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hat: nun weiß ich wohl, was man thun muß, wenn
man nicht in seinen besten Jahren an der Wassersucht
sterben will. Seht, Kinder, es ist mit dem Men-
schen, als wie mit einem Obstbaume. Dieser zieht
seine Nahrungssäfte durch die Wurzeln aus der Erde.
Finden die Wurzeln nicht genug Säfte, die ihm zur
Nahrung taugen: so vertrocknet er. Pflanzt ihr ihn
aber in eine Mistgrube, so wird er sich überwachsen,
wird lauter Blatter, statt der Früchte bringen, und
über lang oder kurz gar verderben. Bey dem Men-
schen dient der Magen statt der Wurzeln. Die Spei-
sen und Getränke, die man hinein schluckt, sind aber
noch kein Nahrungssaft, der in die Glieder ausflief-
sen und sie nähren und stärken kann: sondern sie sind
gleichsam erst die Erde, aus welcher der Nahrungssaft
ausgezogen wird. Dieses Ausziehen geschieht aber
durch einen gewissen Saft, welcher der Magensaft
heißt und aus der Galle kommt. Von diesem Saft
ist bey einem gesunden Menschen immer nicht mehr
und nicht weniger im Magen, als so viel, daß er eben
genug nahrhafte Theile aus den Speisen und Geträn-
ken absondern kann. So hat es der weise Schöpfer
eingerichtet. Wenn nun ein zu großer Klumpen Bro-
cken Speise auf eine Mahlzeit in den Magen kommt:
so kann sie der Magensaft nicht überwältigen. Schüttet
man aber den Magen voll Getränk: so wird der Ma-
gensaft dadurch zu dünne und verliert feine Scharfe.
Beydes ist dann Ursache, daß die nahrhaften Theile
nicht recht ausgezogen werden können, und daß die
Speise und das Getränk zwar den Hunger und Durst
stillet: aber den Leib und die Glieder nicht dabey nährt
und stärket. Im Gegentheil kommen faulichte oder
zu scharfe, oder zu dicke Säfte ins Geblüt : daher
denn die meisten Krankheiten kommen; und man kann
gewiß rechnen, daß eher hundert Menschen von unmäs-
 
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