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Lehrer hatte. Aber Lievens, ein Jahr jünger als Rembrandt und gleichfalls aus Leiden gebürtig, war
mit diesem zusammen Schüler des Pieter Lastman in Amsterdam und hatte dadurch nicht nur dieselben
Vorbilder, sondern erfuhr auch schon damals offenbar von seinem begabteren Mitschüler bestimmenden
Einfluss. Salomon Koninck, drei Jahre nach Rembrandt in Amsterdam geboren und dort unter ähnlichen
Einssüssen wie Rembrandt ausgebildet, musste nach dessen Übersiedlung nach Amsterdam seiner Ein-
wirkung besonders zugänglich sein.
Das einzige Werk, welches in der Galerie unter dem Namen des Jan Livensz (oder Lievens, wie
er gewöhnlich geschrieben wird) geht, die Halbfigur des Apostels Lukas, müsste seiner früheren,
Rembrandt noch sehr nahestehenden Zeit angehören. Der Apostel ist eine ganz ähnliche, einfach als
Studie nach dem Leben aufgefasste Gewalt, wie das frühe Greisenbildniss von Rembrandt, das wir eben
besprochen haben. Das voll einfallende Licht, der fahle Ton der einförmig hellen Färbung, die derbe
körnige Behandlung, die knubbeligen Formen hat das Bild mit solchen Jugendwerken Rembrandt's
gemein, ohne dieselben freilich in malerischer Wirkung und geistreicher Behandlung zu erreichen.
Abweichend von der gewöhnlichen Färbung ist hier das röthliche Colorit des lederartig erscheinenden
Fleisches, das wir wohl auf die Individualität des Modells zurückzuführen haben. Dadurch erscheint
das Bild einem mir nur durch die Inschrift auf zwei Gemälden im Besitze des Professors Österley in
Hannover und in der Galerie zu Emden bekannten Maler Stavarenus ganz nahe verwandt. Ersteres
ist gleichfalls ein grosses Apostelbild, der heilige Petrus; Färbung und Behandlung slehen Rembrandt
und Lievens nahe; in der Zeichnung der Hände verräth sich noch der Einssuss alterthümlicher Meister,
wie der des P. de Grebber. Das Bild muss nach seiner Färbung und Behandlung etwa um das Jahr 1640
entstanden sein. Sollte sich etwa ein Jugendwerk des Jan Staveren, der hier seinen Namen latinisirt
hätte, in diesem Bilde verbergen? Der Zeit der Entstehung nach wäre dies nicht unmöglich; auch
kommt ja Staveren als Nachfolger des Gerard Dou unmittelbar aus der Schule seines älteren Lands-
mannes Rembrandt. Freilich von den kleinen ängstlich behandelten Kabirietsbildern, in denen uns
Staveren sonst nur bekannt ist, ist jenes derbe, breit behandelte grosse Bild grundverschieden. Auch
das zweite, /. Staverenus bezeichnete Gemälde in der Galerie zu Emden, eine lebensgrosse Halbfigur
in der Art des C. van Everdingen, scheint gegen diese Annahme zu sprechen.
Für die Biographie des Jan Livensz hat uns die neueste holländische Archivforschung genauere
Daten geliefert. Er wurde am 24. Oktober 1607 in Leiden geboren und am 8. Juni 1674 wurde in der
Nieuwerkerk zu Amsterdam eine Gruft für ihn geöffnet. Als Zeitpunkt seiner Übersiedlung nach England
ist das Jahr 1631 wahrscheinlich gemacht; im Jahre 1635 ist er bereits in Antwerpen ansässig; bald nach
1643 ist er nach Holland zurückgekehrt, wo er in Amsterdam mit kurzen Unterbrechungen (1661 im
Haag) seinen Wohnsitz nahm. Der Aufenthalt in London, gleichzeitig mit A. van Dyck, und der spätere
Antwerpener Aufenthalt erklären den Einssuss, welchen die vlämische Schule, insbesondere A. van Dyck
auf Livensz ausübten. Der daneben sehr in's Auge fallende Einssuss der grossen venetianischen Meister,
welcher sich in einer Reihe meist grösserer historischer Bilder aus der mittleren Zeit des Livensz geltend
macht (heisst doch eines seiner Bilder in der Galerie Doria in Rom sogar Tizian!), ist vielleicht gleich-
falls auf diesen Aufenthalt in London, namentlich auf Studien in der Galerie Carl's I., zurückzuführen
und nicht auf eine Reise nach Italien, über die uns sonst gar nichts mitgetheilt wird.
Auch über die Künstlerfamilie Koninck haben wir in neuester Zeit interessante Auskunft erhalten.
Die beiden Amsterdamer Goldschmiede, Pieter und Aart de Koninck, wahrscheinlich Brüder und aus
Antwerpen übersiedelt, sind die Väter der verschiedenen Maler dieses Namens: Aart's Söhne sind
Philips, Daniel und Jakob de Koninck; der Sohn von Pieter ist Salomon Koninck. Sein Geburtsjahr
Lehrer hatte. Aber Lievens, ein Jahr jünger als Rembrandt und gleichfalls aus Leiden gebürtig, war
mit diesem zusammen Schüler des Pieter Lastman in Amsterdam und hatte dadurch nicht nur dieselben
Vorbilder, sondern erfuhr auch schon damals offenbar von seinem begabteren Mitschüler bestimmenden
Einfluss. Salomon Koninck, drei Jahre nach Rembrandt in Amsterdam geboren und dort unter ähnlichen
Einssüssen wie Rembrandt ausgebildet, musste nach dessen Übersiedlung nach Amsterdam seiner Ein-
wirkung besonders zugänglich sein.
Das einzige Werk, welches in der Galerie unter dem Namen des Jan Livensz (oder Lievens, wie
er gewöhnlich geschrieben wird) geht, die Halbfigur des Apostels Lukas, müsste seiner früheren,
Rembrandt noch sehr nahestehenden Zeit angehören. Der Apostel ist eine ganz ähnliche, einfach als
Studie nach dem Leben aufgefasste Gewalt, wie das frühe Greisenbildniss von Rembrandt, das wir eben
besprochen haben. Das voll einfallende Licht, der fahle Ton der einförmig hellen Färbung, die derbe
körnige Behandlung, die knubbeligen Formen hat das Bild mit solchen Jugendwerken Rembrandt's
gemein, ohne dieselben freilich in malerischer Wirkung und geistreicher Behandlung zu erreichen.
Abweichend von der gewöhnlichen Färbung ist hier das röthliche Colorit des lederartig erscheinenden
Fleisches, das wir wohl auf die Individualität des Modells zurückzuführen haben. Dadurch erscheint
das Bild einem mir nur durch die Inschrift auf zwei Gemälden im Besitze des Professors Österley in
Hannover und in der Galerie zu Emden bekannten Maler Stavarenus ganz nahe verwandt. Ersteres
ist gleichfalls ein grosses Apostelbild, der heilige Petrus; Färbung und Behandlung slehen Rembrandt
und Lievens nahe; in der Zeichnung der Hände verräth sich noch der Einssuss alterthümlicher Meister,
wie der des P. de Grebber. Das Bild muss nach seiner Färbung und Behandlung etwa um das Jahr 1640
entstanden sein. Sollte sich etwa ein Jugendwerk des Jan Staveren, der hier seinen Namen latinisirt
hätte, in diesem Bilde verbergen? Der Zeit der Entstehung nach wäre dies nicht unmöglich; auch
kommt ja Staveren als Nachfolger des Gerard Dou unmittelbar aus der Schule seines älteren Lands-
mannes Rembrandt. Freilich von den kleinen ängstlich behandelten Kabirietsbildern, in denen uns
Staveren sonst nur bekannt ist, ist jenes derbe, breit behandelte grosse Bild grundverschieden. Auch
das zweite, /. Staverenus bezeichnete Gemälde in der Galerie zu Emden, eine lebensgrosse Halbfigur
in der Art des C. van Everdingen, scheint gegen diese Annahme zu sprechen.
Für die Biographie des Jan Livensz hat uns die neueste holländische Archivforschung genauere
Daten geliefert. Er wurde am 24. Oktober 1607 in Leiden geboren und am 8. Juni 1674 wurde in der
Nieuwerkerk zu Amsterdam eine Gruft für ihn geöffnet. Als Zeitpunkt seiner Übersiedlung nach England
ist das Jahr 1631 wahrscheinlich gemacht; im Jahre 1635 ist er bereits in Antwerpen ansässig; bald nach
1643 ist er nach Holland zurückgekehrt, wo er in Amsterdam mit kurzen Unterbrechungen (1661 im
Haag) seinen Wohnsitz nahm. Der Aufenthalt in London, gleichzeitig mit A. van Dyck, und der spätere
Antwerpener Aufenthalt erklären den Einssuss, welchen die vlämische Schule, insbesondere A. van Dyck
auf Livensz ausübten. Der daneben sehr in's Auge fallende Einssuss der grossen venetianischen Meister,
welcher sich in einer Reihe meist grösserer historischer Bilder aus der mittleren Zeit des Livensz geltend
macht (heisst doch eines seiner Bilder in der Galerie Doria in Rom sogar Tizian!), ist vielleicht gleich-
falls auf diesen Aufenthalt in London, namentlich auf Studien in der Galerie Carl's I., zurückzuführen
und nicht auf eine Reise nach Italien, über die uns sonst gar nichts mitgetheilt wird.
Auch über die Künstlerfamilie Koninck haben wir in neuester Zeit interessante Auskunft erhalten.
Die beiden Amsterdamer Goldschmiede, Pieter und Aart de Koninck, wahrscheinlich Brüder und aus
Antwerpen übersiedelt, sind die Väter der verschiedenen Maler dieses Namens: Aart's Söhne sind
Philips, Daniel und Jakob de Koninck; der Sohn von Pieter ist Salomon Koninck. Sein Geburtsjahr