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Braun, Joseph
Praktische Paramentenkunde — Freiburg i. Br., 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2048#0111
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Fünftes KnpitoJ.

scheibe drückt und nun auf die andere das Muster
durchpaust.

Bei Borten und Besätzen mit sich wiederholendem
Rapport ist ein Auszeichnen der ganzen Borte oder
des ganzen Besatzes nicht nötig. Es genügt, den
Rapport etwa zweimal dem Pauspapier aufzutragen.

2. Das Vergrößern oder Verkleinern einer Vorlage.
Es kann vorkommen, daß man ein für einen be-
stimmten Zweck angefertigtes Muster für einen andern
zu verwenden wünscht, für den es so, wie es vor-
liegt, zu groß oder zu klein ist, daß man dasselbe
also, falls man es gebrauchen will, verkleinern oder
vergrößern muß. Auch werden häufig die Stick-
muster der Raumersparnis wegen verkleinert dargestellt.
Es ist deshalb notwendig, daß die Stickerin weiß, wie
sie es in solchen Fällen anzustellen habe, um die Zeich-
nung nach Bedarf zu verkleinern oder zu vergrößern.

Gewöhnlich geschieht das Vergrößern oder Ver-
kleinern einer Zeichnung mittels des sog. Panto-
graphen oder Storchschnabels. Da man indessen einen
solchen nicht überall zur Hand hat und obendrein
seine Hantierung eine gewisse Fertigkeit erheischt,
so wird man zur Vornahme von Vergrößerungen und
Verkleinerungen besser folgenden Weg einschlagen
(vgl. Bild 38, S. 78).

Man überzieht die Vorlage mit einem Netz kleiner
Quadrate. Dann bringt man auf dem Papier,
auf dem man die Vergrößerung oder Verkleinerung
herstellen will, ebenfalls ein Netz von Qua-
draten an. Dieselben müssen um ebensoviel
größer oder kleiner sein als die Quadrate des
ersten Netzes, wie die neue Zeichnung größer
oder kleiner werden soll als das Original. Messen
z. B. die Quadrate des über die Vorlage ausgeführten
Netzes x/a cm im Geviert, und soll die Vorlage um
das Doppelte vergrößert bzw. auf die Hälfte ver-
kleinert werden, so müssen die Quadrate des zweiten
Netzes 1 cm bzw. lj4 cm im Geviert haben.

Am einfachsten geht man bei Herstellung des
zweiten Netzes in folgender Weise zu Werke. Man
bestimmt auf dem Papier durch zwei Punkte, die
Höhe, welche die vergrößerte bzw. verkleinerte Vor-
lage erhalten soll, legt durch dieselben zwei parallele
Linien, bringt zwischen diesen beiden Parallelen in
gleichem Abstand voneinander noch gerade so viele
andere Parallelen an, wie sich beim Netz auf
der Zeichnung zwischen den beiden äußersten Horizontal-
linien finden, und zieht schließlich in derselben Ent-
fernung voneinander, welche zwischen den wagerechten
Linien besteht, die senkrechten ein.

Hat man beide Netze hergestellt, so zeichnet man
die Linien, die sich in den einzelnen Quadraten des
ersten Netzes finden, in die entsprechenden Qua-
drate des zweiten Netzes ein, und die gewünschte
Vergrößerung oder Verkleinerung ist fertig.

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3. Das Übertragen der Zeichnung auf den Stick-
grund. Hat man das Muster aus seinen Teilen voll-
ständig zusammengesetzt oder, wo eine Zusammen-
stellung nicht erforderlich war, in hinreichendem
Umfang von der Vorlage abgepaust, so geht man
dazu Über, es dem Stickgrund zum Zweck der
Ausführung aufzukopieren. Man bedient sich dazu
bei Linnen und Baumwollstoffen am zweck-
mäßigsten des überall leicht erhältlichen blauen
Aufpauspapiers. Das Aufpausen wird auf einem
Zeichenbrett, in Ermangelung eines solchen aber auf
einem gewöhnlichen Tisch vorgenommen und geschieht
in folgender Weise. Man spreitet den Stick-
grund glatt auf dem Brett bzw. dem Tisch aus,
legt das Aufpauspapier darüber, deckt Uber
dieses die Zeichnung und fährt dann unter
leichtem Druck mit einem harten, gespitzten Blei-
stift oder dem Ende einer Stricknadel über die ein-
zelnen Linien derselben. Damit Stoff und Zeichnung
sich nicht verschieben, hefte man beide mit einigen
Heftnägeichen zusammen auf dem Brett oder der
Tischplatte an. Ist das Aufpausen beendet, so hebt
man, ehe man die Nägelchen entfernt, Zeichnung und
Pauspapier in die Höhe, um nachzusehen, ob nicht
vielleicht der eine oder andere Strich ausgelassen
oder nur undeutlich wiedergegeben wurde, und trägt,
wenn nötig, das Fehlende ein oder zieht nochmals
nach, was sich nicht scharf genug abgeprägt hat.

Auch auf Seide kann man die Zeichnung mit Hilfe
des Aufpausverfahrens kopieren, nur muß man sich dazu
bei dunkeln (roten, grünen, violetten und schwarzen)
Seidenstoffen statt eines blauen eines weißen Paus-
papieres bedienen, da sonst die Pause entweder gar
nicht oder doch nicht genügend sichtbar würde. In-
dessen ist hier ein solches Aufpausen weniger ratsam,
da etwaige fehlerhafte Striche sich kaum entfernen
lassen und zudem durch unbedachtsames Drücken auf
die Zeichnung leicht auf dem Stoff Flecken entstehen
können. Zum mindesten erfordert es bei Seide eine
besondere Sorgfalt und Vorsicht. Bei Sammet kann
natürlich von einer Übertragung des Musters auf den
Stickgrund mittels Aufpauspapiers keine Rede sein.

Für Seide und Sammet bedient man sich daher
zum Aufzeichnen des Musters anderer Verfahren.
Eine sehr einfache Methode besteht darin, daß
man die Zeichnung auf ein dünnes aber halt-
bares Seidenpapier durchzeichnet, das Papier
sodann auf den seidenen oder sammetnen Stickgrund
mit langen Stichen aufnäht, durch das Seiden-
papier hindurch die Umrisse des Musters dem
Stoff aufstickt, nach Vollendung aller Um-
risse das Seidenpapier sorgfältig entfernt und
nun das in Konturen dem Stickgrund eingestickte
Muster weiter ausführt. Zur Herstellung der
Umrisse bedient man sich bei diesem Verfahren je

Praktische Bemerkungen für dio Ausführung von Stickereien.
 
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