Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3

vorigen Jahrhundert eine grosse Zahl von Gemälden holländischer und vlämischer Meister auf den
Hamburger Kunstmarkt, welcher dadurch für Deutschland nach dieser Richtung der Mittelpunkt des
Bilderhandels wurde. Herzog Christian Ludwig hat von dieser günstigen Gelegenheit im ausgedehntesten
Masse Nutzen gezogen. Dass die Wahl der Bilder in der Regel mit Glück getroffen wurde, ist ein
Beweis für den feinen Geschmack des hohen Herrn.
Die Erwerbungen des Fürsten fanden vorwiegend im Schloss zu Schwerin ihre Aufstellung. Ein
erstes dürftiges Verzeichniss der Galerie, welche im Schlösse eingerichtet wurde, ist im Jahre 1792 von
dem herzoglichen Kammerdiener Johann Gottfried Groth ausgegeben worden; es umfasst 695 Gemälde.
Bald darauf, im Jahre 1807, traf auch die Schweriner Galerie dasselbe Schicksal, welches Napoleon I.
über die meisten deutschen und italienischen Galerien verhängte: eine Auswahl von 209 Bildern wurde
nacli Paris überführt, wo die Gemälde im Musee Napoleon des Louvre ihre Aufftellung erhielten. Das
Jahr 1815, welches dieser in seiner Art einzigen Weltgalerie ein Ende machte, führte auch die Schweriner
Bilder (und zwar diese ausnahmsweise vollzählig) wieder seinem Eigenthümer zurück. Doch wurden
dieselben jetzt nicht wieder im Schweriner Schloss, sondern im Schloss zu Ludwigslust aufgehellt.
Ein besonderes Verzeichniss dieser 218 Bilder umfassenden Galerie, welche namentlich die Perlen der
niederländischen Kleinmeister aufzuweisen hatte, wurde 1821 vom Hofmaler Lenthe ausgegeben. Eine
Veränderung im Bestande dieser kleinen, gewählten Galerie bis zu ihrer Überführung in das neue
Schweriner Museum ist meines Wissens nicht vorgenommen worden. Anders war es gleichzeitig mit der
Galerie des Schweriner Schlosses, deren Verzeichniss derselbe Lenthe im Jahre 1836 veröffentlichte.
Damals zählte diese Sammlung 700 Gemälde. Dieser Bestand ist durch Erwerbungen, welche theils durch
Ankauf, theils durch Tausch auf Vorschlag des letzten Sammlungsvorhandes, Geheime Cabinetsrath
Proseh gemacht wurden, nicht ganz unwesentlicli verändert worden. Ein gutes Geschäft hat die Galerie
dabei freilich nicht gemacht: eine Anzahl zweifelhafter italienischer Gemälde wurde für gute nieder-
ländische Bilder von Meistern, die man gar zu reichlich vertreten zu haben glaubte, oder die man nicht
schätzte, in Austausch gegeben. Ich nenne unter diesen Verlusten namentlich verschiedene gute Gemälde
des Aart van der Neer, J. Both, M. Hondecoeter, Bakhuizen u. s. f. Einige der auf diese Weise der
Galerie entzogenen Gemälde, wie ein Paar Bilder des Jan Wouwerman und Th. Wyck, hat der jetzige
Direktor wieder zurückerwerben können.
Der Entschluss, die beiden Galerien in Ludwigslust und Schwerin wieder zu vereinigen, ging aus
der höchsteigenen Initiative des Grossherzogs Friedrich Franz hervor und führte zu dem Plane eines
Neubaues zur Aufnahme beider Sammlungen. In dem Archäologen Friedrich Schlie, einem Schüler
von Brunn, fand der Fürst den energischen, in die Aufgabe rasch sich hineinlebenden Mann. Seinem
rastlosen Eifer ist es vor allem zu danken, dass in wenigen Jahren die Auswahl aus den Sammlungen
in Ludwigslust und Schwerin getroffen wurde und dazu noch die besten Gemälde im Schlösse von
Neustadt, welche schon vorher der Mehrzahl nach auf dem Boden des Ludwigsluster Schlosses gebracht
waren, hinzugefügt wurden, dass die Aufftellung dieser Gemälde in den neuen Räumen rasch und in
vortheilhafter Weise erfolgte und mit Eröffnung derselben ein kurzes Verzeichniss und ein ausführlicher
Katalog ausgegeben werden konnten. Dieser Katalog darf als die ausführlichste kritische Arbeit in
seiner Art bezeichnet werden. Für die Benützung in der Galerie selbst überschreitet er freilich schon
das Mass der dafür wünsehenswerthen Handlichkeit; für den Gebrauch in der Sammlung selbst ist aber
das Verzeichniss, nicht dieser Katalog berechnet, der vielmehr für die wissenschaftliche Benützung alles
nothwendige Material zusammenstellen will. Dies thut er in einer zur Zeit erschöpfenden Weise. Darüber
hinaus hat sich der Verfasser durch seine ausführlichen Künstlerbiographien einer Mühe unterzogen, die
sich in Zukunft die Verfasser ähnlicher Galeriekataloge fast regelmässig ersparen werden. Denn es ist

1*
 
Annotationen