Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0013
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
- 5 —

der heimischen Kunst macht es erklärlich, dass ein Theil dieser Künstler
in Rom durch Caravaggio's derb naturalistische Kunstweise angezogen
wurde; die ausgelassenen Conversationsstücke, die wüsten Krieger und
Courtisanen eines G. Honthorst, J. van Lis, Baburen, Bylaert, Bronkhorst
sind die Früchte des Studiums nach Caravaggio und seinen Schülern.
Neben diesen Meistern bildet sicli eine andere sehr verschiedene Richtung
der holländischen Maler aus, welche sich an einen deutschen Meister in
Rom, an Adam Elzheimer, anschlössen. Elzheimer hatte in seinen kleinen
Bildchen die historischen Vorwürfe — in einem verwandten Streben wie
die van Eyck und Dürer — mitten in das ihn umgebende Volksleben
und die umgebende Natur hineingestellt und dieselben durch seine eigen-
thümliche Beleuchtung und seine liebevolle Durchführung mit einer tief
gemüthvollen Empfindung zu durchdringen gewusst. Seine zahlreichen
Schüler, von denen Lastman, Bramer, Poelenburg, Goudt die bekanntesten
sind, bringen in ihrer Composition, Beleuchtung und Behandlung der
holländischen Malerei Elemente hinzu, welche für die Entwicklung der-
selben, namentlich für die Ausbildung Rembrandt's von hoher Bedeutung
wurden. Die wichtigste Fortbildung der holländischen Malerei vollzog
sich jedoch auf dem heimathlichen Boden, unter den Einflüssen und
Eindrücken des grossen Freiheitskampfes. Nur in den Meistern, die während
desselben aufgewachsen waren, vermochte sich der reformatorische Geist
zu bilden, der mit dem Alten brechen und den Grund zu neuer Ent-
wicklung legen konnte. Gab doch der Freiheitskrieg selbst ihnen ge-
wissermaassen die Motive für ihre Werke an die Hand: die klugen Führer
und die tapfein Kämpfer, die zahllosen kleinen Episoden des Krieges,
das in seiner Freiheit kräftig erwachsende Volksleben, der freie heimath-
liche Boden und das von den holländischen Flotten belebte und beherrschte
Meer, das sind die Vorwürfe dieser erwachenden nationalen Kunst.
Als eine acht nationale Kunst ist sie auch local; die Hauptstädte Hollands,
die Heerde der Volkserhebung: Haarlem, Leyden, Delft, Haag, Utrecht,
zuletzt erst Amsterdam, welches sich lange der Erhebung widersetzt hatte,
wetteifern in ihrer Kunstthätigkeit. Jede Stadt hat ihre berühmten Bildniss-
maler, die in ihren Portraits die Geschichte ihrer Vaterstadt niederlegen, in
ihren „Schutters- und Regentenstukken" die tapferen Theilnehmer an der
Befreiung und an der Wiederbegriindung des Staates der Nachwelt über-
liefern. Und mit der Freiheit, mit welcher sie über den Stoff schalten, Alles
malen, was malerisch ist, mit derselben Freiheit gestalten sie auch die Tech-
nik um. Auf dem kürzesten Wege charakteristisch zu sein und den male-
rischen Schein zu geben, ist ihre nächste Aufgabe. Der Farbe der Fla-
mänder setzen sie als höchstes Princip des Malerischen den Ton gegenüber.
 
Annotationen