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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0167
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. 124 <

Haus sowohl das „Rothe Haus", als auch das „Grosse Steinerne Haus"
genannt.*) Gleich nach dem 1650 erfolgten Tode des Johann Porsch
scheinen dessen Erben das stattliche Besitzthum an Johann Ochs, den
Ahnherrn des Geschlechtes der Ochs von Ochsenstein, verkauft zu haben.
Diese Annahme stützt sich auf die Einträge des Leonhardsstifts-Buches
27, fol. 4:1650 nämlich zahlt Porsch zum letzten Male den Grundzins von
5 Gulden 40 Kreuzer, 1651 ist es dagegen Ochs, der den Zins zahlt. Am
21. September 1680 verkaufen die „Ochsischen Administratoren" das Rothe
Haus an die Eheleute Johann Jakob und Katharina Günther für 17250
Gulden. Günther, welcher auch das Gut Bornburg- bei Bornheim, das
nach ihm später Günthersburg genannt wurde, besass, führte den bedeu-
tenden Gasthofsbetrieb, der sich unter Porsch und Ochs schon eines guten
Rufes erfreut hatte, erfolgreich weiter. Verschiedene Aufzeichnungen bei
Lersner beweisen, dass das Rothe Haus damals das vornehmste Hotel
der Stadt war. Es wurde vorzugsweise von Fürstlichkeiten als Absteige-
quartier benutzt und manches glänzende Fest darin gefeiert. Am 24. Februar
1699, dem Tage der in Wien stattgefundenen Vermählung des 1690 zum
römischen König gewählten späteren Josephs I. mit Wilhelmina Amalia,
Herzogin von Hannover, veranstaltete der damalige kaiserliche Bevoll-
mächtigte in Frankfurt, Reichshofrath Graf von Boineburg, ein grosses
Gastmahl im Rothen Hause; „das gantze Hauß ließen sie illuminiren mit
52 Wachs-Fackeln, tractirten die damals anwesenden Gesandten, ließen
rothen und weißen Wein durch den gewöhnlichen hölzernen Adler, so
zwischen dem rothen Haus fest gemacht und gezieret gewesen, springen,
Gold auswerfen und bey jeder Gesundheit drey Gestücke lösen. Den
andern Tag ward E. E. Rath gleich den vorigen Tag wie die Gesandten
tractiret, dritten Tags gegen Abend seind die ledige Geschlechters Söhne
und Töchter tractiret worden." Aber nicht nur durch diesen Bericht
Lersners, sondern auch im Bilde ist diese Begebenheit, soweit sie sich vor
dem Hause abspielte, durch einen gleichzeitigen Kupferstich uns über-
liefert (Fig. 108), und letzterer ist hier von grosser Wichtigkeit, da auf
demselben die Facade in ihrem ersten Zustande zu sehen ist,^) voraus-
gesetzt dass Ochs und Günther keine Aenderungen daran vorgenommen
hatten, für welche indessen weder aktenmässig noch stilkritisch Anhalts-
punkte vorliegen.
Das Rothe Haus muss der vornehmste Vertreter der damaligen
bürgerlichen Baukunst unserer Stadt gewesen sein; auch darf ihm, wie

i) Im Gegensätze zu dem „Steinernen Haus" auf dem Alten Markt. Vgl. oben S. 41.
P Eine weitere vortreffliche Abbildung, welche, was die Facade anbelangt,
mit der obigen übereinstimmt, jedoch von kleinerem Maassstabe ist, findet sich im
Krönungsdiarium Josephs I. (1705). Auf einem die Huldigungsfeierlichkeiten dar-
stellenden Stiche, welche im Namen Josephs von dem Grafen Friedrich Ernst zu Solms
und Tecklenburg entgegengenommen wurden, ist links neben dem Hauptbilde des Römer-
bergs auf einem Schildchen das Rothe Haus dargestellt, da hier der Graf gewohnt hatte.
 
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