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Sommer, Gustav; Otte, Heinrich
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 9): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Eckartsberga — Halle a. d. S.: Otto Hendel, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.41968#0055
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Hemmleben.

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interessantes Porträt des Thomas Münzer. Das Verliess, in welchem letzterer
nach seiner Gefangennahme bei Frankenhausen bis zu seinem Transporte nach
Mühlhausen 1525 auf dem Schlosse gefangen gelegen haben soll, wird noch ge-
zeigt. — Das ehemalige Schlossgut ist seit 1796 ein schriftsässiges Rittergut, und
der „rothe Hot11 hat ebenfalls Rittergutsqualität. Während des 30,jährigen Krieges
wurde das Städtchen durch die Belagerungen des Schlosses in schlimme Mit-
leidenschaft gezogen: die Gebäude wurden verwüstet und eingeäschert, und viele
Einwohner, auch der Pastor Churstein starben 1632. durch Hunger.
Die Pfarrkirche S. Wiperti landesherrlichen Patronats wurde 1632 durch die
Belagerung zerstört; der Gottesdienst wurde in den nächsten 50 Jahren in der
Schlosskirche gehalten, bis von 1682 an der Neubau der Stadtkirche zu stände
gekommen war, bei welchem ; der Thurm den östlichen Abschluss bildete, ln
A. II. ist die über dem südlichen Eingänge befindliche Inschrift folgendermassen
angegeben:
S. Duce S. Johanne Adolpho coeptum. Lapis primus positus
anno: 1682 d. 28 Jul. —
Kanzel und Taufstein von 1696 sind aus rothem Sandstein. In dem aus dem
18. Jahrh. herrührenden Altarbau befindet sich noch eine zweite hölzerne Kanzel,
deren Errichtung aber (hier wie bei gleicher Veranlassung in Gorsleben, s.' d.)
Zwistigkeiten in der Gemeinde erregte; sie wird „die Todtenkanzel“ genannt, weil
sie schliesslich nur bei Leichenpredigten gebraucht werden durfte. — Das in den
Taufstein eingelegte Becken ist (besage A. II.) von getriebenem Messingsblech
mit erhabenen Figuren. — Die drei Glocken haben 1,17 0,92. und 0,77m Durch-
messer. Die kleine mit dem herzoglich sächsischen Wappen ist 1739, die grosse
mit dem kurfürstlich sächsischen Wappen 1771 von Job. George Uhlrich in Laucha
gegossen; die mittlere vom Jahre 1861 stammt aus derselben Giesstätte.
Eine lithographirlc landschaftliche Ansicht von Schloss-Ileldrungcn ist um 1850 in
der Schulbuchhandlung in Langensalza erschienen.

Hemmleben.
Pfarrkirchdorf, zur Herrschaft Beichlingen gehörig, 28 Km. nordwestlich von
Eckartsberga am Fusse der Schmücke gelegen, 503 Einwohner; es soll ursprüng-
lich Heimoleben geheissen haben, ein „Joräanus rector ecclesie in Himhiben“
kommt in einer Urkunde von 1268 als Zeuge vor (Rein 2, 163.. N. 109); im
14. Jahrh. besass Kloster Oldisleben einen Weingarten inHemmelebin (Schamelius
p. 720. XII); im 15. Jahrh. findet sich Hemeleben geschrieben. Bei dem Dorfe
soll nach dem in den N. Mittheil, des Thür.-Sachs. Vereins I. 1,17 enthaltenen
Verzeichnisse von Wüstungen (Nr. XVIII oder 155) früher ein sonst ganz unbe-
kanntes Nonnenkloster gewesen sein, dessen Stelle, wie die örtliche Ueberlieferung
(vergl. A. II.) wissen will, an die der Dorfkirche grenzte, so dass diese die ur-
sprüngliche Klosterkirche gewesen wäre. Sie ist ein modernes Gebäude, im An-
schlüsse an alte Mauern in Osten, wo sich der Thurm über dem Presbyterium
erhebt. In letzterem befindet sich noch eine kleine einfache Sacramentsnische
mit eiserner Gitterthür.
 
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