Heft 4
„Es ist ganz nahe von hier," sagte der Medizinalrat, „ein vornehmes und
sehr komfortables Bad. Die Badefrau ist eine gute Bekannte von mir, eine
würdige und zuverlässige Dame, über zweihundert Jahre alt, es ist alle
Bequemlichkeit vorhanden, und die Badeeinrichtungen sind nach euro-
päischem Muster."
Beide Medizinalräte nahmen den alten Affen in die Mitte und führten
ihn nach dem Badeort. Sie stelzten hochbeinig und würdevoll, sie gestiku-
lierten mit den Flügeln und redeten eifrig über den Klionrriatisrrms wmscm-
lorurri. Die ganze Affenschar folgte ihnen schnatternd und voller Erwartung.
Bald waren sie angelangt. Es war ein sehr vornehmer Badeort, am Ufer
des Nils, wirklich ganz europäisch und voller Schlamm. Auf den Bäumen
am Ufer saßen die Papageien, einer bunter als der andere, und schwatzten
über die neuesten Nachrichten. Der Badestrand war frei und wurde gerade
von einem Rhinozeros glatt gestrampelt.
„Ist das die Badefrau, mit zwei Hörnern auf der Nase?" fragte der alte
Affe besorgt.
„Nein, das ist die Obrigkeit dieses Badeortes," erklärten die Marabus,
„sie trampelt alles zusammen, damit es einheitlich aussieht. Es ist überhaupt
ein ganz europäischer Ort."
Das Rhinozeros trampelte emsig, schnüffelte mit der Nase in allem herum
und steckte sein Horn in Dinge, die es nichts angingen. Wenn es etwas ganz
Zweckloses fand, dann grunzte es vor Vergnügen.
„Mutz die Obrigkeit so sein?" fragte der alte Affe.
„Hierüber sind die klinischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen,"
sagte der Geheime Medizinalrat.
„Hier, der große dicke Herr ist der Bademeister," sagte der Medizinalrat
und zeigte mit dem Flügel auf einen Elefanten, der den langen Rüssel hin
und her bewegte. „Er spritzt sie nach dem Bade mit dem Schlauch ab. Er
tut es aus lauter Gefälligkeit, es ist ein sehr wertvolles therapeutisches
Mittel. Dazwischen trompetet er, um die Badekapelle zu ersetzen. Eine
solche haben wir noch nicht, wir stehen aber mit einigen Hyänen in Ver-
handlung, die regelmäßig jeden Abend Wüstencouplets singen sollen. Leider
verlangen sie für ihre Mühe, jemand aufzufressen, und solange wir noch
nicht viel Badegäste haben, ist uns das zu kostspielig. Hier diese Äffchen
hausieren. Sie sehen, es ist ein richtiges Modebad."
Die drei kleinen Affen tanzten um den alten Affen herum.
„Fellkratzen, Frisieren, Flöhe fangen, Läuse suchen — kostet eine Bir-
mane — im Abonnement billiger!" rief der eine.
„Ach was," knurrte der alte Affe, „mein Grundsatz ist: Lause zu Hause!
Ich wollte, ich wäre auf meinem Baum."
Die beiden anderen Äffchen näherten sich.
„Trockene Blätter zum Frottieren gefällig? Eine Dattel das Stück,
schöne trockene Frottierblütter!"
„Kokosschalen, Schilfringe, hübsche Andenken gefällig?"
„Werde auch so an dieses Bad denken, solange ich lebe,"sagtederalteAffe.
„Hier ist die Badestelle," sagte der Geheime Medizinalrat, „Sie brauchen
nur die Beine mit dem Klmurnatisrnnsmusenloruirt hineinzustecken, wenn
es Ihnen unangenehm sein sollte, ganz unterzutauchen. Wenn die Beine
drin sind, zieht es das Blut nach unten."
„Und die Flöhe nach oben," sagte der alte Affe.
Aus dem Flusse klang ein schreckliches Schnarchen, Grunzen und Gurgeln,
und ein Nilpferd tauchte auf.
„Die Badefrau!" rief der Medizinalrat erfreut und winkte mit der Kralle.
„Dieser Patient will ein Schlammbad nehmen, lZalnsa lirnosa, er leidet an
Klasnuaatisirms irmsonlorniri."
„Das ist die Badefrau?" schrie der alte Affe. „Ich will nach Hause! Ich
will auf meinen Baum!"
Die Badefrau lächelte mit dem Munde von einigen Metern und machte
sich daran, das Schlammbad aufzuwühlen, was ihr vortrefflich gelang,
denn es war eine sehr erfahrene und tüchtige Person.
„Ich will nach Hause!" schrie der alte Affe und schob die dünnen Stelzen
der beiden Medizinalräte beiseite.
„Hinein mit Ihnen!" kommandierte das Rhinozeros. „Machen Sie keine
Umstände, andere wollen auch noch baden, und ich selbst will hinein!"
„Bitte, bitte, nach Ihnen," sagte der alte Affe, aber schon fühlte er das
obrigkeitliche Horn der Nase im Rücken und fiel kopfüber ins Wasser, bei-
nahe in die Arme der Badefrau.
In einer Sekunde war er wieder draußen, grün und unkenntlich vor
Schlamm. In diesem Augenblick spritzte der Bademeister mit seinem Rüssel,
und dem alten Affen war es, als sause derKlasnrriatisnanKirinsonlorurriaus
den Beinen in die Hände, aus den Händen in den Kopf, aus dem Kopf in
den Schwanz und aus dem Schwanz heraus. Denn der Elefant war ein
Meister der Dusche. Die Marabus kakelten beifällig, die Badefrau lächelte
freundlich, und die Affenfamilie johlte vor Vergnügen.
Neben der Badefrau aber tauchte ein Krokodil auf, grünlich und mit
blinzelnden Augen.
„Massage gefällig?" fragte es und zeigte empfehlend die Tatzen. „Massage
gefällig?"
Der alte Affe sprang mit einem unwahrscheinlich großen Satz vom Bade-
strand fort in einen sicheren Hintergrund.
„Wie denken Sie über den Fall, Herr Kollege," fragte der Geheime
Medizinalrat, „ist dies eine geprüfte Masseuse?"
„Mir scheint, dies ist mehr eine Masseuse, die andere geprüft hat," sagte
der Medizinalrat.
„Über die Zweckmäßigkeit der Massage mit Krokodilstatzen sind die kli-
nischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen," sagte der Geheime Me-
dizinalrat.
„Ich kenne diese Masseuse," sagte der Medizinalrat, „sie hat einmal
einen Patienten von mir massiert, der ebenfalls an Klmnrrmtisirms rrmscm-
loruna litt. Der Rheumatismus verlor sich bei der Massage, aber der Patient
auch. Ich habe seitdem diese Masseuse nicht mehr empfehlen können, Herr
Kollege."
„Begreiflich, sehr begreiflich, Herr Kollege," sagte der Geheime Medi-
zinalrat, „es stehen immer noch manche Arzte auf dem Standpunkt, daß
die Beseitigung der Krankheit nicht unbedingt mit der gleichzeitigen Be-
seitigung des Patienten erfolgen müsse. Aber auch hierüber sind die kli-
nischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen."
Beide sahen sich nach dem alten Affen um. Aber der war verschwunden
und die ganze Affenfamilie mit ihm. Sie hatten den Anblick der Masseuse
nicht ertragen können.
m anderen Tage machten sich die beiden Medizinalräte auf den Weg,
um dem alten Affen einen Krankenbesuch abzustatten. Sie kamen aber
nicht weit. Der alte Affe saß auf seinem Baum und schmiß mit Kokosnüssen.
Die eine Kokosnuß traf den Medizinalrat auf den Kopf, so daß er eine
Beule davontrug, die erheblich schwoll.
„Ich muß diese Beule kühlen, Herr Kollege", sagte der Medizinalrat,
„auch habe ich den Eindruck, daß wir von dem geplanten Krankenbesuche
lieber absehen wollen."
„Begreiflich, sehr begreiflich, Herr Kollege", und beide zogen sich an einen
Bach zurück. Hier kühlte der Medizinalrat seine Beule, und der Geheime
Medizinalrat trug das Ergebnis der Badekur sorgsam in sein Krankenbuch
aus Palmenblättern ein. „Patient ein hochgestellter Affe—Klwnrrmtisnans
rluisonloruni in den Beinen — autosuggestive Methode und Psychoanalyse
vergeblich — Badekur, Schlammbad, Lalnsu limosa — Patient geheilt,
schmeißt jedoch mit Kokosnüssen, ckaetatio nrmis— bis zur Beulenbildung
beim behandelnden Medizinalrat, Kopfbeule, Nnrrior crapitis. — Ob ckae-
batio iuiois Folgeerscheinung von lZstrwa limosa oder Nachkrankheit von
Klisuniatisnms rrmseulornrri, darüber sind die klinischen Untersuchungen
noch nicht abgeschlossen."
„Es ist ganz nahe von hier," sagte der Medizinalrat, „ein vornehmes und
sehr komfortables Bad. Die Badefrau ist eine gute Bekannte von mir, eine
würdige und zuverlässige Dame, über zweihundert Jahre alt, es ist alle
Bequemlichkeit vorhanden, und die Badeeinrichtungen sind nach euro-
päischem Muster."
Beide Medizinalräte nahmen den alten Affen in die Mitte und führten
ihn nach dem Badeort. Sie stelzten hochbeinig und würdevoll, sie gestiku-
lierten mit den Flügeln und redeten eifrig über den Klionrriatisrrms wmscm-
lorurri. Die ganze Affenschar folgte ihnen schnatternd und voller Erwartung.
Bald waren sie angelangt. Es war ein sehr vornehmer Badeort, am Ufer
des Nils, wirklich ganz europäisch und voller Schlamm. Auf den Bäumen
am Ufer saßen die Papageien, einer bunter als der andere, und schwatzten
über die neuesten Nachrichten. Der Badestrand war frei und wurde gerade
von einem Rhinozeros glatt gestrampelt.
„Ist das die Badefrau, mit zwei Hörnern auf der Nase?" fragte der alte
Affe besorgt.
„Nein, das ist die Obrigkeit dieses Badeortes," erklärten die Marabus,
„sie trampelt alles zusammen, damit es einheitlich aussieht. Es ist überhaupt
ein ganz europäischer Ort."
Das Rhinozeros trampelte emsig, schnüffelte mit der Nase in allem herum
und steckte sein Horn in Dinge, die es nichts angingen. Wenn es etwas ganz
Zweckloses fand, dann grunzte es vor Vergnügen.
„Mutz die Obrigkeit so sein?" fragte der alte Affe.
„Hierüber sind die klinischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen,"
sagte der Geheime Medizinalrat.
„Hier, der große dicke Herr ist der Bademeister," sagte der Medizinalrat
und zeigte mit dem Flügel auf einen Elefanten, der den langen Rüssel hin
und her bewegte. „Er spritzt sie nach dem Bade mit dem Schlauch ab. Er
tut es aus lauter Gefälligkeit, es ist ein sehr wertvolles therapeutisches
Mittel. Dazwischen trompetet er, um die Badekapelle zu ersetzen. Eine
solche haben wir noch nicht, wir stehen aber mit einigen Hyänen in Ver-
handlung, die regelmäßig jeden Abend Wüstencouplets singen sollen. Leider
verlangen sie für ihre Mühe, jemand aufzufressen, und solange wir noch
nicht viel Badegäste haben, ist uns das zu kostspielig. Hier diese Äffchen
hausieren. Sie sehen, es ist ein richtiges Modebad."
Die drei kleinen Affen tanzten um den alten Affen herum.
„Fellkratzen, Frisieren, Flöhe fangen, Läuse suchen — kostet eine Bir-
mane — im Abonnement billiger!" rief der eine.
„Ach was," knurrte der alte Affe, „mein Grundsatz ist: Lause zu Hause!
Ich wollte, ich wäre auf meinem Baum."
Die beiden anderen Äffchen näherten sich.
„Trockene Blätter zum Frottieren gefällig? Eine Dattel das Stück,
schöne trockene Frottierblütter!"
„Kokosschalen, Schilfringe, hübsche Andenken gefällig?"
„Werde auch so an dieses Bad denken, solange ich lebe,"sagtederalteAffe.
„Hier ist die Badestelle," sagte der Geheime Medizinalrat, „Sie brauchen
nur die Beine mit dem Klmurnatisrnnsmusenloruirt hineinzustecken, wenn
es Ihnen unangenehm sein sollte, ganz unterzutauchen. Wenn die Beine
drin sind, zieht es das Blut nach unten."
„Und die Flöhe nach oben," sagte der alte Affe.
Aus dem Flusse klang ein schreckliches Schnarchen, Grunzen und Gurgeln,
und ein Nilpferd tauchte auf.
„Die Badefrau!" rief der Medizinalrat erfreut und winkte mit der Kralle.
„Dieser Patient will ein Schlammbad nehmen, lZalnsa lirnosa, er leidet an
Klasnuaatisirms irmsonlorniri."
„Das ist die Badefrau?" schrie der alte Affe. „Ich will nach Hause! Ich
will auf meinen Baum!"
Die Badefrau lächelte mit dem Munde von einigen Metern und machte
sich daran, das Schlammbad aufzuwühlen, was ihr vortrefflich gelang,
denn es war eine sehr erfahrene und tüchtige Person.
„Ich will nach Hause!" schrie der alte Affe und schob die dünnen Stelzen
der beiden Medizinalräte beiseite.
„Hinein mit Ihnen!" kommandierte das Rhinozeros. „Machen Sie keine
Umstände, andere wollen auch noch baden, und ich selbst will hinein!"
„Bitte, bitte, nach Ihnen," sagte der alte Affe, aber schon fühlte er das
obrigkeitliche Horn der Nase im Rücken und fiel kopfüber ins Wasser, bei-
nahe in die Arme der Badefrau.
In einer Sekunde war er wieder draußen, grün und unkenntlich vor
Schlamm. In diesem Augenblick spritzte der Bademeister mit seinem Rüssel,
und dem alten Affen war es, als sause derKlasnrriatisnanKirinsonlorurriaus
den Beinen in die Hände, aus den Händen in den Kopf, aus dem Kopf in
den Schwanz und aus dem Schwanz heraus. Denn der Elefant war ein
Meister der Dusche. Die Marabus kakelten beifällig, die Badefrau lächelte
freundlich, und die Affenfamilie johlte vor Vergnügen.
Neben der Badefrau aber tauchte ein Krokodil auf, grünlich und mit
blinzelnden Augen.
„Massage gefällig?" fragte es und zeigte empfehlend die Tatzen. „Massage
gefällig?"
Der alte Affe sprang mit einem unwahrscheinlich großen Satz vom Bade-
strand fort in einen sicheren Hintergrund.
„Wie denken Sie über den Fall, Herr Kollege," fragte der Geheime
Medizinalrat, „ist dies eine geprüfte Masseuse?"
„Mir scheint, dies ist mehr eine Masseuse, die andere geprüft hat," sagte
der Medizinalrat.
„Über die Zweckmäßigkeit der Massage mit Krokodilstatzen sind die kli-
nischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen," sagte der Geheime Me-
dizinalrat.
„Ich kenne diese Masseuse," sagte der Medizinalrat, „sie hat einmal
einen Patienten von mir massiert, der ebenfalls an Klmnrrmtisirms rrmscm-
loruna litt. Der Rheumatismus verlor sich bei der Massage, aber der Patient
auch. Ich habe seitdem diese Masseuse nicht mehr empfehlen können, Herr
Kollege."
„Begreiflich, sehr begreiflich, Herr Kollege," sagte der Geheime Medi-
zinalrat, „es stehen immer noch manche Arzte auf dem Standpunkt, daß
die Beseitigung der Krankheit nicht unbedingt mit der gleichzeitigen Be-
seitigung des Patienten erfolgen müsse. Aber auch hierüber sind die kli-
nischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen."
Beide sahen sich nach dem alten Affen um. Aber der war verschwunden
und die ganze Affenfamilie mit ihm. Sie hatten den Anblick der Masseuse
nicht ertragen können.
m anderen Tage machten sich die beiden Medizinalräte auf den Weg,
um dem alten Affen einen Krankenbesuch abzustatten. Sie kamen aber
nicht weit. Der alte Affe saß auf seinem Baum und schmiß mit Kokosnüssen.
Die eine Kokosnuß traf den Medizinalrat auf den Kopf, so daß er eine
Beule davontrug, die erheblich schwoll.
„Ich muß diese Beule kühlen, Herr Kollege", sagte der Medizinalrat,
„auch habe ich den Eindruck, daß wir von dem geplanten Krankenbesuche
lieber absehen wollen."
„Begreiflich, sehr begreiflich, Herr Kollege", und beide zogen sich an einen
Bach zurück. Hier kühlte der Medizinalrat seine Beule, und der Geheime
Medizinalrat trug das Ergebnis der Badekur sorgsam in sein Krankenbuch
aus Palmenblättern ein. „Patient ein hochgestellter Affe—Klwnrrmtisnans
rluisonloruni in den Beinen — autosuggestive Methode und Psychoanalyse
vergeblich — Badekur, Schlammbad, Lalnsu limosa — Patient geheilt,
schmeißt jedoch mit Kokosnüssen, ckaetatio nrmis— bis zur Beulenbildung
beim behandelnden Medizinalrat, Kopfbeule, Nnrrior crapitis. — Ob ckae-
batio iuiois Folgeerscheinung von lZstrwa limosa oder Nachkrankheit von
Klisuniatisnms rrmseulornrri, darüber sind die klinischen Untersuchungen
noch nicht abgeschlossen."