—<> * 208
steinlegung, eines damals auch hei anderen bürgerlichen Häusern nicht
unterlassenen, althergebrachten schönen Brauches, erzählt dieser selbst in
einem lateinischen Gespräche zwischen ihm und seinem Vater, welches er
im Dezember 1757 als achtjähriger Knabe zur Hebung im häuslichen
Unterrichte unter dessen Leitung mit deutscher Uebersetzung verfasste.*)
Im Maurerschurz an der Seite des Steinmetzen, umringt von den Maurer-
gesellen durfte der junge Sohn des Bauherrn die Kelle bei der Legung
des Steines führen; die übliche Ansprache hielt der Altgeselle, hatte aber
dabei das Missgeschick in seiner Bede stecken zu bleiben und deshalb von
den Zuschauern ausgelacht zu werden.
Die Treppe, deren Verlauf aus den beigegebenen Grundrissen und
Schnitten genügend ersichtlich ist, besteht in den beiden unteren, zum
ersten Obergeschosse emporführenden, geraden Läufen aus rothem Main-
sandstein; die weiteren, ebenfalls geraden Läufe sind aus Holz, ebenso
die oberen Podeste. Alle Zufälligkeiten, welche sich bei der Anlage einer
Treppe durch den Anschluss der Wangen und Stufen an die Podeste und
Vorplätze ergeben, sind hier sorgfältig gelöst. Der unterste Treppenlauf
und Podest wird auf der rechten Seite durch eine Wand getragen, die
eine kreisrunde Oetfnung hat, um den Raum unter der Treppe, wo die
Fallthüre der Kellertreppe liegt, zu erhellen. Als Stütze für die beiden
Läufe und das Podest ist ein rechteckiger Sandsteinpfeiler mit einem Deck-
gesims, einfachem Sockel und einer Füllung angeordnet, dazu als Gegen-
stück an der westlichen, gegenüber liegenden Wand ein Racher, gleich
gegliederter Pfeiler. Der mit einem Akanthusblatte geschmückte Trag-
stein, welcher an der nördlichen Wand dem Pfeiler entspricht, ist oben
schon erwähnt worden; seine tragende Funktion ist hier mehr sinnbildlich
aufzufassen, da das aus zwei dicken Platten bestehende Podest, unter
deren Mittelfuge er sitzt, in der nördlichen Mauer schon genügendes Auf-
lager hat. Die schönen aus Bandeisen geschmiedeten Gitter der Läufe
und der Brüstungen an den Podesten und Vorplätzen sind in abwechselnden
Mustern (vgl. Fig. 187) entworfen und in Form und Technik vortrefflich.
Von besonders schöner, klarer und messender Zeichnung ist das den
vorderen Hausflur dicht hinter den Thüren zu beiden Vorderzimmern ab-
schliessende 96 cm hohe Gitter, in welchem an den beiden Seiten kleine
Klappthürenden Zugang zur Treppe gewähren; es ist nicht das ursprüng-
liche, stammt aber aus der gleichen Zeit und wurde 1887 aus den Be-
ständen des Historischen Museums zur Verfügung gestellt; die Messing-
knöpfe und die Klappthüren sind ergänzt. Die in einer Rechnungsnotiz
oben erwähnten, vom Schlossermeister Zipper gelieferten, 14 cm hohen,
messingenen Knöpfe auf dem Treppengeländer und auf diesem Gitter sind
von vasenartiger Form. In den Geländern des vom Vorplatze des ersten
9 Diese schriftlichen Uebungen im Originale bilden bekanntlich einen kost-
baren Besitz der Frankfurter Stadtbibliothek. Vgl. Weismann, Mittheilungen aus
Goethes Knabenzeit,
steinlegung, eines damals auch hei anderen bürgerlichen Häusern nicht
unterlassenen, althergebrachten schönen Brauches, erzählt dieser selbst in
einem lateinischen Gespräche zwischen ihm und seinem Vater, welches er
im Dezember 1757 als achtjähriger Knabe zur Hebung im häuslichen
Unterrichte unter dessen Leitung mit deutscher Uebersetzung verfasste.*)
Im Maurerschurz an der Seite des Steinmetzen, umringt von den Maurer-
gesellen durfte der junge Sohn des Bauherrn die Kelle bei der Legung
des Steines führen; die übliche Ansprache hielt der Altgeselle, hatte aber
dabei das Missgeschick in seiner Bede stecken zu bleiben und deshalb von
den Zuschauern ausgelacht zu werden.
Die Treppe, deren Verlauf aus den beigegebenen Grundrissen und
Schnitten genügend ersichtlich ist, besteht in den beiden unteren, zum
ersten Obergeschosse emporführenden, geraden Läufen aus rothem Main-
sandstein; die weiteren, ebenfalls geraden Läufe sind aus Holz, ebenso
die oberen Podeste. Alle Zufälligkeiten, welche sich bei der Anlage einer
Treppe durch den Anschluss der Wangen und Stufen an die Podeste und
Vorplätze ergeben, sind hier sorgfältig gelöst. Der unterste Treppenlauf
und Podest wird auf der rechten Seite durch eine Wand getragen, die
eine kreisrunde Oetfnung hat, um den Raum unter der Treppe, wo die
Fallthüre der Kellertreppe liegt, zu erhellen. Als Stütze für die beiden
Läufe und das Podest ist ein rechteckiger Sandsteinpfeiler mit einem Deck-
gesims, einfachem Sockel und einer Füllung angeordnet, dazu als Gegen-
stück an der westlichen, gegenüber liegenden Wand ein Racher, gleich
gegliederter Pfeiler. Der mit einem Akanthusblatte geschmückte Trag-
stein, welcher an der nördlichen Wand dem Pfeiler entspricht, ist oben
schon erwähnt worden; seine tragende Funktion ist hier mehr sinnbildlich
aufzufassen, da das aus zwei dicken Platten bestehende Podest, unter
deren Mittelfuge er sitzt, in der nördlichen Mauer schon genügendes Auf-
lager hat. Die schönen aus Bandeisen geschmiedeten Gitter der Läufe
und der Brüstungen an den Podesten und Vorplätzen sind in abwechselnden
Mustern (vgl. Fig. 187) entworfen und in Form und Technik vortrefflich.
Von besonders schöner, klarer und messender Zeichnung ist das den
vorderen Hausflur dicht hinter den Thüren zu beiden Vorderzimmern ab-
schliessende 96 cm hohe Gitter, in welchem an den beiden Seiten kleine
Klappthürenden Zugang zur Treppe gewähren; es ist nicht das ursprüng-
liche, stammt aber aus der gleichen Zeit und wurde 1887 aus den Be-
ständen des Historischen Museums zur Verfügung gestellt; die Messing-
knöpfe und die Klappthüren sind ergänzt. Die in einer Rechnungsnotiz
oben erwähnten, vom Schlossermeister Zipper gelieferten, 14 cm hohen,
messingenen Knöpfe auf dem Treppengeländer und auf diesem Gitter sind
von vasenartiger Form. In den Geländern des vom Vorplatze des ersten
9 Diese schriftlichen Uebungen im Originale bilden bekanntlich einen kost-
baren Besitz der Frankfurter Stadtbibliothek. Vgl. Weismann, Mittheilungen aus
Goethes Knabenzeit,