Die Ruinen des Kriegertempels inChichen-Jtza, die von einer Expedition des Carnegieinstituts ausgegraben wurden. (Preßphoto)
Bevölkerung abhängt. Chichen-Jtza verdankt seinen Namen dem Wasser;
es ist an zwei natürlichen Seen gelegen; das Wort elii bedeutet Mündung,
olion Quelle, während der Stamm der Jtza die Erbauer und Gründer der
Stadt an der Mündung der Quellen war. Der Wasser- und Regengott
Kukulcan, die gefiederte Schlange, war daher auch der oberste Gott und
Schutzpatron der Stadt. Sein Heiligtum befand sich auf einer sechsund¬
zwanzig Meter hohen
Pyramide, zu der von
allen Seiten mächtige
Steintreppen empor-
führten. Der Tempel
enthielt drei Säle: eine
Vorhalle, den eigent-
lichen Tempel und das
Allerheiligste. Hundert-
unddrei Stufen führten
zur Höhe der Pyramide
empor. Dem Heiligtum
des Regengottes gegen-
über in einer Entfer-
nung von etwa dreihun-
dert Meter lag der
Opfersee, Canote ge-
nannt. Es war eine der
beiden Quellen, die der
Stadt ihren Namen ge-
geben hatten; die Bau-
meister der Mayas hat-
ten seine Ufer mit einer
kreisrund en Mauer um-
geben. Jahr für Jahr
verschlang dieser See
die Menschenopfer, die
dem mächtigen Regen-
gott dargebracht wur-
den. Wie viele Kultur-
völker des Altertums
den Geburtenüberschuß
an Mädchen entweder
aussetzten oder den Göt¬
tern opferten, zum Beispiel die Athener alljährlich hundert Jungfrauen dem
Minotaurus, die Phönizier ihre kleinen Kinder dem Moloch und der Astarte,
so weihten die Mayas ihre Jungfrauen dem Wassergott, von dessen gutem
Willen das Gedeihen der Ernte abhing. In festlichem Zug wurden von
Priestern und Mönchen, die eigene, festungsähnliche Klöster bewohnten,
die dem Tod geweihten Mädchen in den Tempel des Gottes geleitet und
dort zur Opferung ein-
Der Eingang zu den wiederausgegrabenen Ruinen des Kriegertempels in Ehichen-Jtza. (Phot. Ufa)
gesegnet.Dannbewegte
sich die Prozession unter
Gesang und Musik durch
die breite Via 8ewra,
die Heilige Straße, zum
See. Dort befand sich
ein kleinerer Tempel,
in dem noch ein letztes
Opfer dargebracht wur-
de. Wenn der Rauch der
Opferfeuer vom Dach
des Tempels aufstieg,
wurden die Mädchen
von einer Plattform
neben dem Tempel in
die Fluten gestoßen,
während die Gläubigen
Schmucksachen und an-
dere Opfergaben nach-
warfen. Wohl sechshun-
dert Jahre sind vergan-
gen, seit zum letztenmal
unschuldige Mädchen
auf diese Weise dem
Regengott vonChichen-
Jtza geopfert wurden.
Die Heilige Stadt ist
längst ausgestorben und
verödet, die toten Prie-
ster Kukulcans schla-
fen unter den Stein-
fliesender großenPyra-
mide, die sich zwischen
dem Kloster und dem
„roten Haus" erhebt.
Die Lehmbütten der