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Bulletin du Musée National de Varsovie — 37.1996

DOI issue:
Nr. 3-4
DOI article:
Ratkowska, Paulina: Einige Bemerkungen zur "Grablegung" Caravaggios
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https://doi.org/10.11588/diglit.18945#0183
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Paulina Ratkowska

Einige Bemerkungen
zur „Grablegung" Caravaggios*

Betrachtet man die Komposition der Grablegung Caravaggios kann man mit
ziemlicher Sicherheit feststellen, daß sie nicht seine eigene Erfindung ist.
Hingewiesen sei hier auf drei Elemente: den Kopf Marias und den der daneben
stehenden heiligen Frau, die verzweifelte Geste der weiter hinten stehenden
Heiligen sowie die Figur des hl. Joseph von Arimathia (so wird in Anlehnung
auf Stechows Aufsatz Joseph of Arimathea or Nicodemusf1 der den Leichnam
Christi haltende Mann rechts identifiziert).

1. Einer der charakteristischsten Züge des Gemäldes: die “Parallelität” des
Hauptes der Madonna und der daneben stehenden Heiligen mit ihren
geneigten, en trois quarts gezeigten Gesichtern, wobei die Heilige die Stirn
in die erhobene Hand stützt und sich die Tränen abwischt, ist von einem in
St. Leonhard in der Abtei (Kärnten) befindlichen, um 1490 von Thomas von
Villach gemalten Tafel (Abb. I)2 bekannt. Dort sind die Figuren der
Madonna und der Heiligen etwas weiter voneinander entfernt, aber
ebenfalls geneigt, ihre Antlitze en trois quarts und ähnlich “parallel”
aufgefast. Auch hier stützt die Heilige ihr Gesicht in die erhobene Hand, in
der sie ein Tuch hält und sich die Tränen abwischt. Das dritte diagonal
angeordnete Gesicht ist auf dem Gemälde von Thomas von Villach das
Haupt der knienden Maria Magdalena, neben der ein Salbengefäß steht
(Abb. 2). Sie reißt ihre Arme in eine gewaltsamen Geste hoch, die an die
stark betonte Gebärde der Heiligen bei Caravaggio erinnert. Wenn wir in
einer Art gedanklichen Collage den Evangelisten Johannes auf dem Gemälde
Thomas von Villachs durch die Figur eben dieser Heiligen mit den
erhobenen Armen ersetzen würden, würde die Komposition stark an die
Frauengruppe Caravaggios erinnern.

* Der Beitrag wurde während des Symposiums als Disskussionswort präsentiert.

1 W. Stechow, “Joseph of Arimathea or Nicodemus?”, in: Studien zur Toskanischen Kunst,
Festschrift für L.FL Fleydenreich, München 1964, S. 289 f.

2 A. Stange, Deutsche Malerei der Gotik, XI, München-Berlin 1961, Abb. 207.

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