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Das B u ch für Alte
Heft 6
der doch eben noch nicht da war, gekommen. Also dieser Todfeind der Affen
hatte diese so in Wut versetzt. Und neugierig war ich im höchsten Grade, was
sich nun weiter ereignen würde, zumal ich auch, noch weit hinten in der
Steppe, ein Nashorn bemerkte, das ebenfalls der Tränke zutrottete.
Eine Weile windete der Leopard aufmerksam nach allen Richtungen,
während sein Schwanz langsam hin und her pendelte. Dann trat er einige
Schritte vorwärts und blickte lange mißtrauisch auf das ziemlich flache
Wasser; offenbar schaute er nach etwaigen Krokodilen aus. Endlich trat er
dicht an das Wasser heran, beugte sich nieder und begann nun langsam,
fast schlemmerhaft seinen Durst zu stillen. Gründlich packte mich nun die
Lust, ihn abzuschietzen. Aber die Neugier, was sich weiter begeben würde,
überwog. So kam er mit dem Leben davon. Sein Durst mutzte grotz sein,
denn immer noch leckte er die stillende Flüssigkeit. Das Nashorn war in-
zwischen ganz nahe herangekommen. Den Leoparden konnte es noch nicht
sehen, da der Wechsel, auf dem es heranzog, einen Bogen zum Flusse
machte und dichtes Buschwerk die Aussicht völlig verdeckte.
Meine Aufregung war langsam bis zum Siedepunkt gestiegen, denn
jeden Augenblick mutzte die Begegnung stattfinden. Nun bog das Nashorn
um die Büsche herum, erblickte den Leoparden und stutzte sekundenlang.
So lautlos schreiten diese Dickhäuter daher, datz die Katze nicht das geringste
davon merkte. Dann senkte das Nashorn langsam den Kopf und fegte wie
ein Ungewitter, prustend und schnaubend, auf den Leoparden los, der sich
mit einem entsetzten: „Uää—rrr!" blitzschnell seitwärts warf und mit einigen
gewaltigen Sätzen in dem dichten Buschwerk verschwunden war. Mitten
im Wasser hielt das Nashorn und blickte, immer noch schnaubend, mit einem
furchtbar dummen Gesicht der Raubkatze nach. Dann beugte es sich nieder,
trank ein wenig, brauste durch das Wasser und galoppierte in der entgegen-
gesetzten Richtung davon, datz Kies und Wurzeln stoben. Still und öde lag
wieder der Tränkplatz, dem jetzt aus der Steppe ein Rudel Zebras zustrebte.
Nicht immer verläuft eine Begegnung zwischen Mensch und Nashorn
dramatisch. Es kommen auch Fälle vor, die eher die Lachmuskeln in Be-
wegung setzen, als das Herz schneller schlagen machen. So war ich einst
hinter einer Schraubenantilope mit hohem Blattschutz her, deren Gehörn ich
mir schon lange gewünscht hatte. Aus der Dickung auf eine Lichtung hinaus-
tretend, sah ich mich plötzlich einem Nashornbullen gegenüber, der die
andere Seite der Lichtung besetzt hielt. Wer von uns beiden damals ver-
blüffter war, wird sich wohl nie feststellen lassen. Stocksteif blieb ich stehen.
Der Bulle warf langsam und phlegmatisch den Kopf hin und her und blin-
zelte mich mal aus dem rechten, mal aus dem linken Auge — fast möchte
ich sagen spöttisch — an. Dann dehnte und streckte er sich ausgiebig, drehte
mir gelassen seine breite Rückseite zu und trollte davon.
Mie gesagt, solch ein Nashorn ist ganz unberechenbar in seinen Launen!—
Bei der Jagd auf Nashörner hat man autzer mit dem Winde auch noch
mit den unvermeidlichen „Madenhackern" zu rechnen. Es sind das kleine
Vögel, die die ruhenden Nashörner besuchen und von allerlei Schmarotzern
befreien, ein ganz eigenartiges Zusammenleben. Und nicht allein diesen
Liebesdienst erweisen die kleinen Tierchen dem Nashorn, sondern sie war-
nen es auch vor einer herannahenden Gefahr, indem sie unter schrillem
Gezwitscher bei Annäherung einer solchen eilig auffliegen. Durch den
schrillen Laut gewarnt, erhebt sich das Nashorn blitzschnell, um je nach den
Umständen flüchtig zu werden, den Angreifer anzunehmen oder — sich
wieder niederzulassen.
Die Ungeheuern Gebiete Afrikas gewähren auch heute noch Tausenden
von ihnen Unterkunft und Lebensmöglichkeit. Datz aber die gänzliche Aus-
rottung des Nashorns bevorsteht und auch nach nicht allzu vielen Jahrzehn-
ten eintreten wird, ist gewitz. So wird denn ein Tier, das in der unendlich
fernliegenden Oligozänzeit bereits auftaucht, in Milliarden von Exem-
plaren im Laufe der Jahrtausende die Erde bevölkert hat, für die Ewig-
keit gepanzert und gewappnet schien, dem winzigen Metallstückchen zum
Opfer fallen, das schon so viele Lücken in das Leben der Erde gerissen hat!
Ein .erlegtes Nashorn, neben dem Horn befindet sich die Schußwunde
Das B u ch für Alte
Heft 6
der doch eben noch nicht da war, gekommen. Also dieser Todfeind der Affen
hatte diese so in Wut versetzt. Und neugierig war ich im höchsten Grade, was
sich nun weiter ereignen würde, zumal ich auch, noch weit hinten in der
Steppe, ein Nashorn bemerkte, das ebenfalls der Tränke zutrottete.
Eine Weile windete der Leopard aufmerksam nach allen Richtungen,
während sein Schwanz langsam hin und her pendelte. Dann trat er einige
Schritte vorwärts und blickte lange mißtrauisch auf das ziemlich flache
Wasser; offenbar schaute er nach etwaigen Krokodilen aus. Endlich trat er
dicht an das Wasser heran, beugte sich nieder und begann nun langsam,
fast schlemmerhaft seinen Durst zu stillen. Gründlich packte mich nun die
Lust, ihn abzuschietzen. Aber die Neugier, was sich weiter begeben würde,
überwog. So kam er mit dem Leben davon. Sein Durst mutzte grotz sein,
denn immer noch leckte er die stillende Flüssigkeit. Das Nashorn war in-
zwischen ganz nahe herangekommen. Den Leoparden konnte es noch nicht
sehen, da der Wechsel, auf dem es heranzog, einen Bogen zum Flusse
machte und dichtes Buschwerk die Aussicht völlig verdeckte.
Meine Aufregung war langsam bis zum Siedepunkt gestiegen, denn
jeden Augenblick mutzte die Begegnung stattfinden. Nun bog das Nashorn
um die Büsche herum, erblickte den Leoparden und stutzte sekundenlang.
So lautlos schreiten diese Dickhäuter daher, datz die Katze nicht das geringste
davon merkte. Dann senkte das Nashorn langsam den Kopf und fegte wie
ein Ungewitter, prustend und schnaubend, auf den Leoparden los, der sich
mit einem entsetzten: „Uää—rrr!" blitzschnell seitwärts warf und mit einigen
gewaltigen Sätzen in dem dichten Buschwerk verschwunden war. Mitten
im Wasser hielt das Nashorn und blickte, immer noch schnaubend, mit einem
furchtbar dummen Gesicht der Raubkatze nach. Dann beugte es sich nieder,
trank ein wenig, brauste durch das Wasser und galoppierte in der entgegen-
gesetzten Richtung davon, datz Kies und Wurzeln stoben. Still und öde lag
wieder der Tränkplatz, dem jetzt aus der Steppe ein Rudel Zebras zustrebte.
Nicht immer verläuft eine Begegnung zwischen Mensch und Nashorn
dramatisch. Es kommen auch Fälle vor, die eher die Lachmuskeln in Be-
wegung setzen, als das Herz schneller schlagen machen. So war ich einst
hinter einer Schraubenantilope mit hohem Blattschutz her, deren Gehörn ich
mir schon lange gewünscht hatte. Aus der Dickung auf eine Lichtung hinaus-
tretend, sah ich mich plötzlich einem Nashornbullen gegenüber, der die
andere Seite der Lichtung besetzt hielt. Wer von uns beiden damals ver-
blüffter war, wird sich wohl nie feststellen lassen. Stocksteif blieb ich stehen.
Der Bulle warf langsam und phlegmatisch den Kopf hin und her und blin-
zelte mich mal aus dem rechten, mal aus dem linken Auge — fast möchte
ich sagen spöttisch — an. Dann dehnte und streckte er sich ausgiebig, drehte
mir gelassen seine breite Rückseite zu und trollte davon.
Mie gesagt, solch ein Nashorn ist ganz unberechenbar in seinen Launen!—
Bei der Jagd auf Nashörner hat man autzer mit dem Winde auch noch
mit den unvermeidlichen „Madenhackern" zu rechnen. Es sind das kleine
Vögel, die die ruhenden Nashörner besuchen und von allerlei Schmarotzern
befreien, ein ganz eigenartiges Zusammenleben. Und nicht allein diesen
Liebesdienst erweisen die kleinen Tierchen dem Nashorn, sondern sie war-
nen es auch vor einer herannahenden Gefahr, indem sie unter schrillem
Gezwitscher bei Annäherung einer solchen eilig auffliegen. Durch den
schrillen Laut gewarnt, erhebt sich das Nashorn blitzschnell, um je nach den
Umständen flüchtig zu werden, den Angreifer anzunehmen oder — sich
wieder niederzulassen.
Die Ungeheuern Gebiete Afrikas gewähren auch heute noch Tausenden
von ihnen Unterkunft und Lebensmöglichkeit. Datz aber die gänzliche Aus-
rottung des Nashorns bevorsteht und auch nach nicht allzu vielen Jahrzehn-
ten eintreten wird, ist gewitz. So wird denn ein Tier, das in der unendlich
fernliegenden Oligozänzeit bereits auftaucht, in Milliarden von Exem-
plaren im Laufe der Jahrtausende die Erde bevölkert hat, für die Ewig-
keit gepanzert und gewappnet schien, dem winzigen Metallstückchen zum
Opfer fallen, das schon so viele Lücken in das Leben der Erde gerissen hat!
Ein .erlegtes Nashorn, neben dem Horn befindet sich die Schußwunde