Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bulletin du Musée National de Varsovie — 29.1988

DOI Heft:
Nr. 2-3
DOI Artikel:
Grochala, Anna: Allegorischer Porträtstich Sigismunds III. Wasa von Aegidius Sadeler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18904#0086
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die auffallende kompositorische Ahnlichkeit zwischen dem PortrUtstieh Rudolfs II. aus dem.
Jahre 1603 und dem Kupferstieh mit Sigismund III. aus dem Jahre 1604 berechtigt zur Frage,
ob unser Stich nicht gerade durch die Kompositionsidee von Aaehens inspiriert worden sei. Die
Ahnlichkeiten bei der Komposition beider Stiche sind folgende: Das Oval des Bildnisses hat
eine charakteristische architektonische Umrahmung aus vorspringenden Sockeln, die die den
Giebel stiitzenden Pilaster tragen; analog sind in beiden Fallen die Figuren um das Bildnis
verteilt (je eine Frauengestalt beiderseits und eine sitzende Frau oben iiber dem Portrat) und
die erlauterndcn Beischriften und die Widmung angeordnet. Es fallen auch gewisse ahnliche
stilistische Merkmale auf wie die s-fórmige Gestaltung der Stehenden Frauenfiguren im Kontra-
post, die charakteristischen flattemden Gewander (bei den oberen Personifikationen verlauft
zwischen den Brusten eine Sehnur, die das flatternde Gewand und die Scharpe zusammenhalt,
wahrend bei den seitlichen die Gewander auf eine charakteristische Weise iiber den Oberschenkeln
mit Knopfen zusammengehalten werden, auf der cinen Brust iippig drappiert sind und die andere
frei zeigen) und schlieBlich der Kórperbau der Figuren, dereń Beine mit massiven Oberschenkeln
almlieh postiert sind, wobei das eine im Knie eingeknickt und vorgestellt ist, und dereń FiiCe
lange Zehen haben, wobei die groBe Zehe deutlich abgespreizt ist, so daB sich ein v-fórmiger
Abstand bildet, und die zweite Zehe groBer ais die groBe Zehe ist; die Schuhe setzen sich aus der
Sohle und einem Oberteil in Form des Akanthusbluttes, das das FuBgelenk so umspannt, daB
der Fufi oben unbedeckt bleibt.

Nach der Interpretation Vocelkas stellen die tiirkischen Gefangenen auf dem Portratstich
des Kaisers denselben ais den Bezwinger der Tiirken dar, wahrend die Gestalt oben den Friedeu
symbolisiert und das Wort MANEBJT die Hoffnung auf eine bestandige Eintracht mit den
Osmanen zum Ausdruck bringt. Rechts steht die Fortuna und links die Bellona41. Beim Kaiser
wurden also etwas andere Ziige ais beim polnischen Konig in den Vordergrund geruckt. Dennoch
sind solche iiblichen Herrscherzuge wie Tapferkeit — Virtus (durch die Rustung hervorgehoben),
Gerechtigkeit und gekonnte Regierung (bctont durch die Fiillhorner und die Girlanden) dar-
gestellt worden. Auf beiden Stichen hat man sich des individuellen Emblems des Portratierten
bedient, um ihn naher zu charakterisieren. Bei Rudolf II. sind das ein oben angebrachter Stein-
bock mit Fischschwanz und ein Adler mit Pfeilen sowie die Inschrift ADSIT11. Bei Sigismund
dagegen wurde das Emblem unten angebracht und stellt Ceres und Neptun mit der Devise
CRESCIT GEMINATIS GLORIA CFRIS dar.

In der inanieristischen rudolfinischen Kunst wurde besonders darauf geachtet, die neostoisch
verstandene VIRTUS-SAPIENTIA zu zeigen, die Bedeutung von Kunst und Wissen her-
vorzuheben, den bliihenden, gerecht regierten, dank der Tapferkeit und den Siegen des Kaisers
im Frieden lebenden Staat darzustellen". Auf dem Stich mit Sigismund III. wurde auch auf
die Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstands des Konigreichs sowie
die personlichen Tugenden des Konigs wie Virtus, Edelmut, Liebe fur Kunst und Wissenschaft
Nachdruck gelegt.

41. K. Vocelka, op. cit., S. 68ff.

42. Interpretation des Emblems bei Neumann, „Themen und Ideeuwelt.;.," op. cit., S. 191f.

43. T. Ger9zi, „Die huraanistischen Allegorien der rudolfinischen Meister", in: Actes du XXIIe Congrhs International d'Historie
de t'Art. Budapest, 1969. Evolution Generale et Derelopprnents Regionaux en Histoire de l'Art, Budapest, 1972, I, S. 755ff;
R. J. W. Evans, Rudolf II and his World. A Siudy in Inlellectual Bistory 1576—1612, Oxford, 1973, Kap.: „Rudolf and
the Fine Arts", S. 162ff, Abb. 7.

44. Ober den Brauch, Werke mit Widmung zu bestellen: J. Pelc, W". Tomkiewicz, „Rola mecenatu w rozwoju kultury i litera-
tury polskiej w czasach renesansu oraz baroku"', in: Problemy literatury staropolskiej, 1. Reihe, herausg von. J. Pelc, Wroc-
ław, 1973, S. 169.

76
 
Annotationen