Das Buch für Alle
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Deutsches Land, wie bist du so schön! / Nach einem Gemälde von Gustav Traub
von den Geheimnissen der Zahlen
Line mathematische Plauderei von Dr. I. M. Merich
(^m geistigen Leben aller Völker nimmt die Mathematik eine besondere
^-^Stellung dadurch ein, daß sie seit ältesten Zeiten verknüpft ist mit
Mystik und Aberglauben. Es gibt Glücks- und Unglückszahlen, magische
Zahlen, die durch eine bestimmte Anordnung in Dreiecken, Quadraten oder
sonstigen geometrischen Figuren Zauberkräfte entwickeln sollen. Da ur-
sprünglich die Zahlen durch Buchstaben ausgedrückt wurden, den Buch-
staben aber der Nimbus der Heiligkeit und des Geheimnisvollen um-
schwebte, so war den Buchstaben und den Zahlen die Macht zugetraut,
Segen oder Fluch stiften zu können.
Gerade diejenigen, die sich zuerst wissenschaftlich mit der Mathematik
beschäftigten, die Astronomen, die Astrologen, die Naturphilosophen, die
sich der Erforschung des Weltbildes widmeten, sie unterlagen zuerst der
Versuchung, die Zahl zum Symbol geheimnisvoller Vorgänge zu gestalten.
Mag auch bald bewußter Betrug mitgespielt und manchen Gelehrten ver-
anlaßt haben, aus dem Aberglauben, also auch aus dem Zahlenaberglauben,
der unwissenden Menge ein Geschäft zu machen, so ließen sich doch von den
merkwürdigen Feststellungen, die ihnen die Mathematik bot, selbst Männer
der Wissenschaft gefangennehmen. Es mögen sogar ebendiese Merkwürdig-
keiten, wie sie die Zahlen aufweisen, manchen Gelehrten den Ansporn
dazu gegeben haben, sich gerade deshalb eingehender mit dem Wesen der
Zahl zu beschäftigen, weil man glaubte, dadurch hinter gewisse, sonst unent-
rätselbare Naturgeheimnisse zu kommen. Und wie mancher ausging, das
Geheimnis der ewigen Jugend, die Eoldmacherkunst, den Stein der
Weisen zu entdecken und statt dessen zu anderen und bedeutenden chemisch-
technischen Erfindungen zu gelangen, so fanden auch die Mathematiker,
die Zauberzahlen suchten, andere, für das Gebiet der Zahlenwissenschaft
wertvolle Ergebnisse.
Die Mathematik ist also keineswegs jene trockene Wissenschaft, als die sie
öfters verschrien wird. Wer sich in die Welt der Zahlen vertieft, wird dort
sogar sehr interessante Entdeckungen machen. Nicht jedermann ist es be-
kannt, daß sehr viele Scherzfragen, Stammtischwetten, Gesellschaftsspiele
und andere unterhaltsame Zerstreuungen auf Problemen beruhen, die der
sehr ernsten Mathematik entstammen. Noch wenigerbekannt ist dieTatsache,
daß manche Scherzfrage durch eine einzige Antwort keineswegs als gelöst
angesehen werden darf; die Zahl der Lösungen ist oft sehr bedeutend, sie
geht unter Umständen in die Millionen, Billionen und noch höher.
Scheinbar sehr leichte Aufgaben, reine Kinderspiele, haben berühmte
Mathematiker zu eingehenden Studien veranlaßt und sie angeregt, eben-
falls solche „ganz leichte" Aufgaben zu stellen, die wieder anderen, sehr tüch-
tigen Rechnern, viel Kopfzerbrechen verursachten.
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Deutsches Land, wie bist du so schön! / Nach einem Gemälde von Gustav Traub
von den Geheimnissen der Zahlen
Line mathematische Plauderei von Dr. I. M. Merich
(^m geistigen Leben aller Völker nimmt die Mathematik eine besondere
^-^Stellung dadurch ein, daß sie seit ältesten Zeiten verknüpft ist mit
Mystik und Aberglauben. Es gibt Glücks- und Unglückszahlen, magische
Zahlen, die durch eine bestimmte Anordnung in Dreiecken, Quadraten oder
sonstigen geometrischen Figuren Zauberkräfte entwickeln sollen. Da ur-
sprünglich die Zahlen durch Buchstaben ausgedrückt wurden, den Buch-
staben aber der Nimbus der Heiligkeit und des Geheimnisvollen um-
schwebte, so war den Buchstaben und den Zahlen die Macht zugetraut,
Segen oder Fluch stiften zu können.
Gerade diejenigen, die sich zuerst wissenschaftlich mit der Mathematik
beschäftigten, die Astronomen, die Astrologen, die Naturphilosophen, die
sich der Erforschung des Weltbildes widmeten, sie unterlagen zuerst der
Versuchung, die Zahl zum Symbol geheimnisvoller Vorgänge zu gestalten.
Mag auch bald bewußter Betrug mitgespielt und manchen Gelehrten ver-
anlaßt haben, aus dem Aberglauben, also auch aus dem Zahlenaberglauben,
der unwissenden Menge ein Geschäft zu machen, so ließen sich doch von den
merkwürdigen Feststellungen, die ihnen die Mathematik bot, selbst Männer
der Wissenschaft gefangennehmen. Es mögen sogar ebendiese Merkwürdig-
keiten, wie sie die Zahlen aufweisen, manchen Gelehrten den Ansporn
dazu gegeben haben, sich gerade deshalb eingehender mit dem Wesen der
Zahl zu beschäftigen, weil man glaubte, dadurch hinter gewisse, sonst unent-
rätselbare Naturgeheimnisse zu kommen. Und wie mancher ausging, das
Geheimnis der ewigen Jugend, die Eoldmacherkunst, den Stein der
Weisen zu entdecken und statt dessen zu anderen und bedeutenden chemisch-
technischen Erfindungen zu gelangen, so fanden auch die Mathematiker,
die Zauberzahlen suchten, andere, für das Gebiet der Zahlenwissenschaft
wertvolle Ergebnisse.
Die Mathematik ist also keineswegs jene trockene Wissenschaft, als die sie
öfters verschrien wird. Wer sich in die Welt der Zahlen vertieft, wird dort
sogar sehr interessante Entdeckungen machen. Nicht jedermann ist es be-
kannt, daß sehr viele Scherzfragen, Stammtischwetten, Gesellschaftsspiele
und andere unterhaltsame Zerstreuungen auf Problemen beruhen, die der
sehr ernsten Mathematik entstammen. Noch wenigerbekannt ist dieTatsache,
daß manche Scherzfrage durch eine einzige Antwort keineswegs als gelöst
angesehen werden darf; die Zahl der Lösungen ist oft sehr bedeutend, sie
geht unter Umständen in die Millionen, Billionen und noch höher.
Scheinbar sehr leichte Aufgaben, reine Kinderspiele, haben berühmte
Mathematiker zu eingehenden Studien veranlaßt und sie angeregt, eben-
falls solche „ganz leichte" Aufgaben zu stellen, die wieder anderen, sehr tüch-
tigen Rechnern, viel Kopfzerbrechen verursachten.