bei ihrer Schönheit. Eine Frau von so vollendeter Vornehmheit
und Anmut hatte seinen Weg noch nicht gekreuzt. Mit schneller
Bewegung beugte er sich und zog ihre Hand an die Lippen, sie
kaum berührend, und wie er sich wieder aufrichtete, war er bereits
vollkommen Herr der ersten Überraschung.
Schau, schau, dachte die Fürstin. Er hat eine gute Kinderstube
gehabt. Man sagt, daß es das unter den deutschen Bürgersamilien
geben soll. Die Maria kann mit diesem Verehrer immerhin ge-
sehen werden.
„Ich danke Ihnen aufrichtig, daß Sie mich gerufen haben,"
sagte Heinz Godesberg, als sie um den kleinen Teetisch saßen und
das Zöfchen die Tassen reichte. „Was befehlen Sie, daß Ihr
ergebener Diener tun und leisten soll?"
„Nur eine Kleinigkeit, aber für uns etwas Großes. Raten Sie
uns, wohin wir den Sommer gehen sollen. Hier in München
wollen wir nicht bleiben. Wir sehnen uns nach ein wenig Grün.
Vielleicht nach den Bergen, vielleicht nach einem See, wo wir
rudern können, segeln, auch einmal schwimmen. Gibt es so etwas
hier in der Umgegend? Zu weit möchten wir nicht fort von
München. Was meinst du, Elen?"
„Ich bin im voraus mit allem einverstanden, was du be-
schließen wirst. Sie glauben ja nicht, Herr Godesheim, wie ich
unter dem Pantoffel meiner Schwester stehe. Sie weiß ihn so
glänzend zu regieren, daß man vollkommen willenlos ist."
„Glücklich der, der unter solchem Pantöffelchen leben darf,"
sagte der galante Heinz. Und meinte, was er sagte.
Sie einigten sich auf Leoni am Starnberger See. Weit genug
von der Stadt, um Natur zu gewähren, nah genug, um jederzeit
hineinkommen zu können.
Als er ging — man nötigte ihn nicht zum Bleiben, es ging alles
sehr korrekt zu—-, sagte Elena lächelnd: „Und wenn Ihre Arbeit
Sie nicht allzusehr in Anspruch nimmt, werden zwei schutzlose
Frauen immer gern bereit sein, Sie zu empfangen und Ihren Rat
zu hören. Ich fürchte, es wird da in dem Ort — wie hieß er noch?
— Leoni etwas langweilig werden."
Nach den letzten Worten hatte er kein Recht, sich sonderlich aus-
gezeichnet zu fühlen durch diese Aufforderung.
aria war selig in dem stillen Ort am See, der um diese Zeit
noch nicht von Reisenden überschwemmt war. Elena lang-
weilte sich. Am vierten Tage bereits schrieb sie Godesheim eine Karte,
daß sie dringend eines Rates bedürfe in bezug auf einen Ausflug
in die Berge, von dem sie sich alles erdenkliche Unterhaltende
versprach. Als sie aber dann mit ihm und Maria auf den Wendel-
stein gefahren war, legte sie sich drei Tage auf der Pensions-
veranda in den Schaukelstuhl und behauptete, ihre Nerven seien
vollkommen zerstört von der wahnsinnigen Fahrt mit der Draht-
seilbahn. Sie stürze immer kopfüber in irgend einen greulichen
Abgrund, sobald sie nur die Augen schlösse. Und von den Bergen
habe sie ein für allemal genug. Da machte es sich so allmählich
von selber, daß Maria alle acht bis vierzehn Tage einmal zu-
sammen mit Godesheim eine Wanderung in die Umgegend machte,
während Elena daheim in französischen Romanen schmökerte.
Auf diesen Wanderungen oder Ruderpartien waren sie zwei