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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0090
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244

MARSYAS

Thonflasche in St. Germain bei Fröhner Les Musees de
France pl. 3, dem Urnen-Deckel bei Stephani Antiken-
sammlung zu Pawlowsk Taf. I, 2 und der Silberschale von
Bizerta Monuments Piot II pl. 8 p. 86.

Die dritte Scene, der Urteilsspruch der Musen,
findet sich nur in der Mitte von 200, die vierte, die
Bitte des Olympus, als besonderer Act nur an der
linken Ecke von 201 und auf 209'. An der rechten Ecke
von 200 ist sie mit der Bestrafung des Marsyas combinirt;
diese Verbindung beider Vorgänge scheint das Ursprüng-
liche zu sein, denn sie kehrt auch sonst öfters wieder z. B.
auf einem Friesbild aus Herculaneum (Helbig Campanische
Wandgemälde Nr. 231b, Overbeck Griechische Kunstmytho-
logie Taf. XXV 19), an der im Pighianus erhaltenen Grab-
Decke (Berichte der Sächsischen Gesellschaft der Wissen-
schaften XXI 1869 Taf. 3, 2) und auf dem Mosaik von der
Via Cassia (Brizio Bulettino deW Instituto 1873 p,X2$ss.\
Overbeck a.a.O. III S. 454 Nr. 13), die alle auf dasselbe,
wahrscheinlich malerische Vorbild zurückzugehen scheinen
wie die Sarkophag-Darstellungen. Dass auf diesen einmal
Bacchus, ein anderes mal drei Musen die Bitten des Olym-
pus unterstützen, ist hingegen sicher ein Einfall der Sarko-
phagarbeiter.

Die letzte Scene die Bestrafung des Marsyas liegt
wieder in einem doppelten Typus vor. Bei der ersten
Classe ig6. 197 sind seine Hände an den Baum ge-
bunden, während er mit gespreizten Beinen fest auf dem
Erdboden dasteht (vgl. den Apulischen Krater bei Gerhard
Antike Bildwerke Taf. 27, Overbeck Kunstmythologie
Taf. XXIV 23). Sein scythischer Henker zieht eben erst sein
Messer aus der Scheide, während Apollo in ruhiger Majestät
dem Vorgang zuschaut. Diese Composition geht wahr-
scheinlich auf ein malerisches Vorbild zurück. Hingegen
liegt dem zweiten Typus, der sich bei der zweiten, dritten
und fünften Classe findet (198—201. 203. 205 — 208. 211.
212. 214. 215) die bekannte statuarische Gruppe zu Grunde,
über die zuletzt Overbeck Griechische Kunstmythologie III
S. 478 ff. und Amelung Führer durch die Antiken von
Florenz S 63 gehandelt haben. Wenn auf den provin-
cialen Exemplaren 214. 215 der Verurtheilte, wie bei der

ersten Classe, nicht hängt, sondern steht, so ist doch auch
dort die Aehnlichkeit mit den Marsyasstatuen im übrigen
so gröss, dass dies Zusammentreffen für ein rein zufälliges
zu gelten hat. Der Schleifer fehlt nie und kniet, abgesehen
von 207, links vor dem Baum; zuweilen dreht er dem Mar-
syas den Rücken, wendet aber dann das Gesicht nach ihm
um 203. 214. 215. Während sich nun auf 201 und 211 die
Darstellung auf diese beide Figuren beschränkt, ist auf den
meisten übrigen Sarkophagen noch ein zweiter Scherge
zugegen, der im Begriff ist den Marsyas an dem Baum in
die Höhe zu ziehen. Auf 198 — 200 befindet er sich links,
auf 203. 205. 207. 212 rechts von dem Baum. Apollo
wohnt auf 200. 214. 215, Mercur auf 212, der weinende
Olympus auf 208 der Bestrafung bei. Localgötter sind
auf 202. 203. 207 hinzugefügt.

Die Schmalseiten tragen bei 196 Medusenköpfe, bei
209 hockende Greife; die von 198 zeigen Apollo vor und
nach dem Wettkampf; originell ist die rechte Schmalseite
von 201, Apollo im Gespräch mit der Muse der Flöte,
während auf der linken ein lesender Mann erscheint. Der
Deckel ist nur von einem einzigem Exemplar 208 er-
halten. Er enthält die beiden auf der Vorderseite des
Kastens ausgelassenen Musen und die beiden Letoiden,
alle vier um den Verstorbenen trauernd, dessen Porträt-
büste das Centrum einnimmt.

Sämmtliche Exemplare sind römisch; auf griechischen
Sarkophagen hat sich der Mythus bis jetzt noch nicht ge-
funden. Was die zu Grunde liegende Sagenversion be-
tiifft, so enthalten die Darstellungen, abgesehen vielleicht
von dem Richteramt der Musen, keinen Zug, der auf eine
bestimmte litterarische Quelle hindeutet. Vielmehr beruhen
sie lediglich auf der seit dem vierten Jahrhundert allgemein
bekannten Sagenform und sind nur zum Theil von älteren,
bildlichen Vorlagen abhängig. Dass noch andere olym-
pische Götter in Parteien getheilt Zeugen des Wettkampfes
sind, ist ganz gewiss ein in römischen Kunstkreisen auf-
gekommenes Motiv. Zusammenstellungen der Marsyas-
Sarkophage haben Michaelis Annali dell1 Instituto XXX
1858 p. 325.m. und Overbeck Griechische Kunstmythologie
III 1889 S. 455 gegeben.

Tafel LXIIL

1) ERSTE CLASSE.

GUIRLANDEN- SARKOPHAGE.

ig6) S. Rom, Pal. Barberini. Fig. 196. Fig. 196a.

L. 2,66. H. 0,65. T. (soweit erhalten) 0,36. Rh. 0,03. Nach
Photographie.

Dieser Sarkophag war bereits RAFFAEL bekannt, der den Amor

an der linken Ecke als Vorbild für seinen berühmten Putto in der
Accademia di San Luca benutzte1). Nach der Aufschrift der älteren

T) Robert Göttingische gelehrte Anzeigen CLXII 1901 S. 723 f.,
wo „Meleager-Sarkophag" Schreibfehler für „Marsyas-Sarkophag" ist.
 
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