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Ostaufgaben der Wissenschaft
an der Reichsuniversität Posen

Von Prof. Dr. P. Carstens, Rektor der Reichsuniversität Posen

Der Auftrag des Führers, unmittelbar nach
Beendigung des Polenfeldzuges mit dem Auf-
bau einer neuen Reichsuniversität in Posen zu
beginnen, weist schon darauf hin, welche Be-
deutung die Staatsführung der Wissenschaft
in den zurückgewonnenen Gebieten beimißt.
Manche Schwierigkeiten, welche die totale
Kriegführung nach sich zieht, mußte über-
wunden werden. Dennoch konnten von den
mit dem Aufbau Beauftragten die vorhandenen
Arbeiten so weit gefördert werden, daß am
27. April 1941 in einem festlichen Staatsakt die
Eröffnung der Reichsuniversität Posen voll-
zogen werden konnte. Damit stehen wir am
Anfang einer neuen Entwicklung des geistigen
und kulturellen Lebens hier im Osten.

Wir, die wir als erste das Glück haben, als
Forscher und Lehrer an dieser neuen Univer-
sität des Reiches wirken zu dürfen, müssen die
Marschrichtung und die Ziele angeben. Der
Zukunft bleibt es vorbehalten, zu richten und
zu werten, ob wir den richtigen Weg in der
Wissenschaftsarbeit gegangen sind und damit
diese neue hohe Schule das erfüllt, was ihr bei
der Gründung von dem Herrn Reichsminister
für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
mit auf den Weg gegeben wurde: „Nicht eine
Stätte weltabgeschlossener und lebensfremder
Geistigkeit öffnet hier ihre Pforten, sondern
eine wahrhafte Burg deutschen Gei-
stes, auf der keine andere Fahne als Zeichen
ihres Geistes wehen soll, als über all den an-
deren Stätten deutschen Aufbaues in diesem
Land."

Lehren der Vergangenheit

Die neue Reichsuniversität Posen ist hinein-
gestellt in einen Raum, der schon in den Jahr-
zehnten vor dem Weltkrieg geistig verloren-
ging, weil eine kompromißfreudige und ideen-
arme Staatsführung nicht in der Lage war, jene
geistigen und kulturellen Kräfte zu mobilisie-
ren, die wesentlich mit dazu hätten beitragen
können, dieses alte deutsche Land auch wirk-
lich dem Deutschtum zu erhalten. Man begriff
nicht die Notwendigkeit, für das in diesem
Raum lebende bodenständige Volkstum jene un-
erläßlichen Geistes- und Kulturzentren zu
schaffen, die für den aktiven Volkstumskampf
und für eine lebendige Volkstumsarbeit nun
einmal die dringendsten Voraussetzungen sind.
Die Förderung und Weckung dieser im eigen-
ständigen Volkstum schlummernden Kräfte und
Werte an in diesem Lande verankerten Bil-
dungsstätten wäre für die Erhaltung und Meh-
rung des Deutschtums hier im Osten dring-
licher gewesen als die Darbietung kultureller
Liebesgaben, die man dem Osten durch Ver-
treter der Mitte und des Westens von Zeit zu
Zeit schuldig zu sein glaubte. Es ist daher auch
nicht verwunderlich, daß die im Jahre 1903 ge-
gründete Akademie hier in Posen — trotz aller
guten Ansätze — den weitgespannten Rahmen
einer Grenzlandhochschule nicht voll ausfül-
len konnte. Der Wunsch vieler Stellen, schon
damals eine Universität zu schaffen, wurde
nicht erfüllt, weil man nicht den Mut hatte,
mit ganzen Dingen den hier vorliegenden
schwierigen Verhältnissen entgegenzutreten.

So kam es denn auch, daß durch diese Ver-
kennung und Mißachtung der Gesetze, die noch
zu allen Zeiten für die Erhaltung und Sicherung
des Bodens als Grundlage des völkischen Ge-
meinschaftslebens ausschlaggebend sind, das
Deutschtum des Ostens schwere Opfer bringen
mußte. Die Ergebnisse und Lehren der Ver-
gangenheit werden und müssen daher beim
Neuaufbau im Osten auch auf dem kulturellen
und geistigen Gebiet wegweisend für die Zu-
kunft sein. In diesem neuen und doch so alten
deutschen Lebensraum wird deshalb die Uni-
versität nur dann ihre Aufgaben wirklich erfül-
len, wenn Forschung und Lehre in
engste Beziehung gebracht werden zu
all den völkischen und politischen
Problemen, die in diesem Grenzland ge-
radezu zwingend Stellungnahme und Antwort
von der Wissenschaft verlangen.

Hier in diesem Raum, wo altes einheimisches
und im Kampf bewährtes Volkstum wieder zu-
sammengeführt wird mit den vielen deutschen
Menschen, die jahrhundertelang tapfer und stark
auf den Vorpostenstellungen des Deutschtums
im Osten ausgehalten haben, gibt es auf allen
Gebieten des Lebens eine Fülle von Aufgaben,
die der Lösung harren. Der Universität erwach-
sen daher ihre wissenschaftlichen Aufgaben
aus der Umgebung, in die sie hineingestellt ist.
Um nun die Ostaufgaben dieser neuen Univer-
sität und damit der Wissenschaft voll und ganz
ermessen zu können, ist es notwendig, kurz
den Stand der bisherigen Aufbauarbeit nach
Beendigung des Feldzuges der 18 Tage aufzu-
zeigen.

Im Rahmen des Umbruchs im Osten nimmt
besonders die Wiederbesiedlung dieses alten
deutschen Lebensraumes mit den Rückwan-
derern aus Wolhynien, Galizien, Bessara-
bien, aus dem Buchenland und dem Baltikum
und anderen Gebieten einen besonderen Platz
ein. Aus diesem Kernproblem der Gegenwart,
der Wiederbesiedlung und damit Eindeutschung
dieses Raumes erwächst aber auch unserer Uni-
versität eine wahre Fülle von Aufgaben. Es ist
daher durchaus angebracht, das große Umsied-
lungsgeschehen in den Mittelpunkt dieser ge-
danklichen Betrachtung zu stellen, weil an ihm
wohl am besten die der Universität daraus er-
wachsenden Aufgaben sich charakterisieren
lassen.

Hier wird die Wissenschaft durch ihre Lei-
stungen den Nachweis erbringen können, wie
sehr sie gewillt ist, an diesen gegenwartsnahen
und entscheidenden Fragen mitzuarbeiten. Aufs
engste verbunden mit dem unmittelbaren Ab-
lauf des pulsierenden Lebens eines heimgekehr-
ten Volkes wird die Universität zur Mitgestal-
terin all jener Lebensgrundlagen, welche die
aus fremdem Land heimgekehrten Söhne und
Töchter nunmehr mit dem hier ansässigen
Volkstum und den Volksgenossen des Altreichs
fest und unverrückbar für alle Zukunft ver-
binden werden. Dieses Beispiel läßt aber auch
erkennen, daß hier an dieser neuen Universi-
tät des Ostens die starren Fakultätsgrenzen
schneller überwunden werden müssen und auch
können, weil die zu lösenden Aufgaben nicht
an den einzelnen Fakultätsgrenzen haltmachen,
sondern geradezu zwingend die engste Zu-
sammenarbeit aller Fakultäten er-
fordern. Wohl werden wir auch hier an dieser
neugegründeten Universität noch auf Jahre hin-
aus mit den Bindungen und Hemmungen in
manch äußeren Dingen des Hochschullebens
rechnen müssen, die sich aus dieser Aufspal-
tung der „Universitas" in die verschiedenen
Fakultäten ergeben. Wir sehen jedoch in ihnen
mehr ein formales als ein unsere Wissenschaft
zutiefst berührendes Problem.

Selbstverständlich hat jede Fakultät im Rah-
men dieses gesamten Prozesses ihre speziellen
Untersuchungen durchzuführen, jedoch nicht
unabhängig und losgelöst voneinander, sondern
in engster Tuchfühlung.

In diesem Grenzland, in dem der völkisch-
politische Ordnungsprozeß bis in die letzten
Phasen des Gemeinschaftslebens eingreift,
kann die Wissenschaft niemals die Dinge be-
schaulich abwartend an sich herankommen
lassen, sondern sie ist verpflichtet, selbst mit
zu klären und zu gestalten. Es wäre geradezu
eine Fehlgründung, wollte sich die Univer-
sität mit all ihren geistigen Kräften heraus-
halten aus den Auseinandersetzungen, die nun
einmal besonders kraß in den Grenzlanden
auftauchen.

Ganz besonders deutlich tritt uns diese neue
Auffassung von dem Wesen einer Grenzland-
universität auch in dem Aufbau der Fakultäten
unserer Reichsuniversität entgegen. Fast alle
Fachgebiete tragen hier den Stempel des Po-
litischen und der auf den Raum abgestellten
Aufgabe. Es ist dabei vollkommen gleichgültig,

Am 27. April 1941 wurde von Reichsmlhlster Rust die Reichsuniversität Posen eröffnet

Aufnahme: ,,VB."-Archiv.

ob wir die Philosophische, die Naturwissen-
schaftliche, die Landwirtschaftliche, die Medi-
zinische oder auch die Rechts-, Staats- und
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät etwas
näher untersuchen. Allen Fakultäten
fällt in diesem Lebensraum eine
Fülle von Aufgaben zu, die nur
durch gemeinsame wissenschaft-
liche Zielsetzung gelöst werden
können.

Ja, man hat häufig das Gefühl, daß infolge
der vielen aktuellen und brennenden Tages-
fragen die Grundlagenforschung etwas in den
Hintergrund treten könnte. Ohne die Grund-
lagenforschung zu vernachlässigen, glaube ich
jedoch, daß im gegenwärtigen Stadium der
Entwicklung und des Umbruchs es sich eine
neue Universität nicht nur leisten kann, son-
dern geradezu diesen Weg gehen muß und das
Schwergewicht ihrer wissenschaftlichen Arbeit
auf jene Gebiete lenken sollte, die mit den
Problemen und mit den Sorgen und Nötei"
dieses Lebensraumes aufs engste verknüpf
sind.

Wissenschaftlicher Mittelpunkt der Osisiedlung

Nur einige Beispiele möchte ich hier an-
führen: Die zentrale Aufgabe des Ostens, die
Ostsiedlung, wird in einem großen Institut
der Reichsstiftung Ost ihren wissen-
schaftlichen Mittelpunkt finden. Denn damit,
daß die Höfe, Geschäfte, Fabriken und sonsti-
gen Arbeitsplätze mit deutschen Menschen be-
setzt werden, ist keinesfalls die Aufgabe dieses
Raumes gelöst. Es ist nur der Anfang einer
mühsamen Arbeit, die auf den verschiedenen
Sektoren der Wissenschaft noch geleistet wer-
den muß, wenn diese große Völkerbewegung
und Bereinigung völkischer Mischzonen ein-
mal vor der Geschichte bestehen und den da-
von Betroffenen und ihren Völkern zu Glück
und Segen gereichen sollen.

Und auch die Schaffung eines Instituts
für Polenforschung im Rahmen dieser
Stiftung wird notwendig sein, das sich ein-
gehend mit der Geschichte des Polentums, mit
dem polnischen Volkstum, mit seinen Charak-
tereigenschaften, mit der Rassenkunde und
auch mit den bevölkerungspolitischen Grund-
lagen des Polentums befassen wird, um zu
wirklich klaren Ergebnissen und eindeutigen
Schlußfolgerungen in dieser für den Ostraum
so entscheidenden Frage zu gelangen. Diese
Forschungsergebnisse geben dann aber auch
gleichzeitig die Grundlage ab für die volks-
politische Arbeit innerhalb dieses Raumes.

Besonders auch auf dem bäuerlichen Sektor
begegnen wir einer Fülle von Aufgaben. Hier

im Osten wird die Umwandlung der heute
noch vorherrschenden Großgrundbesitzstruktur
in ein ausgesprochenes Bauernland eine Fülle
von Fragen aufrollen, welche die Landwirt-
schaftliche Fakultät niemals allein wird lösen
können.. Bei den Untersuchungen über die Än-
derung der Betriebsgrößenstruktur, wie sie in
den Richtlinien des Reichsführers ff als Reichs-
kommissar für die Festigung deutschen Volks-
tums geplant sind, wird die Wissenschaft in ihren
verschiedenen Zweigen der Landbauforschung
das Unterlagenmaterial sammeln und auswer-
ten müssen. Die gesamte Neuordnung der Be-
sitzverhältnisse des Ostens fordert eine be-
vorzugte Behandlung des Bauern- und Boden-
rechts innerhalb der Rechts-, Staats- und Wirt-
schaftswissenschaftlichen Fakultät, und die be-
sonderen Verhältnisse des Ostens geben dem
Handels-, Arbeits- und Wirtschaftsrechtler
große wissenschaftliche Arbeitsmöglichkeiten
von unmittelbarer praktischer Bedeutuag.

Zur Steigerung der Leistungen wird der prak-
tische Pflanzenbau und die zweckgebundene
Pflanzenzüchtung in starkem Maße mit der
Pflanzengeographie zusammenarbeiten müssen.
Aber auch die Tierzucht und Tierphysiologie
sowie Tierernährung, die angewandte Zoologie
und all die anderen landwirtschaftlichen Fach-
gebiete werden aufs engste mit den entspre-
chenden Fächern Erfahrungen austauschen
müssen, um sich immer wieder gegenseitig an-
zuregen und zu neuen wissenschaftlichen und

praktisch auswertbaren Erkenntnissen durch-
zustoßen.

Mehr und mehr werden wir uns lösen müs-
sen von den Vorstellungen vergangener, libe-
raler Siedlungsperioden, in denen die Wirt-
schaft, die Organisation und das Geld die aus-
schlaggebenden Faktoren waren.

Im Rahmen dieser Untersuchungen wird es
deshalb Aufgabe der Medizin, der Biologie, der
Rassenkunde und der Rassenhygiene sein, jenes
Grundlagenmaterial zu erarbeiten, das erken-
nen läßt, welche große Bedeutung der biologi-
schen Kraft eines gesunden Bauerntums beizu-
messen ist.

Und selbst der Philosophischen Fakultät, die
an unserer Universität wohl besser den Namen
volks- und geisteswissenschaftliche Fakultät
tragen würde, erwächst hier eine Fülle von
Aufgaben. Die starke Betonung volkswissen-
schaftlicher Fächer, wie Volkskunde, .Volks-
lehre einschließlich Grenz- und Volksdeutsch-
tum, ferner Rassenpolitik, Agrar- und Sied-
lungsgeschichte, Bauern- und Wirtschafts-
geschichte und politische Auslandskunde wird
dazu führen, daß die Kritik, die in den letzten
Jahrzehnten diese etwas umstrittene Wissens-
disziplin erfahren hat, nunmehr nach der neuen
Form- und Inhaltsgebung sehr bald verstummt.

Es würde zu weit führen, hier im einzelnen
noch näher auf diese Fragen einzugehen. Stets
werden wir erkennen, daß es letztlich das ge-
samte Leben unseres Volkes ist, das sich im-
mer wieder fordernd und immer wieder fra-
gend in den Arbeits- und Aufgabenkreis un-
serer Universität einschiebt. Professoren, Assi-
stenten und Studenten, die innerlich nicht von
diesem ungeheuren Rhythmus erfaßt werden
und die Probleme nur in strenger und nüch-
terner Objektivität behandelt sehen wollen,
werden hier an dieser Universität des Ostens
in Zukunft wohl kaum einen geeigneten Platz
ihres Wirkens finden. Aufgeschlossene
politische Aktivisten benötigen
wir hier an dieser Ost ■ Universi-
tät, an der in kameradschaftlicher Zusam-
menarbeit zwischen Lehrendem und Lernen-
dem die Lehrer zur größten Leistungsfähigkeit
und die Lernenden zu höchster Pflichterfüllung
angespornt werden.

Seien wir uns darüber im klaren, daß ein-
mal die Zeit kommen wird, wo auch von der
Wissenschaft, von der Universität, von den an
ihr lehrenden Wissenschaftlern und auch von
dem letzten Studenten Rechenschaft darüber
gefordert wird, welche Beiträge s i e zum Wie-
deraufbau und zur Eindeutschuna der Ost-
gebiete beigesteuert haben. Hier hat die Uni-
versität Gelegenheit, wieder zur wahrhaften
Dienerin des Volkes zu werden!

Folge f i Die Bewegung / Seite 3
 
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