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Badische Kunst: Jahrbuch d. Vereinigung Heimatliche Kunstpflege, Karlsruhe — 3.1905

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Grohé, Oskar: Hugo Wolfs Mannheimer Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.52694#0093
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200 Mark kam ihm abhanden. Trotz eifrigster Nachforschungen wollte sich der Mammon,
der überhaupt nur schwer und selten sich zu Wolf gesellte, nicht mehr finden lassen. Das
Angebot eines Freundes, ihm den Verlust zu ersetzen, wies er stolz zurück, obwohl es ihm,
wie in der Folge oft, am Nötigsten mangelte. Gastlich hatten sich ihm damals zahlreiche
Häuser Mannheims geöffnet, so insbesondere dasjenige des Fräuleins Reiß und des Intendanten
Bassermann. In großer Geselligkeit fühlte sich Wolf häufig beengt und bedrückt und wurde
schweigsam, aber im kleinen, vertrauten Kreise konnte er ein liebenswürdiger Tischgenosse
sein. Einladungen zu größeren Veranstaltungen vergaß er mitunter gänzlich. Als ich ihn ein-
mal zu einer ihm zu Ehren veranstalteten Soiree, in welcher seine Lieder gesungen werden
sollten, abholen wollte, fand ich ihn in Hemdsärmeln über die Partitur der von ihm besonders
geliebten Oper Carmen gebeugt und ich mußte meine ganze Beredsamkeit aufbieten, um ihn
zum Mitgehen zu bewegen.
Noch möchte ich schließlich seiner enthusiastischen Ergriffenheit gedenken, als er in vortreff-
licher Aufführung die Meistersinger gehört hatte. Die Mannheimer Intendanz hatte dieselbe
derjenigen des Corregidors in sinniger Weise voraufgehen lassen. Wolf dankte den Künstlern
am Schlüsse mit Thränen in den Augen für ihre Leistungen.
Am io. Juni 1896 hat er Mannheim für immer verlassen. Die städtische Verwaltung ehrte sein
Andenken durch die Bezeichnung einer Straße als Hugo-Wolfstraße.
Der große Künstler und verehrungswürdige Mensch ist nach schwerem Leidensgang von uns
geschieden! „Auch das Schöne muß sterben“ klagt der Dichter, aber er schließt seine Nänie
mit dem Trostworte ab: „ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich“.


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