Heft
Das Buch für Alle 41
Ach bestelle einen flnzug / von Carl Marilaun^
ein Winterrock brauchte einen neuen Samttragen. Keine welterschüt-
ternde Tatsache, nein, gewiß nicht. Aber auch unscheinbare Tatsachen
genügen, bescheidene Lebensläufe zu verwirren, das Schicksal herauszu-
fordern und ein friedliches Herz in Betrübnis zu stürzen.
Bei mir ging dies folgendermaßen zu: Ich ging, wegen des Samtkragens,
zu Wibiral. Genauer gesagt, Herrn Zephyrin Wibiral, bürgerliches Haus
für Herrenmode, Festangestellten werden auf Wunsch bequeme Teilzah-
lungen geleistet.
Nun, Herr Wibiral stieß keine Entzückungsschreie aus. Nein, das tat er
wahrhaftig nicht. An Wibirals Kleiderhaken hingen, gering gezählt, fünfund-
zwanzig Frackhosen, die seiner verschönernden Hand bedurften. Wibiral
führte einen glühenden Stahl in sein Bügeleisen ein, mußte die Festsetzung
von Lieferungsterminen grundsätzlich ablehnen und erlaubte mir bloß,
meinen Winterrock an einen freien Nagel zu hängen.
Es war aber kein Nagel frei, und ich beeilte mich anzudeuten, daß ich als
Gegenleistung für dasbißchenKragenündern geneigt sei, sofort einen neuen
Anzug in Bestellung zu geben. Erzielt wurde damit bloß, daß Herr Wibiral
das Journal mit den neuesten Schöpfungen der Londoner Herrenmode
unter dem Bügeltisch verschwinden ließ.
„Andere Schneider sollen auch leben!" sprach er mit erhabener Selbst-
losigkeit, biß einen Faden ab, ließ meinen Winterrock vom Lehrburschen aus
purer Gnade unterm Bett unterbringen und sagte: „Vor vierzehn Tagen
kann ich nicht schicken, wenn ich schicken kann!"
Ich muß sagen, daß ich die nächsten Tage zwar nur mit einem alten
Gummiregenmantel, aber immerhin guter Dinge und ziemlich ungetrübten
Herzens herumging. Da die wissenschaftliche Wetterkunde auf sibirische
Külte getippt hatte, brauchte kein Mensch einen Winterrock, alle Leute
suchten ihre alten Gummiregenmäntel aus dem Kasten. Und einen neuen
Anzug bekommt man auch anderswo.
Zum Beispiel bei einem erstklassigen Schneider, der für bequeme Teil-
zahlungen möglicherweise nicht eingenommen ist und bloß auf Kundschaften
Wert legt, die aus lauter Vornehmheit den ganzen Anzug schuldig bleiben.
Ich ging also zu einem Künstler der Herrenmode, der so allererstklassig
war, daß er auf zugelaufene Straßenkunden überhaupt keinen Wert legt.
Er hat Salone und eine mit nachgemachten Palmen geschmückte Freitreppe.
Oben wird man von einer Diana in Marmor und von einem Herr-
schaftsdiener mit weißer Krawatte empfangen. Ich wurde um meine Karte
gebeten, inzwischen hatte ich Zeit, mich im Vorzimmer umzusehen. Das
Vorzimmer war kein Vorzimmer, sondern ein Ahnensaal. Es wimmelte
geradezu von eingerahmten, handschriftlichen
Diplomen, auf denen der Inhaber dieser Sa-
lone der Zufriedenheit seiner Klientenversichert
wurde. Da sich unter diesen Klienten auch ein
verstorbener Herzog von Lancaster befand,
machte ich mich darauf gefaßt, daß ich für meinen
neuen Anzug hier eventuell eine Kleinigkeit
würde zulegen müssen. Diese Annahme traf in¬
sofern zu, als mich zwar noch lange nicht der
Chef, aber sein dritter oder vierter Direktor in
einem getäfelten Rauchsalon empfing, Klub¬
zigaretten anbot, über die neuesten literarischen
Strömungen sowie Pferdezucht sprach und so
nebenbei bemerkte, daß wahrhaft vornehmen
Häusern wie diesem mit einem Anzug nicht ge¬
dient sei. Aber ich Hütte ja sicherlich nichts da¬
gegen, mir der Einfachheit halber und für den
Anzug — na, sagen wir: drei machen zu lassen.
Ich setzte das Gespräch über die literarischen
Strömungen der Neuzeit sowie Pferdezucht
fort und empfahl mich.
Draußen schneite es, und ich mußte mich daran
gewöhnen, von den Jünglingen, Geschäftsfüh¬
rern und Chefs einiger weiterer Herrenmode¬
häuser mit einem nicht ganz durchsichtigen Lä¬
cheln empfangen zu werden. Denn da sich ein
gewisser Herr Wibiral noch immer mit dem zu
ändernden Samtkragen meines Winterrockes
beschäftigte, trug ich meinen Gummiregen¬
mantel, ein treues, zur Augenweide aber nicht
mehr so richtig befähigtes Kleidungsstück. Ich
bemühte mich selbstverständlich, alles aus Wibiral
zu schieben. Aber in den besseren Gegenden
unserer Stadt schien die Überzeugung vorzuherrschen, daß man als Mann
von Bildung und Erziehung überhaupt keine geschäftlichen Beziehungen zu
Wibirals, die am Ende sogar Teilzahlungen bewilligen, unterhalten soll.
Ich sah dies ein. Und infolgedessen kam Zwischen mir und dem Inhaber
eines nicht gerade für den Herzog von Lancaster, aber immerhin für bessere
Herren arbeitendenHauses eine Einigung auf mittlerer Linie zustande. Wir
einigten uns auf einen dunkelgrauen, zart gestreiften Winteranzug, nach
Maß, binnen vier Tagen lieferbar. Und da meine schönen Augen in diesem
vorbildlichen Institut entgegenkommend einberechnet wurden, kostete mein
neuer Anzug erstaunlicherweise bloß so viel, wie ich in einem Monat ver-
diene, wenn sich gewisse Schriftleitungen dazu verstehen, mir das Honorar
zu verdoppeln.
Dafür erschien zum Maßnehmen aber allerdings eine Persönlichkeit, die
über Vergleiche mit meinem Vorstadtschneider Wibiral direkt erhaben war.
Diese Persönlichkeit stellte sich in einem betörend gebauten Jackett vor.
Und sie zog den Zentimeterstreifen aus einer Salonhose, wie ich wahr-
scheinlich nie in meinem Leben eine tragen werde. Der Herr nahm höflich
und Zuvorkommend, wenn auch etwas streng lächelnd meine Formen ab.
Ich merkte, der Anzug, den ich da angemessen bekam, wurde unter pein-
licher Rücksichtnahme auf meine hoffentlich vorhandene Individualität
zugeschnitten.
Der Mann fertigte Logarithmentafeln an. Er dividierte Brustumfang
durch Oberschenkel minus Schulterbreite und zog die Kubikwurzel, geteilt
durch zwei, aus meiner Taillenstärke.
Und nach zwei Tagen durfte ich bereits zur ersten Anprobe erscheinen.
Die Probe enttäuschte mich allerdings ein wenig. Denn eigentlich verlief
sie nicht wesentlich anders als bei Wibiral, der ein ganz gewöhnlicher
Schneider ist. Der Herr im Jackett riß ein halbes Dutzend Nähte auf und
bemalte die hauptsächlichsten Partien meines im Entstehen begriffenen
Winteranzuges mit blauer und weißer Kreide.
Dann machte er mit einem Mund voll Stecknadeln einige nicht un-
schmeichelhafte, also zutreffende Äußerungen über meine Anatomie.
Schließlich trennte er mit gedankenvoller Stirn einen Ärmel vom Leibe
weg und erklärte erhellten Gesichts, daß ich morgen zur zweiten, am Nach-
mittag zur dritten Anprobe erscheinen dürfe und übermorgen so weit sein
würde, einen zweiten Anzug in Bestellung zu geben.
Die nächste Probe fand bei festlicher Beleuchtung der Probierloge und
vor einem außerordentlich komplizierten Spiegel statt, in dem man seine
Nasenspitze besichtigen konnte, wenn man mit dem Rücken vor dem Glase
stand.Zur dritten Probeführte man mich bereits
insEmpfangszimmerdiesesJnstituts. Ich wurde
gebeten, mit zwanglosen Schritten über einen
echten Smyrna zu gehen, mich schnell umzu-
drehen, mich langsam umzudrehen. Der Maß-
schneider hatte zu dieser Generalprobe den Ab-
teilungsvorstand zugezogen. Und vorübergehend
fand es sogar der Chef der Mühe wert, die bei
ihm in Entstehung begriffene Kundschaft zu be-
sichtigen.
Ärmel wurden diesmal nicht mehr ausge-
rissen. Immerhin schienen die Stirnen der
Herren noch nicht ganz erhellt. Und zum Schluß
der Vorführung begegnete meine Ansicht, den
tadellos passenden Anzug gleich anzubehalten,
einer mild gelächelten Ablehnung. Wir waren
hier doch nicht bei Wibiral, von einer dritten
Probe darf man nichts Unmögliches verlangen.
Ein Konferenzbeschluß ergab, daß eine Falte
unter der linken Achsel unbedingt noch mit mei-
ner seelischen Verfassung in Übereinstimmung'
gebracht werden müsse.
Die Falte wurde abgestimmt. Nach dreiTagen
begab ich mich mit meinem neuen Winteranzug
zu Herrn Wibiral, der inzwischen meinen im
Verlauf der Begebenheiten etwas in Vergessen-
heit geratenen Winterrock hergerichtet hatte. Er
besah mein erstklassiges Erzeugnis der Herren-
modeindustrie mitzurückhaltendem Wohlwollen
und sprach das große Wort gelassen aus: „Also,
für einen fertig gekauften Anzug ist er soweit
ganz schön. Kleinigkeiten sind zu ändern, das
mach' ich Ihnen nach Ostern!"
Bin ich nicht em schöner Mann?
Scherenschnitt von Stefan RostLs
Das Buch für Alle 41
Ach bestelle einen flnzug / von Carl Marilaun^
ein Winterrock brauchte einen neuen Samttragen. Keine welterschüt-
ternde Tatsache, nein, gewiß nicht. Aber auch unscheinbare Tatsachen
genügen, bescheidene Lebensläufe zu verwirren, das Schicksal herauszu-
fordern und ein friedliches Herz in Betrübnis zu stürzen.
Bei mir ging dies folgendermaßen zu: Ich ging, wegen des Samtkragens,
zu Wibiral. Genauer gesagt, Herrn Zephyrin Wibiral, bürgerliches Haus
für Herrenmode, Festangestellten werden auf Wunsch bequeme Teilzah-
lungen geleistet.
Nun, Herr Wibiral stieß keine Entzückungsschreie aus. Nein, das tat er
wahrhaftig nicht. An Wibirals Kleiderhaken hingen, gering gezählt, fünfund-
zwanzig Frackhosen, die seiner verschönernden Hand bedurften. Wibiral
führte einen glühenden Stahl in sein Bügeleisen ein, mußte die Festsetzung
von Lieferungsterminen grundsätzlich ablehnen und erlaubte mir bloß,
meinen Winterrock an einen freien Nagel zu hängen.
Es war aber kein Nagel frei, und ich beeilte mich anzudeuten, daß ich als
Gegenleistung für dasbißchenKragenündern geneigt sei, sofort einen neuen
Anzug in Bestellung zu geben. Erzielt wurde damit bloß, daß Herr Wibiral
das Journal mit den neuesten Schöpfungen der Londoner Herrenmode
unter dem Bügeltisch verschwinden ließ.
„Andere Schneider sollen auch leben!" sprach er mit erhabener Selbst-
losigkeit, biß einen Faden ab, ließ meinen Winterrock vom Lehrburschen aus
purer Gnade unterm Bett unterbringen und sagte: „Vor vierzehn Tagen
kann ich nicht schicken, wenn ich schicken kann!"
Ich muß sagen, daß ich die nächsten Tage zwar nur mit einem alten
Gummiregenmantel, aber immerhin guter Dinge und ziemlich ungetrübten
Herzens herumging. Da die wissenschaftliche Wetterkunde auf sibirische
Külte getippt hatte, brauchte kein Mensch einen Winterrock, alle Leute
suchten ihre alten Gummiregenmäntel aus dem Kasten. Und einen neuen
Anzug bekommt man auch anderswo.
Zum Beispiel bei einem erstklassigen Schneider, der für bequeme Teil-
zahlungen möglicherweise nicht eingenommen ist und bloß auf Kundschaften
Wert legt, die aus lauter Vornehmheit den ganzen Anzug schuldig bleiben.
Ich ging also zu einem Künstler der Herrenmode, der so allererstklassig
war, daß er auf zugelaufene Straßenkunden überhaupt keinen Wert legt.
Er hat Salone und eine mit nachgemachten Palmen geschmückte Freitreppe.
Oben wird man von einer Diana in Marmor und von einem Herr-
schaftsdiener mit weißer Krawatte empfangen. Ich wurde um meine Karte
gebeten, inzwischen hatte ich Zeit, mich im Vorzimmer umzusehen. Das
Vorzimmer war kein Vorzimmer, sondern ein Ahnensaal. Es wimmelte
geradezu von eingerahmten, handschriftlichen
Diplomen, auf denen der Inhaber dieser Sa-
lone der Zufriedenheit seiner Klientenversichert
wurde. Da sich unter diesen Klienten auch ein
verstorbener Herzog von Lancaster befand,
machte ich mich darauf gefaßt, daß ich für meinen
neuen Anzug hier eventuell eine Kleinigkeit
würde zulegen müssen. Diese Annahme traf in¬
sofern zu, als mich zwar noch lange nicht der
Chef, aber sein dritter oder vierter Direktor in
einem getäfelten Rauchsalon empfing, Klub¬
zigaretten anbot, über die neuesten literarischen
Strömungen sowie Pferdezucht sprach und so
nebenbei bemerkte, daß wahrhaft vornehmen
Häusern wie diesem mit einem Anzug nicht ge¬
dient sei. Aber ich Hütte ja sicherlich nichts da¬
gegen, mir der Einfachheit halber und für den
Anzug — na, sagen wir: drei machen zu lassen.
Ich setzte das Gespräch über die literarischen
Strömungen der Neuzeit sowie Pferdezucht
fort und empfahl mich.
Draußen schneite es, und ich mußte mich daran
gewöhnen, von den Jünglingen, Geschäftsfüh¬
rern und Chefs einiger weiterer Herrenmode¬
häuser mit einem nicht ganz durchsichtigen Lä¬
cheln empfangen zu werden. Denn da sich ein
gewisser Herr Wibiral noch immer mit dem zu
ändernden Samtkragen meines Winterrockes
beschäftigte, trug ich meinen Gummiregen¬
mantel, ein treues, zur Augenweide aber nicht
mehr so richtig befähigtes Kleidungsstück. Ich
bemühte mich selbstverständlich, alles aus Wibiral
zu schieben. Aber in den besseren Gegenden
unserer Stadt schien die Überzeugung vorzuherrschen, daß man als Mann
von Bildung und Erziehung überhaupt keine geschäftlichen Beziehungen zu
Wibirals, die am Ende sogar Teilzahlungen bewilligen, unterhalten soll.
Ich sah dies ein. Und infolgedessen kam Zwischen mir und dem Inhaber
eines nicht gerade für den Herzog von Lancaster, aber immerhin für bessere
Herren arbeitendenHauses eine Einigung auf mittlerer Linie zustande. Wir
einigten uns auf einen dunkelgrauen, zart gestreiften Winteranzug, nach
Maß, binnen vier Tagen lieferbar. Und da meine schönen Augen in diesem
vorbildlichen Institut entgegenkommend einberechnet wurden, kostete mein
neuer Anzug erstaunlicherweise bloß so viel, wie ich in einem Monat ver-
diene, wenn sich gewisse Schriftleitungen dazu verstehen, mir das Honorar
zu verdoppeln.
Dafür erschien zum Maßnehmen aber allerdings eine Persönlichkeit, die
über Vergleiche mit meinem Vorstadtschneider Wibiral direkt erhaben war.
Diese Persönlichkeit stellte sich in einem betörend gebauten Jackett vor.
Und sie zog den Zentimeterstreifen aus einer Salonhose, wie ich wahr-
scheinlich nie in meinem Leben eine tragen werde. Der Herr nahm höflich
und Zuvorkommend, wenn auch etwas streng lächelnd meine Formen ab.
Ich merkte, der Anzug, den ich da angemessen bekam, wurde unter pein-
licher Rücksichtnahme auf meine hoffentlich vorhandene Individualität
zugeschnitten.
Der Mann fertigte Logarithmentafeln an. Er dividierte Brustumfang
durch Oberschenkel minus Schulterbreite und zog die Kubikwurzel, geteilt
durch zwei, aus meiner Taillenstärke.
Und nach zwei Tagen durfte ich bereits zur ersten Anprobe erscheinen.
Die Probe enttäuschte mich allerdings ein wenig. Denn eigentlich verlief
sie nicht wesentlich anders als bei Wibiral, der ein ganz gewöhnlicher
Schneider ist. Der Herr im Jackett riß ein halbes Dutzend Nähte auf und
bemalte die hauptsächlichsten Partien meines im Entstehen begriffenen
Winteranzuges mit blauer und weißer Kreide.
Dann machte er mit einem Mund voll Stecknadeln einige nicht un-
schmeichelhafte, also zutreffende Äußerungen über meine Anatomie.
Schließlich trennte er mit gedankenvoller Stirn einen Ärmel vom Leibe
weg und erklärte erhellten Gesichts, daß ich morgen zur zweiten, am Nach-
mittag zur dritten Anprobe erscheinen dürfe und übermorgen so weit sein
würde, einen zweiten Anzug in Bestellung zu geben.
Die nächste Probe fand bei festlicher Beleuchtung der Probierloge und
vor einem außerordentlich komplizierten Spiegel statt, in dem man seine
Nasenspitze besichtigen konnte, wenn man mit dem Rücken vor dem Glase
stand.Zur dritten Probeführte man mich bereits
insEmpfangszimmerdiesesJnstituts. Ich wurde
gebeten, mit zwanglosen Schritten über einen
echten Smyrna zu gehen, mich schnell umzu-
drehen, mich langsam umzudrehen. Der Maß-
schneider hatte zu dieser Generalprobe den Ab-
teilungsvorstand zugezogen. Und vorübergehend
fand es sogar der Chef der Mühe wert, die bei
ihm in Entstehung begriffene Kundschaft zu be-
sichtigen.
Ärmel wurden diesmal nicht mehr ausge-
rissen. Immerhin schienen die Stirnen der
Herren noch nicht ganz erhellt. Und zum Schluß
der Vorführung begegnete meine Ansicht, den
tadellos passenden Anzug gleich anzubehalten,
einer mild gelächelten Ablehnung. Wir waren
hier doch nicht bei Wibiral, von einer dritten
Probe darf man nichts Unmögliches verlangen.
Ein Konferenzbeschluß ergab, daß eine Falte
unter der linken Achsel unbedingt noch mit mei-
ner seelischen Verfassung in Übereinstimmung'
gebracht werden müsse.
Die Falte wurde abgestimmt. Nach dreiTagen
begab ich mich mit meinem neuen Winteranzug
zu Herrn Wibiral, der inzwischen meinen im
Verlauf der Begebenheiten etwas in Vergessen-
heit geratenen Winterrock hergerichtet hatte. Er
besah mein erstklassiges Erzeugnis der Herren-
modeindustrie mitzurückhaltendem Wohlwollen
und sprach das große Wort gelassen aus: „Also,
für einen fertig gekauften Anzug ist er soweit
ganz schön. Kleinigkeiten sind zu ändern, das
mach' ich Ihnen nach Ostern!"
Bin ich nicht em schöner Mann?
Scherenschnitt von Stefan RostLs