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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 41.1906

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Heft 21
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https://doi.org/10.11588/diglit.60737#0523
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ks»2i Zlluttri'srts kamilisnrsttung i»os

Oer «Dann
mit cien vielen Namen.
Kriminalroman von ^lug. Sroner.
(Fortsetzung.)

(Nachäruck verboten.)
ie Liebe zu Hedwig mochte'wirklich echt
lein. In diesem Augenblick wenigstens
war Fritz Dietze Feuer und Flamme.
Und ganz Demut war er, als er fort-
fuhr: „Heddi, stoße mich nicht von dir,
wenn du nicht willst, daß ich ganz versinke! Er-
innere dich an die schönen Tage unseres Vereint-
seins, an die Zeit, in der du mich mehr als alles
andere auf Erden geliebt hast. Heddi —"
Er war daran, auf die Knice zu finken.
Da erhob sie sich rasch und steif. „Keine Szene!"
sagte sie rauh. „Sie würde dich nicht zum Ziele
führen. Wir zwei kommen nie mehr zusammen."
„Nie mehr? Hedwig — nie mehr?"
Auch er stand jetzt. Sein Gesicht rötete sich, feine
Augen flammten, um feinen fein gezeichneten


! Mund spielte ein ungläubiges Lächeln, das seine
weißen, blitzenden Zähne sehen ließ.
Hedwig wiederholte: „Nein — nie mehr!"
Festen Tones sprach sie, aber sic war dabei blaß
geworden.
„Du fürchtest dich doch nicht vor mir?" fragte
er ironisch.
Da schüttelte sie den Kopf. „Nein," antwortete
sie; „ich fürchte dich nicht. Ich weiß mich behütet."
„Von dem Schwindsüchtigen?"
„Auch von diesem. Aber auch von meinem
Bräutigam."
Jetzt war auch Fritz Dietze blaß geworden.
„Du bist Braut?" fragte er rauh und setzte höhnisch
hinzu: „Wer ist denn der Glückliche?"
„Das kannst du auch wissen. Mein Jugendfreund
Herbert wird im September mein Gatte sein."
„So — Herbert? Und im September erst.
Nun, das muß inan sagen, der Mann hat Gleich-
mut. Ich könnte nicht so lange warten."
„Es handelt sich auch nicht darum, daß du es
nicht kannst. Im übrigen: auch ich kann warten.
Tu brauchst nicht io höhnisch zu lächeln. Pflichten
sind es, die mich hier und ihn in Wien festhalten."
„Ist deine Reife zum 'Nordkap auch eine Pflicht?"

„Von diesem Plane bist du auch schon unter-
richtet? — Nein, diese Reise ist natürlich keine
Pflicht. Aber ich freue mich schon so lange auf sie —"
„Daß du deine Hochzeit lieber aufschiebst."
„So nimm eben an, ich hätte durch dich gelernt,
daß gar zu große Eile bei Hochzeiten nicht gut tut."
„Tu liebst Herbert eben nicht. Das allein schließe
ich aus deinem Verhalten," entgegnete Dietze rauh
auflachend.
Hedwig sah ihn ruhig an. „Ich habe ihn sehr
lieb," sagte sie. „Ich liebe ihn so zärtlich und ver-
trauend, wie man einen Menschen lieben muß,
mit dem man ein ganzes, langes Leben Glück und
Leid teilen will. Aber ich bin diesmal nicht blind
vor Leidenschaft. O ne,in, so ruhig bin ich, daß ich
ganz gut bis zum September auf diesen meinen
zweiten Hochzeitstag warten kann. Es hat nämlich
auch Herbert Reisepläne. Nach Ägypten will er,
und da habe ich ihn selber veranlaßt, diese Reise
nicht zu versäumen. Er wird am 20. August von
Triest abreisen. Tu siehst, alle beide haben wir
keine übermäßige Eile! Wir fühlen eben, daß wir
dann immer, immer in stillem, echtem Glück bei-
sammen sein werden. So — und nun laß mich
aussteigen. Es kommt eine Station."


xxi. isos.

Dis Gojarin Morosow. Nach einem Somälcls von -ö. H. Surikow. (S. qsi)
 
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