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Blainville, J. de; Wright, Edward; Meyersche Buchhandlung [Hrsg.]; Turnbull, George [Bearb.]; Lockman, John [Bearb.]; Guthrie, William [Bearb.]
Des Herrn von Blainville, ehemaligen Gesandschaftssekretärs der Generalstaaten der vereinigten Niederlande an dem Spanischen Hofe Reisebeschreibung durch Holland, Oberdeutschland und die Schweiz besonders aber durch Italien: aus des Verfassers eigener Handschrift in englischer Sprache zum erstenmal zu Druck befördert von Georg Turnbull der Rechten Doktor und Wilhelm Guthrie Ritter (Dritten Bandes zweyte Abtheilung): enthaltend eine Beschreibung von Neapel mit der umliegenden Gegend — Lemgo: in der Meyerschen Buchhandlung, 1765

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https://doi.org/10.11588/diglit.53373#0274
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562 Reiſe nach Florenz 1707, den 30 Decemb.
| $as LXIL $auptfüd, —

Bolſena, das alte Volſinium. Nurfia, eine Bolfintfche Goͤttin. Schlechter Zuͤ—

ſtand von Bolſena. Urſprung des Frohnleichnamsfeftes, Cin alter marmorner

Sarg. Der See von Bolſena. St. Lovenzo delle Giotre, Aquapendente, vor—

malg Aquula. Der Fluß Paglia. Die ſchoͤne Bruͤcke. Sentinum eine ver—
; | heerte Stadt. Ankunit im Flocentiniſchen.

Sholíena; das alte Volſinium. den 20 Decemb. 1707.

Alle diejenigen, welche die Geſchichte ber alten Roͤmer beſchrieben haben, melden,
Volſinium ſey vor Alters eine ber vornehmſten Staͤdte in Errurien geweſen.! Livius ge—
benft ihrer febr oft. Valerius Maximus nennet fie die Hauptſtadt von Errurten, Caput
Etruriae. Florus, Plinius und Seneca nennen die Bolfinier die reichſten Etrurier, opu-
lentiſfimos Etrufcorum. Propertius, Tacitus und das Itinerarium Antonini ſpre—
chen vom Volſinium, und Plinius faget, das Erdreich um Volſinium ſeh ſo fruchtbar, daß
die Oelbaͤume im zweyten Jahre ihrer Pflanzung ſchon Fruͤchte truͤgen. Er ſchweift
auch zum Lobe ihrer Weine aus, und beſonders derer, die er Apianiſche nennet. Dieſer gro—
ße Ueberfluß, nebft den verfuͤhreriſchen Reizungen, die aus einem langen und ununterbro—
chenen Frieden entſtanden, ſtuͤrzten die Einwohner in die aͤußerſte Schwelgerey, welche ih—
nen zum Untergang gereichen muſte. Sie Datten eine ſolche Menge Knechte freygelaſſen,
daß dieſe undankbaren Boͤſewichter auf die Gedanken famen, ihre Herren ſelbſt zu Knechten
zu machen, und dieſe ſich genoͤthiget ſahen, bep ben Roͤmern um Huͤlfe anzuſuchen. Va—
leríus Maximus erzaͤhlt dieſe Begebenheit alſo: Dieſe reiche Stadt ſtand wegen ihrer gu—
ten Geſetze und Sitten in ſolchem Anſehen, bag man )fie für das Haupt von Etrurien hielt;
aber weil ſie ſich nachher der Schwelgereh ergab , fo ſtuͤrzte ſie in einen Abgrund von Schmach
und Schimpf, ſo daß ſie ſich der Herrſchaft ihrer eigenen uͤbermuͤthigen Knechte unterwerfen
mufte, Von dieſen ſchlichen ſich erſtlich einige wenige in den Stadtrath, bemeiſterten ſich
aber gar bald des ganzen Regiments. Man durfte kein Teſtament mehr als nach ibrem
Willen machen, ſie verbothen die Gaſtmahle und Zuſammenkuͤnfte der Freygebohrnen, und
machten die Toͤchter ihrer Herren mit Gewalt zu ihren Weibern. Ja endlich gaben ſie gar
ein Geſetze, daß die Unzucht mit Witwen und verheiratheten Frauen erlaubt fepn , unb daß
keine Syungfer einen Freygebohrnen heirathen ſolte, wenn ſie nicht vorher ihre Keuſchheit
einem von ihnen aufgeopfert haͤtte! Urbs haec erat opulenta, legibus & moribus
Ornata, Etruriae caput babebatur, fed poftquam luxuria prolapſa eſt in pro-
fundum iniuriarum & turpitudinis decidit, ut fervorum fe infolentiffimae do-
minationi fübjiceret, qui primum admodum pauci Senatorium ordinem intrare
aufi mox univerfam rempublicam occupaverunt. Teſtamentum ad arbitrium
fuum ſeribi iubebant; convivia coetusque- ingenuorum fieri vetabant; filias
dominorum in matrimonium ducebant. — Poftremo lege f5nxerunt. ut ftupra
fua in viduis pariter ac nuptis impunita effent , ac ne qua virgo ingenuo nube-

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