Heft 28 Das Buch für Alle
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sind, beweist eine sehr interessante Statistik, die Dr. Kaestner im „Sta-
tistischen Jahrbuch deutscher Städte" über die Entwicklung der Gas-
preise in Deutschland aufgemacht hat. Kaestner kommt zu dem Ergebnis,
daß in den von ihm untersuchten Städten (insgesamt 88 Städte über
50 000 Einwohner) überall die Städte mit eigener Gasversorgung die
höchsten Tarife aufzuweisen hätten, während die auf ausschließlichen Koks-
gasbezug eingerichteten Kommunen in allen Fällen die niedrigsten Tarife
besäßen; teilweise sind Unterschiede von 40 bis 50 Prozent vorhanden.
Bei Preisvergleichen darf nicht übersehen werden, daß viele Kommunen
ihren Angehörigen die Vorteile aus der Ferngasversorgung weniger un-
mittelbar in Gestalt billiger Gaspreise zugute kommen lassen als indirekt
in der Niedrighaltung von Steuern. Es gibt Kommunen, die aus dem
Ferngasbezug einen derartig hohen Teil ihres Finanzbedarfs decken, daß
sich je Kopf Steuerersparnisse von 20 Mark ergeben. Praktisch betrachtet
wird vermutlich die Durchführung der Ferngasversorgung verbunden sein
mit der Erhebung eines
Einheitstarifs für das
ganze Deutsche Reich,
der natürlich für Gro߬
verbraucher eine nicht
unbeträchtliche Staffe¬
lung der Tarife nach
unten vorsehen würde.
Es ist selbstverständ¬
lich, daß bei einem Plan
von einer grundlegen¬
den und weitreichenden
Bedeutung wie dem der
deutschen Ferngasver¬
sorgung mancherlei Be¬
denken auftauchen. Zu¬
nächst ist gesagt worden,
daß sich für den Berg¬
bau beim Wegfall der
Gaskokserzeugung die
Möglichkeit der Herauf¬
setzung der Preise für
Zechenkoks ergebe.Hier-
zu ist zu bemerken,
daß die Festsetzung der
Brennstoffpreise nicht
Sache des Bergbaues
allein ist, sondern daß
die letzte Entscheidung
i mm er noch b eimReichs-
kohlerrat beziehungs¬
weise beimReichskohlen-
kommissar liegt. Ganz
abgesehen davon wird
das Kohlensyndikat, des¬
sen Hauptsorge schon
seit langer Zeit der Koksabsatz ist, sicher nicht durch höhere Preise seinen
eigenen Absatz gefährden; bei seinem letzten Antrag auf Kohlenpreiserhöhung
hat es zum Beispiel den Koks ausdrücklich ausgenommen. Ein weiteres Be-
denken besteht in Befürchtungen um das Schicksal der Gaswerke beziehungs-
weise der in den Gaswerken beschäftigten Arbeitnehmer. Was die Gaswerke
angeht, so wird man allerdings damit rechnen müssen, daß die unwirtschaft-
lichen Gaswerksbetriebe genau so gut verschwinden werden, wie die un-
rationellen Betriebe aus der übrigen Wirtschaft ausgemerzt worden sind.
Diese Entwicklung läßt sich für die Gasindustrie mit oder ohne Fern-
gasversorgung nicht aufhalten. Etwas anderes ist es dagegen mit den
modernen und lebensfähigen Betrieben. Es besteht nicht die geringste
Veranlassung, auch diese Betriebe stillzulegen. Man wird sie vielmehr
ruhig weiterarbeiten lassen und das von ihnen erzeugte Gas den Fern-
leitungen Zuführen. Schon deshalb ist nicht damit zu rechnen, daß bei der
Durchführung der Ferngasversorgung Arbeitskräfte in größerem Umfange
frei werden. Es wird vielmehr höchstens eine Umstellung der bisherigen
Tätigkeit in Frage kommen, dergestalt, daß die jetzt in der Gaserzeugung
beschäftigten Arbeitskräfte auf die Gasverteilung übergeführt werden. Für
Kontrolle der Leitungen, für Besetzung der Wärterposten, für die Durch-
führung der Propaganda und so weiter findet sich auch in Zukunft ein
reiches Betätigungsfeld, zumal dann, wenn die erwartete Verbrauchs-
steigerung eintritt; dabei sei ganz davon abgesehen, daß durch die Fern-
gasversorgung im Maschinenbau, in der Röhrenerzeugung, im Tiefbau-
gewerbe und so weiter viele Arbeitskräfte zusätzliche Beschäftigung er-
langen werden. Wie wenig berechtigt die in dieser Beziehung vorgebrachten
Bedenken sind, ergibt sich daraus, daß die mit Ferngas versorgte Stadt
Barmen 1909 bei 16,2 Millionen Kubikmeter Gasabgabe 12 Beamte und
112 Arbeiter für die Gaserzeugung und 8 Beamte und 90 Arbeiter für
die Verteilung beschäftigte. Jetzt sind bei 37,5 Millionen Kubikmeter Ab-
gabe noch 12 Beamte
und 131 Arbeiter be-
schäftigt. Der Unter-
schied von 8 Beamten
und 71 Arb eitern konnte
mit Leichtigkeit in an-
deren städtischen Be-
trieben untergebracht
werden; entlassenwurde
keine einzige Person.
Im übrigen überschätzt
man die in der Gas-
versorgung beschäftigte
Personenzahl; sie be-
trägt zurzeit nur rund
60000; von ihr kann
natürlich der größte Teil
in den weiterbetriebe-
nen Gaswerken, bei der
Verteilung, durch Ver-
brauchssteigerung und
so weiter untergebracht
werden, während für
den Rest die Über-
gangszeit so langfristig
ist, daß Schwierigkeiten
auf keinen Fall ein-
treten werden.
Schließlich sei noch
das Moment derSicher-
heit der Versorgung er-
wähnt.Daß Stockungen
in der Ferngasversor-
gung auftret en könnten,
ist praktisch so gut wie
ausgeschlossen. Sogar
Ausstände von längerer Dauer werden Schwierigkeiten wohl kaum be-
reiten. In Deutschland ist noch nie in sämtlichen Bergbaurevieren gleich-
zeitig gestreikt worden. Zur Sicherstellung der Gasversorgung genügen
auch für längere Zeit die jeweiligen Haldenbestände. Die Verkokung und
damit die Gaserzeugung kann mit relativ wenig Arbeitskräften durchge-
führt werden; in den Leitungen sind ebenso wie in den Gasometern und
in den Zwischenstationen sehr große Reservemengen enthalten.
Die Ferngasversorgung wird sich durchsetzen. Darauf deutet schon die
Tatsache hin, daß noch keine der Gemeinden, die bisher Verträge auf
Ferngasversorgung abgeschlossen haben, diese nach Ablauf gekündigt hat.
Diese Tatsache sollte auch dem Skeptiker zu denken geben. Sollten dennoch
Bedenken sachlicher Art vorhanden sein, wird man ihnen gegenüber bei
dem doch auf allen Seiten sicherlich vorhandenen guten Willen Mittel zu
einer Lösung finden.
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Die Hauptstrecken und Verbindungslinien der geplanten Gasfernversorgung Deutschlands
Der Fahrstuhl war bereits in den römischen Fremdenherbergen in Ge-
brauch — er ist also keine Erfindung der Neuzeit.
Der Hopfen wird zum ersten Male im Jahre 65 nach Christi Geburt von
dem römischen Schriftsteller Plinius erwähnt; die ersten Bierbrauer
in unserem Sinne waren die Osseten, ein Bergvolk im Kaukasus.
Die ersten Wettkämpfe auf Schlittschuhen wurden im Jahre 1801 in
Groningen in Holland ausgefochten. An ihnen beteiligten sich nur Frauen.
Das Grüßen durch Hutabnehmen ist erst im 17. Jahrhundert allgemein
Sitte geworden. H
Seit 1775 gibt es für Mörder und Diebe keine offiziellen Freistätten mehr
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sind, beweist eine sehr interessante Statistik, die Dr. Kaestner im „Sta-
tistischen Jahrbuch deutscher Städte" über die Entwicklung der Gas-
preise in Deutschland aufgemacht hat. Kaestner kommt zu dem Ergebnis,
daß in den von ihm untersuchten Städten (insgesamt 88 Städte über
50 000 Einwohner) überall die Städte mit eigener Gasversorgung die
höchsten Tarife aufzuweisen hätten, während die auf ausschließlichen Koks-
gasbezug eingerichteten Kommunen in allen Fällen die niedrigsten Tarife
besäßen; teilweise sind Unterschiede von 40 bis 50 Prozent vorhanden.
Bei Preisvergleichen darf nicht übersehen werden, daß viele Kommunen
ihren Angehörigen die Vorteile aus der Ferngasversorgung weniger un-
mittelbar in Gestalt billiger Gaspreise zugute kommen lassen als indirekt
in der Niedrighaltung von Steuern. Es gibt Kommunen, die aus dem
Ferngasbezug einen derartig hohen Teil ihres Finanzbedarfs decken, daß
sich je Kopf Steuerersparnisse von 20 Mark ergeben. Praktisch betrachtet
wird vermutlich die Durchführung der Ferngasversorgung verbunden sein
mit der Erhebung eines
Einheitstarifs für das
ganze Deutsche Reich,
der natürlich für Gro߬
verbraucher eine nicht
unbeträchtliche Staffe¬
lung der Tarife nach
unten vorsehen würde.
Es ist selbstverständ¬
lich, daß bei einem Plan
von einer grundlegen¬
den und weitreichenden
Bedeutung wie dem der
deutschen Ferngasver¬
sorgung mancherlei Be¬
denken auftauchen. Zu¬
nächst ist gesagt worden,
daß sich für den Berg¬
bau beim Wegfall der
Gaskokserzeugung die
Möglichkeit der Herauf¬
setzung der Preise für
Zechenkoks ergebe.Hier-
zu ist zu bemerken,
daß die Festsetzung der
Brennstoffpreise nicht
Sache des Bergbaues
allein ist, sondern daß
die letzte Entscheidung
i mm er noch b eimReichs-
kohlerrat beziehungs¬
weise beimReichskohlen-
kommissar liegt. Ganz
abgesehen davon wird
das Kohlensyndikat, des¬
sen Hauptsorge schon
seit langer Zeit der Koksabsatz ist, sicher nicht durch höhere Preise seinen
eigenen Absatz gefährden; bei seinem letzten Antrag auf Kohlenpreiserhöhung
hat es zum Beispiel den Koks ausdrücklich ausgenommen. Ein weiteres Be-
denken besteht in Befürchtungen um das Schicksal der Gaswerke beziehungs-
weise der in den Gaswerken beschäftigten Arbeitnehmer. Was die Gaswerke
angeht, so wird man allerdings damit rechnen müssen, daß die unwirtschaft-
lichen Gaswerksbetriebe genau so gut verschwinden werden, wie die un-
rationellen Betriebe aus der übrigen Wirtschaft ausgemerzt worden sind.
Diese Entwicklung läßt sich für die Gasindustrie mit oder ohne Fern-
gasversorgung nicht aufhalten. Etwas anderes ist es dagegen mit den
modernen und lebensfähigen Betrieben. Es besteht nicht die geringste
Veranlassung, auch diese Betriebe stillzulegen. Man wird sie vielmehr
ruhig weiterarbeiten lassen und das von ihnen erzeugte Gas den Fern-
leitungen Zuführen. Schon deshalb ist nicht damit zu rechnen, daß bei der
Durchführung der Ferngasversorgung Arbeitskräfte in größerem Umfange
frei werden. Es wird vielmehr höchstens eine Umstellung der bisherigen
Tätigkeit in Frage kommen, dergestalt, daß die jetzt in der Gaserzeugung
beschäftigten Arbeitskräfte auf die Gasverteilung übergeführt werden. Für
Kontrolle der Leitungen, für Besetzung der Wärterposten, für die Durch-
führung der Propaganda und so weiter findet sich auch in Zukunft ein
reiches Betätigungsfeld, zumal dann, wenn die erwartete Verbrauchs-
steigerung eintritt; dabei sei ganz davon abgesehen, daß durch die Fern-
gasversorgung im Maschinenbau, in der Röhrenerzeugung, im Tiefbau-
gewerbe und so weiter viele Arbeitskräfte zusätzliche Beschäftigung er-
langen werden. Wie wenig berechtigt die in dieser Beziehung vorgebrachten
Bedenken sind, ergibt sich daraus, daß die mit Ferngas versorgte Stadt
Barmen 1909 bei 16,2 Millionen Kubikmeter Gasabgabe 12 Beamte und
112 Arbeiter für die Gaserzeugung und 8 Beamte und 90 Arbeiter für
die Verteilung beschäftigte. Jetzt sind bei 37,5 Millionen Kubikmeter Ab-
gabe noch 12 Beamte
und 131 Arbeiter be-
schäftigt. Der Unter-
schied von 8 Beamten
und 71 Arb eitern konnte
mit Leichtigkeit in an-
deren städtischen Be-
trieben untergebracht
werden; entlassenwurde
keine einzige Person.
Im übrigen überschätzt
man die in der Gas-
versorgung beschäftigte
Personenzahl; sie be-
trägt zurzeit nur rund
60000; von ihr kann
natürlich der größte Teil
in den weiterbetriebe-
nen Gaswerken, bei der
Verteilung, durch Ver-
brauchssteigerung und
so weiter untergebracht
werden, während für
den Rest die Über-
gangszeit so langfristig
ist, daß Schwierigkeiten
auf keinen Fall ein-
treten werden.
Schließlich sei noch
das Moment derSicher-
heit der Versorgung er-
wähnt.Daß Stockungen
in der Ferngasversor-
gung auftret en könnten,
ist praktisch so gut wie
ausgeschlossen. Sogar
Ausstände von längerer Dauer werden Schwierigkeiten wohl kaum be-
reiten. In Deutschland ist noch nie in sämtlichen Bergbaurevieren gleich-
zeitig gestreikt worden. Zur Sicherstellung der Gasversorgung genügen
auch für längere Zeit die jeweiligen Haldenbestände. Die Verkokung und
damit die Gaserzeugung kann mit relativ wenig Arbeitskräften durchge-
führt werden; in den Leitungen sind ebenso wie in den Gasometern und
in den Zwischenstationen sehr große Reservemengen enthalten.
Die Ferngasversorgung wird sich durchsetzen. Darauf deutet schon die
Tatsache hin, daß noch keine der Gemeinden, die bisher Verträge auf
Ferngasversorgung abgeschlossen haben, diese nach Ablauf gekündigt hat.
Diese Tatsache sollte auch dem Skeptiker zu denken geben. Sollten dennoch
Bedenken sachlicher Art vorhanden sein, wird man ihnen gegenüber bei
dem doch auf allen Seiten sicherlich vorhandenen guten Willen Mittel zu
einer Lösung finden.
SLNVVMg
Ä
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Es 66!ellSSN6N>26
dlsus F6icilS9N6NI26
3l-6iskOi>l6Nl!LLsSN
LnLSNlkOillSNllLSSN'
Die Hauptstrecken und Verbindungslinien der geplanten Gasfernversorgung Deutschlands
Der Fahrstuhl war bereits in den römischen Fremdenherbergen in Ge-
brauch — er ist also keine Erfindung der Neuzeit.
Der Hopfen wird zum ersten Male im Jahre 65 nach Christi Geburt von
dem römischen Schriftsteller Plinius erwähnt; die ersten Bierbrauer
in unserem Sinne waren die Osseten, ein Bergvolk im Kaukasus.
Die ersten Wettkämpfe auf Schlittschuhen wurden im Jahre 1801 in
Groningen in Holland ausgefochten. An ihnen beteiligten sich nur Frauen.
Das Grüßen durch Hutabnehmen ist erst im 17. Jahrhundert allgemein
Sitte geworden. H
Seit 1775 gibt es für Mörder und Diebe keine offiziellen Freistätten mehr