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SCHWEDENS GESCHICK

Schweden ist das älteste Reich unserer Welt

Durch nahezu 2000 Jahre hat es ein schwedi-
sches Vaterland und einen schwedischen Kö-
nig gegeben. Niemals ist dieses Reich und sein
Volk fremden Herren Untertan gewesen. Große
Einsätze hat dieses verhältnismäßig kleine
Land auch in den europäischen Selbsterhal-
tungskämpfen getätigt. Siegeszeichen von fast
allen europäischen Schlachtfeldern füllen un-
sere historischen Museen, und den Berichten
entsprechend, sollen sie in Quantität und Qua-
lität den in den Arsenalen von Frankreich,
England und des alten Österreich angesam-
melten Siegeszeichen nicht nachstehen. Der
schwedische Volksstamm ist nordisch rassen-
reiner als irgendein Volksstamm in der gan-
zen Welt. Unser schönes schwedisches Land
ist voll von Naturreichtümern. Mit seinen ge-
waltigen Wäldern, reichen Erzlagern, groß-
angelegten Wasserfällen und Wasserkraftwer-.
ken, einer hervorragenden Landwirtschaft so-
wie einer hochentwickelten industriellen Wirk-
samkeit behauptet es den höchsten Lebens-
standard der Welt, und mit seiner Wissenschaft
und Kunst an der Spitze, ist unser Land ;n vie?
len Hinsichten ein Musterland. Trotz allen muß
ein schwedischer Patriot in diesen Tagen von
tiefstem Mißtrauen erfaßt werden, wenn er an
die Probleme seines Heimatlandes denkt. Der
schwedische Volkskörper wird von einer le-
bensgefährlichen Krankheit verzehrt. Kein Land
ist derart von dem Volkstod und dem rassi-
schen Untergang bedroht wie gerade Schwe-

Das „Institut für die Technik
des Staates'

(Fortsetzung von Seite ,1)

sich einmal von alledem, was auf dem Ge-
biet des staatstechnischen Geschehens wurde,
freizumachen und nur die Frage zu unter-
suchen: wie soll die Staatsmaschine konstruiert
sein, die den aus den allgemeinen politischen
und weltanschaulichen Ergebnissen der na-
tionalsozialistischen Revolution Adolf Hitlers
und dem Sieg der deutschen Waffen entstehen-
den deutschen Reichsaufgaben zu dienen hat?
Freilich wird dabei vieles Altgewohnte in Zu-
kunft endgültig stürzen müssen.

Aber nicht alles, was als .Bürokratie" ver-
schrien ist, gehört in diese Kategorie des
geschichtlich Uberfälligen. Und damit ergeben
sich die großen Konstruktionsaufgaben für die
Technik des Staates im Reich Adolf Hitlers,
so etwa die Frage des Ausgleichs zwischen
7öntralinstanzen des Reiches und ^~n Reif.hs-

«. ^.u/igavuinuacriten vei-

seüeheö Teilbereichen. Hierzu gehört auch die
; Frage, welche Entwicklung jeweils etwa nach
dem Grundsatz der Einheit von Partei und
Staat die Partei in ihren Instanzen auf das Ge-
schehen des Staates in den verschiedenen Zu-
ständigkeitsbereichen nimmt, weiter das Aus-
einanderordnen der Fülle von konkurrierenden
Zuständigkeiten auf allen Gebieten und die
dringend notwendige Wiedereinholung von
neu entstandenen, selbstherrlich sich gerieren-
den Verantwortungszonen in klar aufgeteilte,
eindeutig unterscheidbare, scharf abgegrenzte
größere, dem Zweck und Inhalt nach elemen-
tar zusammengehörige Zuständigkeitskreise,
— dies aber alles immer unter dem Gesichts-
punkt der reinen Zweckmäßigkeit.

Eines der großen Kernprobleme der Tech-
nik des Staates liegt darin: Wie soll die ■zweck-
mäßige Aufteilung der Zuständigkeiten der
Reichszentrale unter sich, zwischen den Reichs-
fachzentralen und den territorial doch mehr
oder weniger das gesamte 'Staatsgeschehen
zusammenfassenden Repräsentanten des Reiches
unten und zwischen diesen wiederum mit den
territorialen Fachverwaltungen vorgenommen
werden? Für die Lösung dieses Problems stehen
viele Wege offen. Den besten und technisch
.zweckmäßigsten auszuarbeiten und vorzu-
schlagen, soll eine der Aufgaben des .Insti-
tutes für die Technik des Staates' an der Tech-
nischen Hochschule zu München sein."

Das Ziel, dem somit auch das „Institut für

. -die Technik des Staates" zu dienen hat, kenn-
zeichnete Reichsminister Dr. Frank am Schlüsse
seiner zweiten Rede mit folgenden Worten:
„Wir wollen es aussprechen, daß
der Staat, je besser er technisch

• funktioniert, auch desto mensch-
licher zu werden verspricht. Denn
es gibt Werte, die höher sind als alle politi-
schen Werte: die ewigen Bewußtseinsinhalte

. unseres deutschen Idealismus, unseres deut-
schen Glaubensl Das Wort von der. Mensch-
lichkeit darf uns nicht verlorengehen,

■ auch nicht als Ausdruck des Staatshandelns.
Der Gedanke darf uns nicht verlorengehen,

: daß diese Technik des Staates auch einen Staat
gewährleisten soll, in welchem jeder ehrliche,
brave deutsche Volksgenosse Gerechtigkeit
findet, damit unser nationalsozialistisches Reich
auch die Bestätigung erlangt, die gewaltigste

' Bestätigung, die ein politisches Gebilde erlan-
gen kann, nämlich die durch den Geist und
durch die Träger der weit über die Genera-
tionen hinausgehenden geistigen Zusammen-
hänge unseres Volkes. Wir können jede Macht
staatlich meistern, wir wollen aber auch vor
den kommenden Generationen als Gestalter die-
ses Staates bestehen. Das Großdeutsche
Reich Adolf Hitlers muß eine Tech-
nik des Staates erhalten, die unse-
rer Zeit, ihrer Größe und den Zu-
kunft s n o t w e n d i g k e i t e n unseres
Volkes restlos mit der Sicherheit
eines maschinellen Funktionie-
rens entsprich t."

Von med. lic. Ake Berglund, Stockholm

den. Kein Volk ist so nachsichtig gegen Fremd,
linge, die in ihr Land eingewandert sind. Kein
europäisches Land läßt es zu, daß russisch-
besoldete Bolschewiken und englisch-semiti-
sche Agenten in ihrem Land frei hausen. Nur
Schweden macht eine Aüsnahme. In keinem
Land unseres Kontinents ist die tatsächliche
Macht der Juden in der Politik wie im wirt-
schaftlichen und kulturellen Leben so absolut
wie in Schweden. In keinem europäischen Land
herrscht noch die demokratische Mißwirtschaft
so uneingeschränkt wie in Schweden, und
nirgends macht sich, wie Hitler das einmal
ausdrückte, „die bürgerliche Gemächlichkeit"
so breit wie bei uns.

Die sogenannte Neutralität

Am ernstesten ist aber wohl der Mangel jeg-
licher außenpolitischen Ziele, die sogenannte
Neutralität, abgesehen von der Angst, eine
Partei zu ergreifen. Furchtbar hat sich- der
im gänzlichen Mangel des Wissens und In-
teresses sterilisierte Ausdruck des schwedi-
schen Volkes für die schwedischen Reichsgren-
zen dokumentiert. Den rein schwedischen
Alandsinseln, die einst nach dem vorigen Kriege
zum Mutterlande zurückzukommen strebten,
wurde ganz kaltsinnig entgegengetreten. Spä-
ter, im Sommer 1939, äußerte sich ein schwedi-
scher Minister und Parteileiter, welcher noch
immer eine gewichtige Stellung in der schwe-
dischen Regierung innehat, wie froh wir sein
könnten, Aland los zu sein! „Dadurch sind uns
viele Sorgen erspart geblieben!" Die Schwe-
den in Finnland werden nicht als Schweden
anerkannt, sie werden als Finnen bezeichnet.
Dreimal sind sie von den offiziellen Schweden
verraten worden, 1918, 1939 und 1941. Die
Schweden in Estland sind fast ganz vergessen,
und auf Grund schwedischer Schlappheit wur-
den sie im Laufe der Zeit nicht vor dem bol-
schewistischen Terror in ihr Mutterland hin-
übergerettet. Der Beispiele gäbe es noch man-
nigfaltige, aber das Gesagte möge genügend
beleuchten, in welchen tiefen Schlaf eines le-
bensgefährlichen Egoismus die Schweden ge-
fallen sind:

Findet sich da irgendein Ausblick für die
Erneuerung Schwedens? Ja, ganz sicher. Aber
man läßt sich von dem machthabenden System,

Konrad Friesicke:

eine» /typisch plutokratlschen Systems, ohne
eigene Kraft zur Erneuerung zurückhalten. Je-
doch findet man überall Menschen der neuen
Zeit. In fast jedem Ort 'findet man einen un-
erschrockenen Kämpfer für ein neues Schwe-
den, jedes Gewerbe hat einen mutigen Ver-'
treter für die Ideen der neuen Zeit, fast jede
Familie hat einen von den Angehörigen oder
der Öffentlichkeit zu der sogenannten „fünften
Kolonne" oder zum „Landesverräter" gestem-
pelt. Seit einem und einem halben Jahrzehnt
arbeiten mehrere Organisationen für eine
schwedische Neuordnung in nationalem und
sozialem Geiste. Trotz Verbotsgesetzen und
anderen Unterdrückungen steht der sogenannte
„Schwedensozialismus" unentwegt kampfbereit
unter seinem jungen Führer Sven OIov Lind-
h o 1 m. Von Anfang an absolut radikal und
ehrlich'in seiner Kampfweise,-hat er allen Ver-
führungsversuchen widerstanden und repräsen-
tiert für ein Zehntausendstel Schweden. die
äußerste Hoffnung für einen schwedischen
Freiheitskampf aus rein schwedischen Voraus-
setzungen. Andere Zusammenschlüsse, z. B.
„Nationelle, förbundet" (Nationaler Verband),
hervorgegangen aus der konservativen Rechts-
partei, hat sich mehr und mehr zu den natio-
nalen-sozialistischen Ideen bekannt. „Förläs-
ningsföeningen", „Mahem" und der Buchver-
lag „Svea Rik" (Schwedisches Reich) arbeiten
seit mehr als einem Jahrzehnt an der geisti-
gen Aufklärung über .die neue Idee und dem
Faktum der europäischen Revolution. Die Zei-
tung des Schwedensozialismus „Den Svenske"
(Der Schwede) und die Zeitungen des Natio-
nalverbandes betreiben eine energische Propa-
ganda für ihr Kampfziel. Die freie Zeitung
„Sverige fritt" hat unter ihrer außerordentlich
guten Leitung einen großartigen Einsatz ge-
macht auf dem Gebiet der Propaganda und
der zuverlässigen Aufklärung. In diesen Tagen
ist eine nationale Tageszeitung von einer frei-
sinnigen Organisation herausgegeben worden.

Eine weitere Anzahl von Organisationen
arbeiten für ein beschleunigtes Verstehen des
neuen Deutschlands und dessen Großkampf
gegen die zerstörenden Mächte des Ostens und
des Westens. Immer mehr Schweden kommen
nach einem Besuche Deutschlands oder der
Schlachtfelder draußen mit neugeweckter Mit-
empfindung mit dem jungen Europa, welches

heute unter deutscher Führung geschaffen
. wird, «der kurz gesagt unter Mitwirkung aller
europäischen Völker. Große Hoffnungen hal-
ten wachsende Scharen von Schweden in Atsm,
welche zu dem großen Kampf im Osten Frei-
willige gesandt haben, jene Hoffnungen, die
auch das schwedische Volk zur Erkenntnis
erwecken' sollen, worum der Kampf geht. Das
schwedische Freiwilligenbataillon, welches
einen vorbildlichen Einsatz bei der Eroberung
von Hangö in Finnland tätigte, besteht in gro-
ßem Umfang, aus Rekruten der Schwedensozia-
listisch'en Bewegung und anderen nationalen
Gruppen. Die Ortsgruppe „Sveaborg", der
Sammelname für die schwedisch-sozialistischen
Hangökämpfer, legt uns die stärksten Ver-
pflichtungen auf zur schärfsten Fortsetzung
des Kampfes für Schwedens Erneuerung.

Schwedens stolze Insel, die bisher in tiefem
Schlafe gelegen hat, ist zweifelsohne dabei,
■ aufzuwachen, und aus diesem Geschehen des
Erwachens soll dann auch eine neue schwe-
dische Geschichte entstehen, würdig unserer
großen Traditionen. Da soll das schwedische
Volk und das -schwedische Reich teilnehmen
an der Schaffung einer europäischen Einheit
und Stärke unter germanisch-nordischer Füh-
rung. Rußlands Ebenen rufen heute die schwe-
dischen Wikinger und Karoliner. Das rein
nordische Id'eal der Wikinger und der große
Führer Karl XII., des stolzen schwedischen
Volkes Verkörperung, bleiben für die meisten
Schweden die liebsten Vorbilder.

Wird Schweden die Stunde erkennen?

Wenn jene aus einem armen Land eine
Großmacht machen konnten und mit einem
kleinen Volke einen solch großen europäischen
Einsatz tätigen, so kann wohl das schwedische
Volk von heute durch Verwirklichung eines
mehr als hundertjährigen Friedens und die
Verführung durch volksfeindliche und volks-
fiemde Führer nicht so entartet sein, daß es
nicht auch seinen Anteil zu dem großen euro-
päischen, Befreiungswerk, welches den Namen
Adolf Hitlers trägt, um den sich alles nordische
Blut in diesen Tagen sammelt, beitragen wollte.

Unser großer Führer Gustav W a s a sagte
einmal von den Schweden: „Sie sind ein trä-
ges, schwerblütiges Volk, aber trotz allem voll
Hitzigkeit." Noch herrscht diese träge Schwer-
blütigkeit, aber wenn der Flügelschlag näher
um uns rauscht, dann wird die schwedische
Hitzigkeit zu Großtaten erwachen, würdig un-
serer Väter, und erfüllt wird das schwedische
Volk sein von einer unergründlichen Treue
zum Reich und dem schönen Land in Europas
Mitte.

Saloniki - am Rande gesehen

v'- »T,rc,n vom. Lande, der. mazedonischen s

satt der hinterwäldlerischen t ae dieser, heißen
Ebenen und entlegenen Gebirgsdörfer, wo die
Spuren von fünf Jahrtausend Menschheits-
geschichte sich nicht in gewaltigen Trümmern
und zyklopischen Mauerresten offenbaren, son-
dern einzig in der unentwickelten Lebens- und
Arbeitsweise der Bevölkerung, die wie zu
Zeiten Homers das Korn ihrer Felder drischt.

Die Griechen in ihrer alten Volkstracht —
die uns wie ein Hohn auf das tropische Klima
schien — waren uns schon ein vertrauter An-
blick; Männer in dunklem Tuchzeug mit tief
hängendem Hosenboden und breiten Schärpen,
den handgewebten Schnappsack über der
Schulter. Wir waren ihren Knoblauchgerüchen
lieber ausgewichen, ebenso wie wir nur wider-
willig durch die schmutzigen Gassen gingen,
wo uns Frauen begegneten, die, ihr Kind stil-
lend, auf dem Esel ritten, wo die Schweine an
der Metzgertür hingen, von Wespenvölkern
krippelnd übersät. Wie malerisch nahmen sich
dagegen viele Winkel aus, die wir auf Photo-
graphien gebannt nach Hause schickten! Nein,
unsere Freigebigkeit in Jubeljauchzern, aus-
gestoßen zur Begrüßung Salonikis, der bunten
Stadt an der Ägäis, darf nicht verwundern.
Nun mußten wir nicht mehr von der eisernen
Portion guter Laune zehren!

Im Tropenlazarett in Saloniki

Wir schlürften das ungewohnt gepflegte
Großstadttreiben in feierlicher Erregung wie
im Theater und standen doch nur vor einem
geputzten Pfau. Will man hinter den Feder-
schmuck sehen, wo die Läuse ihre Schlupf-
winkel haben, muß man erst von dem Mük-
kentierchen Anopheles gestochen sein, einem
winzigen Geschöpfchen weiblichen Geschlech-
tes, das bei possierlich langstieligen Beinen die
verantwortungsvolle Aufgabe hat, das perpe-
tuum mobile der Malaria in Gang zu halten.
Wenn man dann als Opfer des Balkans mit
41 Grad Fieber auf die Trage geladen wird,
kommt man hinaus in das Universitätsgebäude
am Rande Salonikis, wo die Großstadt ihr
struppiges, verwahrlostes Balkangesicht zeigt,
ohne das souveräne Lächeln der jungen Ha-
fenpromenade, ohne die gemessene Feierlich-
keit des greisen Burgbergs — ein unehrliches,
wenig homogenes Stadtbild, das sich nun un-
seren Blicken bietet.

Heute ist ein klarer Morgen aus dem Nebel
erwacht, ein Morgen, den man am Meer be-
grüßen müßte, wo die Schiffsmasten sich
würdevoll zunicken und die großen Frachter
weit draußen sich der behäbigen Ruhe hin-
geben. Die Sonne steigt hinter dem Berg in
den herbstlichen Tag herauf. Die letzten Jage
waren von Regen und Sturm naßkalt ge-
peitscht. Heute wird es warm werden; wir
werden im Liegestuhl sitzen im Garten, wo
die heimatlich vertrauten Veilchen am Fuß
der Akazien und der Nadelbäume uns in die
Hände blühen. Man darf ja nicht hinaus in
die unruhige Stadt; man hat Malaria und
Gelbsucht in der sechsten Woche. Die erste
Offenbarung der bunten Außenwelt, als die

Schleier der .Fieberphantasien gefallen, waren

■ - Ti«t3t?i,...i.—, rii». wii - .le .
Heltes Gesicht haben und uns lächelnd das
Thermometer und das Essen an das Bett
bringen. Ihre schönste Betätigung aber ist, uns
zu unterhalten in ihrer reizenden Art, brav
auswendig gelernte deutsche Sätze mit prä-
gnanten griechischen Ausrufen zu mischen.
Immer verstehen sie, eine äußere Heiterkeit zu
wahren, und doch ahnt der Psychologe in der
griechischen Seele Spannungen zwischen
Empfindsamkeit und sonniger Laune, über
allem aber Anmut und Fraulichkeit.

Weiter hinaus aus der Welt der weißen
Decken lockte es mich in das Gegenständlich-
Natürliche. Auch die Bücher auf dem Nacht-
tisch konnten dem elementaren Aufbruch
nicht gebieten. Zudem lagen wir in einem
Gelehrtenraum, dessen Wände von Bücher-
schränken verdeckt waren. Ein Seminar im
Zivilberuf mit überwiegend deutschsprachigen
Volkswirtschaftslehrern, nebenbei ein Kuriosi-
tätenkabinett mit Walther Rathenaus „Schrif-
ten" in fünf Bänden und Rosa Luxenburgs
„Gesammelte Werke".

Schon in der Bettperspektive ahne ich, daß
wir den städtischen Bezirken entzogen sind.
Wohl hören wir die wacklige Straßenbahn in
der Ferne klingeln, aber „weit ist der Weg" zur
City. Dazwischen steht der altgriechische Tor-
bogen mit den ausgewaschenen Reliefs; da-
zwischen steht die rötliche Moschee: beide
sehen sich befremdet an; ihre Erinnerung
träumt über hohe Berge ferner Zeiten. Hier
City des 20. Jahrhunderts, dessen nüchtern
prunkende Hochhäuser in den blauen Himmel
greifen und dessen Bewohner parfümduftend,
modisch gekleidet und die Raffinesse der
schönen Fassade bis in die Haarpflege ge-
trieben in den Cafes sitzen; dort trüber Bal-
kan, wo sich die Menschen keinen Zwang auf-
erlegen und die Wäscheleine zwischen zwei
Häuserfronten spannen, wo sie ungeniert ihr
. geringes Tagesquantum an Maisbrot im Straßen-
verkehr verschlingen und die Männer in ab-
gerissenen gelben Uniformen vorherrschen.

Die Universität liegt im Balkan viertel, ein-
geklemmt mit ihrem Wandelgarten zwischen
Sportplätzen und dem unordentlichen Juden-
friedhof, dessen Sitzgräber wie kleine Schorn-
steine aus dem Boden wachsen. Den Studenten
stehen nur wenig Hörsäle und ein Leseraum
zur Verfügung; der Großteil des Komplexes
mit dem Marmorportal ist die Tropenabteilung
des Kriegslazaretts.

In unseren „Blauweiß-Gestreitten" sitzen wir
an dem Gartengitter und müssen uns mit der
dürftigen Perspektive auf die Straße begnügen.
Der Blick zum weißköpfigen Olymp ist verbaut,
der Weiße Turm, das Wahrzeichen Salonikis,
ist nicht hoch genug, daß wir sein massiges
Rund erkennen könnten; aber der Burgberg
zeigt das ziselierte Profil seiner breitauslaufen-
den Mauerzinnen.

Die Morgenstunden auf der Straße führen
täglich die gleichen Bilder und Menschen vor.
Heute liegt ganz unprogrammäßig ein Esel
hingestreckt am Straßenrand, die Füße ge-
schlossen, so daß er wohl tot sein muß; zur
Seite geräumt, liegengelassen. Achtlos gehen

die Menschen vorüber; nichts Außergewöhn-

,. iiU«'...,. ii.ä v»j----• 'T-«-<i- ""«ifelt' Ji--

erlebnis aus meinem Deutschland teht mir ix
Augen; es will mich erinnern an die deutsche
Seele. Ein Junge hat mit seinem Fahrrad .eine
Taube überfahren und steht bestürzt gebannt
vor dem Tod, fassungslos und untröstlich.

Tagsüber schillert das Straßenbild in allen
Farben: da pendeln die Studenten in froh-
gemuter Unterhaltung vorbei, nicht anders
als vor den deutschen Hochschulen. Am
Nachmittag pilgern meist Trauernde zu dem
großen, ansehnlichen Friedhof hinauf. Natür-
lich müssen auch die Trauerzüge mein Blick-
feld passieren.

Rührende Armut

Heute fuhr ein trauriges Gefährt mit/ dem näm-
lichen Ziel die Straße hoch. Eine Szene für Tim-
mermanns oder Streuvels. Zwei jammervoll ab-
gemagerte Pferdchen — ein vergilbter Schim-
mel und ein Brauner — ziehen eine schwarze
Kutsche, Nr. 44 steht auf dem verschlissenen
Verschlag. Auf dem Bock zwei Männer in
billigen Arbeitsanzügen. Die Füße in Futter-
heu. Unter dem aufgespannten Dach sitzt ein
■ Frauchen, kein altes Mütterchen, aber ge-
beugte 40 Jahre. Im blaupunktierten Kleid.
Weinend sieht sie auf den quergestellten Sarg
auf dem Fußbrett. Der schmale Sarg ist mit
dunklem Leinen überzogen. Und die Frau
sitzt in grenzenloser Verlassenheit da, ohne
nach rechts und links zu blicken. Sie wischt
sich die Tränen aus den Augen. Keiner, der
mittrauert, kann ihr das Leid erleichtern. Die
Kutscher reden miteinander. Der Wagen hol-
' pert; die Räder sitzen kläglich schief, wie ich
' von hinten sehe. Nach einer Viertelstunde
schon rollt die Kutsche zurück mit den bei-
den Männern, die ihre Füße in das .Heu
stecken. Was tut nun die Frau mit dem Sarg,
der zur Erde will? Ob sie ihn selbst be-
gräbt, mit ihren Händen oder mit einem un-
praktischen Gerät die Erde freimacht, um dem
Toten zu seinem Recht zu verhelfen.

Das ist Saloniki abseits vom bunten Trei-
ben des Welthafens. Das ist der trübe Win-
kel, der sich nicht wegleugnen läßt, wenn
auch die Physiognomie bestimmt wird durch
das Gesamtbild von außen, das Saloniki so
trügerisch imposant vom Meer aus bietet: Im
offenen Halbrund der aufdringliche Vorder-
grund des breiten Kais, gesäumt von hellen
Hochhausfronten; dann die flachen Dächer
der sich an den Berg schmiegenden Gebäude;
und verschwindend die bunten Hütten der
Armseligkeit im steileren Gelände, bis die
gezackte Krone der mächtigen Burg an den
mazedonischen Himmel rührt.

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