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Briefwechsel, tauschten ihre Meinungen uberdie Kunst und ihre Erfahrungen in maltechnischen Fragen
aus. Ruhmerentdeckte im spateren Schaffen Lugoszahlreiche Beispielefurden EinfluBdes beruhmten
Freundes und rechnete ihn zusammen mit solchen Kunstlern wie Frólicher, Bracht, Stabli, Róth und
Schónleberzum "Thoma-Kreis"23. Das 1870entstandene kleine BildnisThomas ist ein schlichter Beweis
der Anerkennung fur das Talent des Freundes.

Aus der Aufenthaltszeit Thomas in Munchen stammt die Ernst Sattler (III. 4)24, einen anderen Freund
des Kunstlers aus der Studienzeit in Karlsruhe, darstellende Skizze. Der Maler zeigte ihn, wie er etwas
auf einem Blatt Papier zeichnet, vóllig konzentriert und in seine Arbeit vertieft. Im Vergleich zu dem
etwas idealisierten Bildnis Lugos, zeichnet sich das Bildnis Sattlers durch Realismus aus, denn die
charakteristischen Eigenschaften des Modells werden deutlich hervorgehoben - die scharfen Zuge, die
eingefallenen Wangen, die zersausten Haare, der etwas dustere Gesichtsausdruck, der das Urteil
bestatigte, daB er ein Mann war, "der nie mit sich und seinem Werk zufrieden war"25. Auch stiiistisch -
durch einen starken, energischen Strich, Schraffierung und Lavierung, die das Aussehen der Gestalt
herausarbeiteten - naherte sich die Zeichnung den Arbeiten dieses Genres bei den Realisten, z.B. bei
Leibl, zu dessen Kreis beide Kunstler damals gehórten. Die Zugehórigkeit zur selben Gruppierung,
gemeinsame Auftrage (die Kunstler arbeiteten 1874 zusammen an den Wandmalereien des Turms
Peterstirn im Schlof3 Mainberg in Schweinfurt), erzeugten in ihnen das Gefuhl der Gemeinsamkeit der
kunstlerischen Ziele. Die Zeichnung scheint die im Leibl-Kreis herrschende Atmosphare zu vermitteln,
scheint eine Verlangerung jenes "Kunstgesprachs" zu sein, das Ruhmer hinter ahnlichen Bildnissen
entdeckt: "Tatsachlich mag nichtselten das Kunstgesprach unmittelbarmit dem Pinselfortgesetzt worden
sein"26. AuBer der Widerspiegelung einer bestimmten, fur dieses Milieu typischen Situation ist diese
Skizze auch eine Demonstration der im Leibl-Kreis herrschenden kunstlerischen Prinzipien, ein gutes
Beispiel fur die realistische Zeichnung, in der der ausdrucksvolle Strich mit einer energischen Charak-
teristik des Gesichts harmoniert.

Zu der Gruppe von Portrats, die Kunstler bei der Arbeit darstellen, gehórt auch das Bildnis von Peter
Burnitz von 1874 (III. 5)27, der mit Palette und Pinsel in der Hand an der Staffelei steht. Es stellt den
bekannten deutschen Landschaftsmaler dar, der eine Zeitlang in Frankreich mit Malern aus der Schule
aus Barbizon gearbeitet hat, und nach seiner Ruckkehr nach Deutschland zu einem der Hauptvertreter
der intimen Landschaft in diesem Land wurde. Thoma schatzte seine Gemalde sehr- in dem Scholderer
gewidmeten Nachruf28zahlte er ihn neben Scholderer und Eysen zu den herausragendsten Frankfurter
Kunstlern. Das Bildnis, das der Kunstler nach seiner Fertigstellung fur das Beste hielt, was er bisher
geschaffen hatte, zeigt Burnitz vor dem Hintergrund einer Landschaft, zweifellos eine Anspielung auf
das von ihm betriebene Genre. In der Art der Ausfuhrung, mit der impastierten Farbę, dem starken
Licht-Schatten-Effekt und auch dem intensiven Gesichtsausdruck des Portratierten nahert es sich den
im Leibl-Kreis gemalten Bildnissen. Es gibt auch die in diesem Milieu herrschende Atmosphare wider
(mit dem Burnitz allerdings nur fluchtig verbunden war): "Man ist ganzlich unter sich, huldigt einander
und zelebriert das Schulhaupt, den erwahlten GroBmeister"29.

Eine andere Art des Kunstlerbildnisses, eine Demonstration der "reinen Malerei" ist das Bildnis des
Malers Otto Frólicher (III, 6)30 von 1875. Thoma freundete sich mit dem Portratierten wahrend seines
Munchenaufenthalts an. Wie sich aus dem Charakter des Oeuvres dieses Kunstlers schlieBen laBt,
muBten ihm seine Landschaften nahegestanden haben, in denen sich der EinfluB der von Thoma
geschatzten Schule aus Barbizon manifestierte. Eine gewisse Bedeutung konnte auch die Tatsache
gehabt haben, daB Frólicher Schweizer war. Thoma pflegte zahlreiche Kontakte zu Kunstlern dieser
Nationalitat. Hier lassen sich solche mit ihm befreundeten Schweizer Maler nennen wie Arnold Bócklin,

23. Hans Thoma. Lebensbilder..., op. c/Y., Kapitel: "Thoma und seine Munchner Schule", S 52-54.

24. Vgl. FuBnote 19.

25. E. Schneider, "Hans Thoma und Schweinfurt", in: Ausstellungskatalog Hans Thoma 1839-1924. Gemalde und Zeichnungen aus der
Sammlung Georg Schafer, Schweinfurt, Altes Rathaus der Stadt Schweinfurt et al., 1989-1990. S. 26.

26. E. Ruhmer, "Kunstlerbildnisse op.cit., S. 121.

27. Vgl. FuRnote 20.

28. Dieser Nachruf befindet sich im Archiv des Stadelschen Kunstinstituts in Frankfurt a.M. Mein herzlicher Dank gilt der Leiterin der
Graphischen Sammlung, Frau Dr. Margret Stuffmann, die mir die Thoma betreffenden Unterlagen zuganglich gemacht hat.

29. E. Ruhmer, "Kunstlerbildnisse op.cit., S. 121.

30. W.O., III. S. 125.

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