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C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat <Leipzig> [Hrsg.]
Sammlung kostbarer alter Kupferstiche, Holzschnitte und Radierungen des in Mannheim verstorbenen Dr. ing. h. c. Carl Gaa: ferner dessen Spezialsammlung von Stichen und Radierungen des Georg Friedrich Schmidt ... ; Versteigerung am Mittwoch, den 5. und Donnerstag, den 6. Mai 1926 — Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.22083#0011
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CARLOS GAA

DIE Sammlung Carlos Gaa, die am 5. und 6. Mai 1926 von C. G. Boerner versteigert
wird, gehört zwar nicht zu den seit vielen Dezennien allen Kunstfreunden bekannten
Kupferstichsammlungen, hat aber dennoch vor vielen anderen, die nach langer Vereinigung
in den Händen und unter den Augen des Besitzers wieder auf den Kunstmarkt gelangen,
etwas voraus: die außerordentliche Gewähltheit und Gleichmäßigkeit der Qualität. Es spiegelt
sich in ihr — wie es ja eigentlich immer der Fall sein sollte — die Persönlichkeit ihres Be-
sitzers, der allem Scheinwesen abhold, ein stiller Freund der graphischen Künste war und
frühzeitig zu der Einsicht gelangte, daß das Sammeln von Kupferstichen und Holzschnitten
nur dann einen Wert und Zweck habe, wenn man mit gereiftem Blick auf Grund mitunter
auch schmerzlicher Erfahrungen, wie sie keinem Sammler erspart bleiben, nur die allervor-
züglichsten Drucke der Erwerbung und Einreihung in seine Mappen für würdig hält.

Es sei mir gestattet an dieser Stelle ein kurzes Bild des vortrefflichen Mannes zu geben,
dem ich leider viel zu spät im Leben begegnete und den ich viel zu früh der großen Zahl
von Sammlern zurechnen mußte, die ich zwar noch persönlich kennenzulernen das Glück
hatte, aber früher oder später wieder vom Schauplatz abtreten sehen mußte.

Carlos Gaa wurde am 16. Juni 1871 in Malaga geboren, wo sein Vater eine Maschinen-
fabrik besaß. Er war Deutscher, aber die Mutter Andalusierin. Beide starben sehr früh, so
daß der Knabe bereits in seinem neunten Lebensjahre mit zwei Schwestern und einem Bruder
nach Deutschland kam, wo er bei Verwandten in Frankfurt erzogen wurde. Schon als junger
Ingenieur zeichnete er sich so sehr aus, daß ihn im Alter von 22 Jahren die Brown, Boveri-
Gesellschaft 1893 mit dem Bau und Betrieb des Städtischen Elektrizitätswerkes Frankfurt be-
traute. Auch den Bau des Mannheimer Elektrizitätswerkes leitete er um die Wende des Jahr-
hunderts und schritt von Erfolg zu Erfolg vorwärts. Es ist hier nicht der Ort, über die emi-
nente Bedeutung Carlos Gaas auf seinem eigentlichen Berufsgebiet in Mannheim zu sprechen,
wo er als Mitglied des Vorstandes der Brown, Boveri & Co. A.-G. tätig war. Auch wurde
das schon anläßlich seines ganz plötzlich und unerwartet erfolgten Todes von berufenerer Seite
getan. Erwähnt sei nur, daß ihn die Technische Hochschule in Karlsruhe anläßlich des
25. Dienstjubiläums in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Elektrotechnik 1918 durch
Verleihung des Ehrendoktortitels auszeichnete, zu dem später noch die Würde eines Ehren-
bürgers der Stadt hinzukam.

Die stark schöpferische Arbeit seines Lebenswerkes, die sich mit so viel Energie in allem
zu erkennen gab, was er unternahm, zeigte sich aber auch in der andern Seite seiner Wesens-
art, ich meine in seiner stillen, zielbewußten Tätigkeit als Kunstfreund und Sammler, die ihm
das Leben an der Seite einer verständnisinnig auf seine Neigungen eingehenden Gattin erst
lebenswert machte. Er begann mit dem Sammeln im Jahr seiner Eheschließung 1908, und
ein Jahr später lernten wir uns bei einer der Gutekunstschen Maiauktionen in Stuttgart kennen,
 
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