenso auf 203 die
Ouellnymphe, die dort als interessirte Zuschauerin bei allen
drei Scenen erscheint. Begründeter ist die Assistenz der
grossen Göttermutter und des Bacchus, da in ihren
Culten das Flötenspiel eine hervorragende Rolle spielt;
daher auch auf ig6 Rhea bei Minerva's Probespiel zugegen
ist (S. 242). Sie ist fast stets in demselben Typus dar-
gestellt, mit dem Tympanum in der Linken, das auch auf
203 nicht gefehlt haben wird, und mit den Löwen zu ihrer
Seite. Zweimal ist sie von Attis begleitet 205. 207. Hin-
gegen sind für die Darstellung des Bacchus verschiedene
statuarische Typen benutzt. Auf 201 und 203 erscheint er
in Begleitung eines jungen Satyrs und des Silen, auf 207
und 20g nur mit dem Satyr, auf 208 allein. Ueber 202
und 205 lässt sich nicht mit Sicherheit urtheilen, doch
scheint die Begleitung auch dort nicht gefehlt zu haben.
Den rechten Arm legt er bald über das Haupt 203. 207.
208, bald um den Hals des Satyrs 201. 20g.

Als Gegenstück zu der stets wiederkehrenden Gruppe
dieser drei Gottheiten war zunächst nur Mercur als Er-
finder der Leier gegeben. Da er als Gegengewicht nicht
ausreichte, fügte man die beiden nächsten Angehörigen
des Apollo, Latona und Diana, hinzu. So constant wie
jene erste, erscheint indessen diese zweite Göttergruppe
nicht. Auf 208 sitzt Latona allein unter den Musen;
auf dem zur vierten Classe gehörigen Exemplar 20g,
das allerdings den Typus stark verkürzt zeigt, fehlen
Latona und Mercur wie übrigens auch die Göttermutter.
Mercur tritt meistens mit dem einen Fuss auf eine Er-
höhung 202. 203. 205. 207. Die lange verkannte Latona
ist bald als mehr oder minder aufmerksame Zuhörerin 203.
205. 207, bald im Gespräch mit den Musen dargestellt 201.
208. Auf 203. 207. 208 trägt sie ein Diadem, auf dem
auch sonst an Absonderlichkeiten reichen Exemplar 207
ausserdem noch ein Scepter und in der Rechten einen klei-
nen Apfel. Sehr wechselnd ist die Bildung der Diana; als
Jägerin erscheint sie auf 205. 207, in ähnlicher Tracht aber
mit phrygischer Mütze und ohne Jagdgeräth auf 201; mit
einer grossen Fackel auf 203. 204. Zweimal 202. 203 ist
auch der scythische Scherge schon bei dem Wettkampf
zugegen Auf 207 scheint ihm auch Olympus beizu-
wohnen, natürlich unter den Parteigenossen seines Lehrers.
Der zur vierten Classe gehörige Sarkophag 20g zeigt die
Wettkampf-Scene in demselben Typus, jedoch verkürzt,
daher er auch schon bei der Besprechung der einzelnen
Götterfiguren mit berücksichtigt worden ist. Bei der
fünften Classe, den Schmalseiten 210. 211a, ist die Dar-
stellung auf Marsyas und Apollo beschränkt.

Welch grosser Beliebtheit sich der eben besprochene
Typus in der Kaiserzeit erfreute, zeigt sein gleichzeitiges
Vorkommen auf Monumenten anderer Classen z. B. der

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