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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0059
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Das Blatt mit der Kuchenbäckerin ist Johanes Molenaer 1641 bezeichnet,
ist also wahrscheinlich dem Schüler des Frans Hals zuzuschreiben.
Wir hätten also unter den Meistern Namens Molenaer folgende drei
Generationen zu unterscheiden, welche vielleicht in verwandtschaftlichem
Verhältnisse stehen: den Landschafter Cornelis Molenaer — den Genre-
maler Jan (?) Molenaer aus der Schule des F. Hals — den Genremaler
Jan Miensen Molenaer und den Landschafter Nicolaus Molenaer*).

Die eben besprochenen Gemälde des älteren Molenaer bilden durch
die Wahl ihrer Motive und durch die reichere und lebendigere Darstellung
den Uebergang zu den beiden bekanntesten und bedeutendsten Schülern,
welche F. Hals herangebildet hat, zu Adriaen Brouwer und Adriaen
Ostade. Schon der Kreis, aus welchem diese Meister ihre Darstellungen
entnehmen, das Leben und Treiben der holländischen Bauern, bedingt
einen Theil der wesentlichen Abweichungen, durch die sich beide von
der bisher betrachteten Gruppe der Schüler des Frans Hals unterscheiden.
Die Scenen, welche uns Dirk Hals und die ihm verwandten Meister schil-
derten, führten uns in das Treiben einer Welt, die bei aller Ungebundenheit
doch nicht völlig naiv war, sondern in ihrem äusseren Erscheinen die
höheren Kreise copirte und selbst karikirte. Jene ausgelassene Soldatesca
und die wilde Jugend in ihrem Gefolge bot dem Maler in dem ein-
zelnen Individuum wenig Interesse, um so mehr aber in ihrer eleganten
und reichen Erscheinung, in ihrem allgemeinen malerischen Treiben, und nur
dieses in seiner vollen Aeusserlichkeit wollten und konnten jene Meister zum
Ausdruck bringen. Diese pittoreske Aussenseite bot freilich die holländische
Bauernwelt nicht dar; der Maler musste hier bereits tiefer eingehen: die
frische Naivität, die ungeschminkte Kraft der Leidenschaften, welche sich
in diesem Stande erhalten hatte, forderte ein näheres Eingehen auf die
Individualität des Einzelnen und zugleich das Streben nach künstlerischer
Anordnung der Scenen. Dass diese Aufgabe eine höhere Begabung er-

*) Van der Williger theilt über die Molenaer folgende Notizen mit, die jedoch
noch kein abschliessendes Resultat ergeben. Ein Johannes Molenaer aus Haarlem, von
dem aber nicht sicher ist, ob er Maler war, verheirathete sich 1G3G mit der Malerin
Judith Leyster, er starb im Jahre 1685. Jan Miensen Molenaer, aus Haarlem gebürtig,
starb im September lü(i8. Ein Bartholomeus Molenaer wurde 1640 Mitglied der
Haarlemer Gilde. Nicolaas trat 1651 in dieselbe ein, er starb im December 1676.
Endlich ist noch im Jahre 1685 ein Jan. Molenaer in die Lucasgilde aufgenommen,
der Sohn eines Jan Jacobsse Molenaer, der im Jahre 1654 geboren war.

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