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Um 1400 soll das Sakramentshaus der Pfarrkirche in Lorch
entstanden sein. Es zeigt — früh — schon den Hängefries unter
dem Schrein ^), den wir noch als typisch mainisch erkennen wer-
den. Das Lorcher leitet über zu dem Sakramentshaus in Wimpfen
am Berg *4). Hatte jenes noch gerade Wimperge über den Seiten, so
sind sie in Wimpfen bereits vorhangbogenförmig. Auch lädt der
Schrein über einem Unterbau, der am Fuß die einfachsten Formen
der Stabwerkdurchdringung zeigt, weiter aus. Gegliederte Pfeiler
bilden die Kanten, und der Oberbau hat die raumschließenden
Wände verloren: Fialen im Hinter- und Übereinander, durch Strebe-
stege der großen Mittelsäule verbunden, sind an die Stelle getreten.
Nach einer Urkunde soll 1451 Hans von Mingolsheim aus Heil-
bronn das Tabernakel gefertigt haben ^).
Die Werke der siebziger Jahre.
Die Stufe der siebziger Jahre verkörpern die Tabernakel in
Limburg an der LahtüQ, Heidingsfeld bei Würzburg ^), Münster-
maifeld und Münstereifel^). An diesen vier verhältnismäßig ein-
fachen Beispielen seien die Kennzeichen der mainischen Taberna-
kelgruppe überhaupt aufgezählt.
Der Fuß besteht aus einer Stütze, die zwar gegliedert sein kann,
aber keine sekundären Tabernakel trägt. Der Übergang vom Fuß
zum Schrein wird verdeckt durch eine von seiner Sohlplatte wie her-
abhängend gebildete Reihe von Pfosten oder eine Maßwerkblende,
die nach unten nicht in ein festes Querband mündet, sondern zipflig
wirken kann. Beim Limburger, Münstermaifelder, Heidingsfelder
Sakramentshaus durchstoßen die Schreinkanten gewissermaßen die
Bodenplatte und setzen sich unterhalb ihrer fort. Die Freude der
Spätgotik an Stümpfen — hier freilich noch verkleidet in konsol-
artigen Laubwerkendigungen — drückt sich in dieser Formung, die
den Übergang eines Teils in den anderen verbergen soll, aus, dane-
ben der Drang, die Absätze der Teile gegeneinander zu verschleifen.
Oberhalb des Schreins bleibt der Bogenkranz am liebsten in dessen
Flucht, eine Formabsicht, die auch bei den westfälischen Taberna-
keln zum Ausdruck kam, im Maingebiet zu den eigentümlichsten
Einfällen Veranlassung gab. In der hier besprochenen Gruppe frei-
lich behalf man sich: ließ die Bogen des Kranzes nur in Ebenen

12) Inv. Wiesbaden, Rheingau. Abb. 76a und die vorhergehende Seite.
13) Allerdings ist nicht mit Sicherheit zu sagen, daß der Fries nicht dem
19. Jahrhundert angehören könnte, ebenso wie der auf der Abbildung sicht?
bare linke Giebel nicht um 1400 entstanden sein kann.
14) Inv. Großherzogtum Hessen VI. S. 28.
15) Inv. Oberhessen, Kreis Starkenburg. S. 27 f.
16) Statz und Ungewitter, gotisches Musterbuch, Taf. 124.
17) Inv. U. F. B. A. Würzburg. S. 47.
18) Abb. Statz und Ungewitter, a.a.O. Taf. 138. Allerdings soll sich
heute dort ein anderes befinden. (Nach Inv. Koblenz. S. 44).
19) Vgl. Niemeyer, a.a.O.

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