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Badische Kunst: Jahrbuch d. Vereinigung Heimatliche Kunstpflege, Karlsruhe — 3.1905

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Wolff, Karl: Drei Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.52694#0059
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KARL WOLLF DREI GEDICHTE

53

MEINER FRAU
Die Zeit ist ernst. Das hoffnungsvolle Träumen
mit seinem Glanz verklärt die Welt nicht mehr.
Mein Ziel entwich und strahlt aus fernen Räumen,
bald wie ein Stern, bald wie ein Irrlicht her.
Und tausend Stimmen, die mir schmeichelnd klangen,
sind längst verstummt und ließen mich voll Bangen.
Auch du bist stiller. Bunte Träume hüllten
auch deine Seele einst in Schleier ein.
Du glaubtest fest, daß alle sich erfüllten,
weil du geboren wurdest, froh zu sein.
Nun fühlst auch du vom Leben dich gebunden
und schaust voll Unmut ins Gewirr der Stunden.
Doch schaust du recht, so war es ein Erwachen
für dich und mich. Wir schreiten doch empor
und aus dem Ernst bricht oft ein gold’nes Lachen,
so übermütig hell, wie nie zuvor.
Und jeder Fuß breit, den wir jetzt erstreiten,
wiegt mir das Traumland auf aus alten Zeiten.
Der Sturm des Lebens soll uns nicht verwirren,
was er uns rauben kann, war nur ein Wahn,
nach allem Zweifel und nach langem Irren
wird doch der Weg zur Klarheit aufgetan.
Wir suchen ihn durch Höll’- und Himmelsflammen
und hier und dort sind du und ich beisammen!
 
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