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Badt, Kurt
Andrea Solario: sein Leben und seine Werke ; ein Beitrag zur Kunstgeschichte der Lombardei — Leipzig, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31844#0036
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den höchsten Problemen bewegt zu sein, vorwärts schreiten, kein so
bedeutender Unterschied von Werk zu Werk feststellen, als daß es mög-
lich wäre, dieselben hintereinander auf bestimmte Jahre festzulegen.

Erstes Kapitel: Die datierten Gemälde.

Die Reihe der datierten Werke Solarios umfaßt den Zeitraum von
1495 bis 1515. Und zwar verteilen sich die acht mit Jahreszahlen ver-
sehenen Gemälde so über diese Zeit, daß sie in Intervallen von etwa
fünf Jahren den Stand seiner künstlerischen Entwicklung erkennen
lassen. Dabei ist die mittlere Periode von 1505 bis 1507 durch mehrere
Exemplare bestimmt, während für das Jahr 1510 ein datiertes Bild fehlt.

An erster Stelle steht die Madonna mit dem Kinde und den
Heiligen Joseph und Hieronymus der Brera in Mailand. Das Bild
trägtin der linken unteren Ecke in lateinischer Kapitale dreizeilig die Be-
zeichnung ANDREAS MEDIOLANESIS 1495 F. Die Madonna sitzt auf
einer Steinbrüstung, ein Tuch über den Kopf gezogen, und hält in ihrem
rechten Arm das Kind, dessen Füße auf ihrer Linken ruhen. Sie blickt
auf den Knaben herab, der ruhig in ihren Arm gelehnt, mit seinen
prallen Händchen die Rechte der Mutter hält, während seine hellblauen
Augen zum heiligen Hieronymus aufsehen, der rechts hinter der Brüstung
stehend, die Hände anbetend über der Brust gekreuzt hat. Sein knochi-
ges, bärtiges Gesicht mit dem hohen, kahlen Schädel ist von einer Kappe
bedeckt, die ein weißer Pelzstreifen abschließt, sein Körper in das reich
mit Edelsteinen bestickte Pluviale gehüllt. Ihm gegenüber, links von
der Madonna, ebenfalls hinter der Brüstung steht Joseph im Mantel
auf seinen Kreuzstab gelehnt, und blickt mit stillem Wohlgefallen zu
dem Kinde herab. Hinter diesen zu dreivierteln sichtbaren Figuren
dehnt sich eine weite, bergumschlossene Landschaft. Wiesen und Hügel
umfassen einen kleinen See, in dessen Blau sich die Büsche des Ufers
spiegeln. Dann verliert sich die Ferne, mehr und mehr verschwimmend,
im Ausblick auf die Türme einer Stadt. Von beiden Seiten schieben sich
schwere, hochgebaute Felskulissen davor; rechts, wo neben dem Kopf
des Hieronymus die Hütte mit Ochs und Esel sichtbar wird, eine Stein-
wand mit Laub bedeckt, links eine mit einzelnen Bäumen bestandene,
ein Tor bildende Felspartie. Der Himmel, der die Konturen des Gebirges
mit fast weißen Tönen umfaßt, zeigt am oberen Bildrande ein dunkleres
 
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