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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0035

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1.2. Der inhaltsbezogene Ansatz in der jüngeren Literatur

dere in ihrer wechselseitigen Durchdringung — Hofmann zufolge die letzten, die
der »Totalität des Daseins« eine »symbolische Gestalt zu geben«" vermögen.
Die Geltung des formalistischen Deutungsparadigmas ist für die französische
Kunst des späteren 19. Jahrhunderts bereits seit den fünfziger Jahren durch den
Nachweis autobiographischer Gehalte nachdrücklich in Frage gestellt worden. Nils
Gösta Sandblads Manet-Studie von 1954, Kurt Badts Buch über die Kunst Ce-
zannes (1956) und Meyer Schapiros bekannter Aufsatz über Cezannes Apfel
(1968) haben mit ihrer Aufdeckung von autobiographischen Verweisen in Ge-
mälden dieser Zeitgenossen Marees’ die Voraussetzung dafür geschaffen, dass nun
auch die biographischen Bezüge der Bilder von Marees angemessener gewürdigt
werden konnten.78 Leopold D. Ettlinger hat 1972 als erster die »personal origins of
Marees’s imagery«79 in den Mittelpunkt einer Untersuchung gestellt. Ettlinger
spricht von der »confessional nature«80 einer Reihe von Gemälden. Er stellt die
formale Marees-Deutung prinzipiell zur Disposition:
»Pictures like the Ages of Man or the Hesperides remain empty exercises as
long as we regard them purely as [...] tussles with the problem of form.
They assume a different and more meaningful aspect once we sei them with-
in the context of the artist’s biography and of his thoughts about his times
and fellow men.«81
Ettlinger zeigt zwar nur für einige wenige Gemälde, wie Marees sich auf Ereignisse
und Konflikte seines Lebens in seiner Malerei bezieht. Diese Hinweise sind aber
von wegweisender Bedeutung für die weitere Erforschung der autobiographischen
Themen Marees’.
Christian Lenz hat 1987 die Kenntnisse über die sinnbildlichen wie auch die au-
tobiographischen Dimensionen der Gemälde Marees’ maßgeblich vertieft und
erweitert. Frank Schmidt hat diesen Ansatz in seiner kürzlich erschienenen Dis-
sertation mit eindrucksvollen Ergebnissen fortgeschrieben.82 Durch eindringliche
Beschreibungen insbesondere der Gebärden der Figuren und ihrer szenischen
Konstellationen vor dem Hintergrund biographischer Bezüge gelangt Lenz erst-
mals zu präzisen Analysen der inhaltlichen Bedeutung einiger zentraler Werke.83
Als ein Beispiel für den biographischen Deutungsansatz von Lenz sei hier auf seine
<6 Hofmann 1974, S. 230ff. Eine ausführlichere Erörterung der Thesen Hofmanns in der vorlie-
genden Arbeit V.4.2.
77 Hofmann 1974, S. 247.
78 Sandblad 1954, Badt 1956, Schapiro 1982 (1968), S. 7ff.
79 Ettlinger 1972, S. 78. Andeutungen über der eigenen Vita entnommene Themen schon bei
Meier-Graefe 1909-1910, Bd. 1, S. 299 und S. 370, sowie bei Ueberwasser 1947, S. 69.
80 Ettlinger 1972, S. 77.
81 Ebd.,S. 75.
82 Schmidt 2003. Vgl. a. Scheffler 1998 und dies. 2005.
83 Lenz 1987a sowie München 1987a, S. 232, S. 237 und passim. Auch Anne S. Domm hat 1989
für einige Gemälde und Zeichnungen bisher nicht erkannte Verweise auf das Leben des Malers
aufgezeigt (Domm 1989, S. 45ff.).

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