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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0194

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V. Die Verallgemeinerung persönlicher Themen (1880 — 1887)

des Auges gebracht werden können [...]. Ein Bild rührt uns, als
Kunstwerk betrachtet, nur durch das, was wirklich dargestellt ist. Was wir
uns dabey denken, gehört nicht ihm, sondern gehört uns an«.33
Die Übereinstimmungen mit dem Ansatz von Marees, die >allgemeine< Verständ-
lichkeit seiner Gemälde in einer sich selbst erklärenden Bildlichkeit zu begründen,
sind offensichtlich.

V.3. Die >Hesperidenbilder<:
Autobiographische Ursprünge und universaler Anspruch
Edgar Wind hat die methodische Maxime formuliert, dass im Kunstwerk die Lö-
sung vorgegeben, das Problem jedoch erst zu rekonstruieren sei:
»Ein »künstlerisches Problem< [wird] vom kunstwissenschaftlichen Denken
für das künstlerische Schaffen angesetzt — aber nicht derart, daß das Pro-
blem der Lösung vorhergeht, sondern so, daß es zur Deutung der Lösung
erst gesucht wird. Es liegt also der paradoxe Fall vor, daß die Lösung ge-
geben, das Problem aber aufgegeben ist, damit die Lösung als Lösung be-
griffen werde«.34
In diesem Sinne kann aus dem Ursprung der >Hesperidenbilder< in autobiographi-
schen Zeichnungen zum einen und aus den in diesem Kapitel angeführten pro-
grammatischen Erklärungen ihres Urhebers zum anderen ein doppeltes Anlie-
gen erschlossen werden, das diesen Gemälden zugrunde liegt. Es wurde bereits an-
gesprochen: Marees arbeitet daran, für sehr individuelle, gesellschaftlich teilweise
tabuisierte Erfahrungen und Gefühle einen bildlichen Ausdruck zu finden, ohne
auf die obsolet gewordene und für die künstlerische Bearbeitung der eigenen Vita
offenbar ungeeignete klassische Bildrhetorik mehr als nur in einzelnen Motiven
und Anspielungen zurückzugreifen. Zudem ist er darum bemüht, seine individuel-
len Bildfindungen in intersubjektiv verständliche Darstellungen von »allgemeiner
Berechtigung und Bedeutung«35 zu überführen. Aus der Absicht, seine zunehmend
monumentalen Gemälde der Öffentlichkeit zu präsentieren, ergibt sich außerdem
die Notwendigkeit, ihre brisanten persönlichen Ursprünge, deren explizite Thema-
tisierung dann äußerst problematisch gewesen wäre, zu verschleiern: »Uber den
Ursprung seiner Entwürfe hat sich Marees niemals geäußert«.36

33 Goethe/Meyer 1798, S. 58f. [Hervorhebungen von G.B.]. Auf den Einfluss vergleichbarer
Konzeptionen von Schiller und Wilhelm von Humboldt kann hier nicht eingegangen werden.
Vgl. Büttner 1990, S. 273ff.
34 Zit. n. Imdahl 1980, S. 75.
35 An Adolf Hildebrand, 20. Juli 1871: Meier-Graefe 1909-1910, Bd. HI, S. 50.
36 Pidoll 1930, S. 9. Diese Tatsache kann nach den hier vorgenommenen Analysen der autobio-

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