Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bulletin du Musée National de Varsovie — 19.1978

DOI Heft:
Nr. 3
DOI Artikel:
Unverfehrt, Gerd; Muzeum Narodowe w Warszawie [Mitarb.]: Zwei Gemälde der Bosch-Nachfolge aus dem Muzeum Narodowe zu Warschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18863#0076
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gefiihrt, die eine oder andere Limbusdarstellung „in der Art Boschs" dem Meister selbst zuzu-
schreiben oder doch ais getreue Kopie zu werten. Dies gilt vor allem fur die Gemalde aus dem
Wiener Kunsthistorischen Museum und aus dem Metropolitan Museum in New York.32 Beide
Kompositionen sind in zahlreichen Fassungen iiberliefert, die heute ais Arbeiten so unterschied-
licher Kiinstler wie Jan Mandyn, Herri met de Bies oder Gillis Mostaert gelten. Fur die Erfindung
und Ausfuhrung einer weiteren kompositionell einheitlichen Serie von Limbusdarstellungen,
dereń wohl bestes Exemplar in der National Gallery of Ireland, Dublin, bewahrt wird, sind
die Namen Jan Mandyn, und Gillis Mostaert genannt worden.33

Zu einer bisher kaum beachteten, gleichfalls in mehreren Fassungen iiberlieferten Variante
dieses Themas gehort die Limbus — Tafel aus dem Warschauer Museum (Abb. 13). Das nur 13,9 X
X 10,2 cm messende Bild wurde 1929 aus dem Polnischen Nationalmuseum in Rapperswil
(Schweiz) an die Warschauer Sammlung iiberwiesen. Wiihrend der deutschen Besetzung Polens
im 2. Weltkrieg beschlagnahmt, wurde es 1971 aus Privatbesitz an das Museum zuriickgegeben.
Das Gemalde gilt im Katalog der Rapperswiler und der Warschauer Sammlung sowie im Verlust-
katalog Tomkiewiczs ais ein Werk Jan Mandyns.34

Die Komposition vereinigt mehrere synchron erzahlte Episoden. Im Hintergrund links ist
die Auferstehung Christi gezeigt. Unmittelbar darunter und gleichfalls von einer Lichtfolie
hinterfangen bricht der zur Holle niedergefahrene Christus das Hollentor auf. Im mittleren
Hintergrund — zwischen dem aufragenden Felsen und der kugeligen Turmbekrbnung — stehen
Adam und Eva am Baum der Erkenntnis. Hauptszene jedoch ist die im Vordergrund geschil-
derte Befreiung der Patriarchen aus der Vorhólle. Das ausgeweitete ikonographische Programm
folgt einem traditionellen Typus der Limbusdarstellung, bei dem das eigentliche Thema durch
Nebenszenen mit dem Siindenfall und aus dem Leben Christi historisch erlautert und in den
Kontext des gbttlichen Erltisungsplanes gestellt wird.35 Herkommlieher Ikonographic entspricht
auch die Befreiung der Patriarchen aus einem ais aufgerissenem Maul gestalteten Hóllenein-
gang.3G Man wird feststellen miissen, daB sowohl die Synchronie wie auch der Hollenschlund
des Warschauer Bildes einer eher altertiimlichen Ikonographie folgen, im Gegensatz zu den
Kompositionen vom New Yorker und Dubliner Typ, auf denen die Patriarchen aus einem
architektonisch gefiigten Holleneingang hcrvortreten.

Eine mit dem Warschauer Bild fast wortlich ubereinstimmende Fassung wurde 1935 fur
das Institute of Arts in Detroit erworben (Abb. 14).37 Gestiitzt auf eine Expertise Max J. Fried-
landers von 1932 gilt die mit 13,6x11,4 cm ahnlich kleinformatige Tafel ais ein Werk des Herri
met de Bies.38 Es ist bemerkenswert, daB Friedlander das Detroiter Bild nicht in seinen 1936
erschienenen Katalog der Werke des Herri met de Bies aufgenommen hat.39

32. Vgl. etwa M.-G. Gossart, Jeróme Bosch. Le „faizeur des Dyables" de Bois-le-Duc, Lille, 1907, Nr. 23 d__H. B. Webie und

M. Salinger, The Metropolitan Museum of Art. A Catalogue of Early Flemish, Dutch and German Paintings. New York,
1947, S. 123 f.

33. Th. Mac Greevy, ,,Deux tableaux Boschestme a Dublin", Miscellanea Boggen, Antwcrpen, 1957, S. 105 ff. — G. T. Faggin,
La piltura ad Anversa nel Cinąueccnlo, Firenzc, 1968, S. 38 m. Anin. 14, Abb. 55. — Katalog De eeuw van Bruegel, a.a.O.,
Nr. 174.

34. Zbiory Polskiego Muzium Narodowego w liappcrsieilu, katalog XXV wystawy Tow. Opieki nad Zabytkami Przeszłości
w Kamienicy Baryczków, Warszawa, 1928, Nr. 19; J. Starzyński, M. Walicki, Katalog Galerii Malarstwa Obcego, Muzeum
Narodowe w Warszawie, Warszawa, 1938, S. 70; Tomkiewicz, a.a.O., Nr. 68.

35. M. Bauer, Die Ikonographie der Hollertfahrt Christi von ihren Anfangen bis zum 16. Jahrhundert, Pb.il. Diss. (mascb.), Góttin-
gcn, 1948, S. 188 ff.

36. Bauer, a.a.O., S. 160 ff.

37. E. P. Richardson,,,Christ in Limbo by Herri met de Bies", Bullctin of the Detroit Institute of Arts, 15/Dec. 1935, S. 31 ff.

38. Vgl. die Kunsthandelsanzeige der Kleinberger Gallcrics, The Burlington Magazine, 61/1932, zweite Umschlagscite des
Juliheftes.

39. M. J. Friedlander, Anlhonis Mor und scine Zeilgenossen (— Die Altniedcrldndischc Malerei, Bd. 13), Leiden, 1936, S. 146f f.

68
 
Annotationen