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Centrales Nervensystem.
daß der aufrechte Gang des Menschen mit allen seinen neuen Möglichkeiten
für den Organismus einhergeht mit der mächtigen Entfaltung des Großhirns.
In der unausweichlichen Verknüpfung zwischen Körper und Nervensystem
liegt der Schlüssel für die stammesgeschichtliche Ausgestaltung des Gesamt-
nervensystems. Für die des Centraiorgans im besonderen kommt hinzu das Ein-
legen neuer Leitungen und Schaltungen, welche den ursprünglichen übergeordnet
werden, neue Mannigfaltigkeit in die Verbindung der eintreffenden Reize, der
Ursprungs- und der Erfolgsorgane bringen. So wirkt das centrale Nerven-
system wieder zurück auf den Körper. Körper und Nervensystem stehen in
ständiger Wechselwirkung funktioneller wie gestaltender Art.
Hier erhebt sich jedoch eine Schwierigkeit von grundsätzlicher Bedeutung.
Bei der näheren Betrachtung der Funktionen des Nervensystems unter nor-
malen und abnormen Bedingungen fehlt uns die Möglichkeit, die funktionellen
Tatsachen mit den anatomischen ganz in Einklang zu bringen. Wir müssen
uns vorläufig damit bescheiden, Bau und Funktion des Nervensystems wenig-
stens im groben aufeinander beziehen zu können, ohne mit den bisher gewonnenen
Kenntnissen wirklich die Tiefe zu erreichen. Gibt es doch alte Versuche, z. B.
mit mehrfacher halbseitiger Durchschneidung des Rückenmarkes, deren Ergeb-
nisse den anatomischen Befunden geradeswegs zuwiderzulaufen scheinen. Wir
sind zwar von der gegenseitigen Abhängigkeit von Gestalt und Funktion auch
im Nervensystem durchaus überzeugt, haben aber nur sehr geringen Einblick,
welche von den uns aus der Gestalt ersichtlichen Verwendungsmöglichkeiten
wirklich betätigt werden. Aus dem Bau auf die Funktion — und umgekehrt -
zu schließen, vermögen wir nur in sehr bescheidenem Maße, keinesfalls erschöpfend,
am wenigsten beim Nervensystem. Bei der schier unübersehbar großen Zahl
von Leitungen. Schaltungen und Möglichkeiten ihrer Verwendung muß jede
Darstellung sehr stark schematisieren und hat in ihrer notwendigen Beschrän-
kung auf die gröbsten Erscheinungen nur beschränkten Wirklichkeitswert.
2. Allgemeine Morphologie des Centrainervensystems.
Den peripheren nervösen Leitungsbahnen wird mit guten morphologischen
und physiologischen Gründen das nervöse Centraiorgan gegenübergestellt,
obwohl es mit den peripheren Bahnen zusammen eine große Einheit darstellt,
deren Teile vollkommen aufeinander angewiesen sind. Aber der ausgiebigen
Verästelung der peripheren Nerven steht die Geschlossenheit des Central-
organs, ihrer alleinigen Aufgabe der reinen Fortleiüuig von Erregungen seine
höhere Leistung als Organ der Umschaltung, der Verteilung, der quantitativen
und qualitativen Änderung der Erregungen gegenüber. Dem Centraiorgan
werden alle im Gesamtkörper ständig entstehenden einfachen Erregungen
auf peripheren Leitungswegen zugeführt, werden in ihnen gesammelt, ver-
arbeitet, und als einfache, aber veränderte Impulse auf peripheren Bahnen
dem Körper zurückgegeben.
Am Centraiorgan unterscheidet man nach der äußeren Gestalt zwei Haupt-
abschnitte: Rückenmark, Medulla spinalis, und Gehirn, Cerebrum, En-
cephalon, — das Rückenmark von der Form eines Stabes, das Gehirn an seinem
vorderen Ende wie des Stabes reich gestalteter Knauf. Das Rücken-mark ist in
den Kanal des Rückgrates, der Wirbelsäule, das En-cephalon in die Höhle des
Kopfes, des Schädels eingeschlossen. Die Grenze zwischen Rückenmark und
Gehirn entspricht der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel. Diese Grenz-
bestimmung geht von den fertigen Formen aus. Richtiger ist es, wie am Skelet,
so auch am Centrainervensystem den segmentierten und den unsegmentierten
Abschnitt zu unterscheiden und als Rückenmark den zum segmental gebauten,
Centrales Nervensystem.
daß der aufrechte Gang des Menschen mit allen seinen neuen Möglichkeiten
für den Organismus einhergeht mit der mächtigen Entfaltung des Großhirns.
In der unausweichlichen Verknüpfung zwischen Körper und Nervensystem
liegt der Schlüssel für die stammesgeschichtliche Ausgestaltung des Gesamt-
nervensystems. Für die des Centraiorgans im besonderen kommt hinzu das Ein-
legen neuer Leitungen und Schaltungen, welche den ursprünglichen übergeordnet
werden, neue Mannigfaltigkeit in die Verbindung der eintreffenden Reize, der
Ursprungs- und der Erfolgsorgane bringen. So wirkt das centrale Nerven-
system wieder zurück auf den Körper. Körper und Nervensystem stehen in
ständiger Wechselwirkung funktioneller wie gestaltender Art.
Hier erhebt sich jedoch eine Schwierigkeit von grundsätzlicher Bedeutung.
Bei der näheren Betrachtung der Funktionen des Nervensystems unter nor-
malen und abnormen Bedingungen fehlt uns die Möglichkeit, die funktionellen
Tatsachen mit den anatomischen ganz in Einklang zu bringen. Wir müssen
uns vorläufig damit bescheiden, Bau und Funktion des Nervensystems wenig-
stens im groben aufeinander beziehen zu können, ohne mit den bisher gewonnenen
Kenntnissen wirklich die Tiefe zu erreichen. Gibt es doch alte Versuche, z. B.
mit mehrfacher halbseitiger Durchschneidung des Rückenmarkes, deren Ergeb-
nisse den anatomischen Befunden geradeswegs zuwiderzulaufen scheinen. Wir
sind zwar von der gegenseitigen Abhängigkeit von Gestalt und Funktion auch
im Nervensystem durchaus überzeugt, haben aber nur sehr geringen Einblick,
welche von den uns aus der Gestalt ersichtlichen Verwendungsmöglichkeiten
wirklich betätigt werden. Aus dem Bau auf die Funktion — und umgekehrt -
zu schließen, vermögen wir nur in sehr bescheidenem Maße, keinesfalls erschöpfend,
am wenigsten beim Nervensystem. Bei der schier unübersehbar großen Zahl
von Leitungen. Schaltungen und Möglichkeiten ihrer Verwendung muß jede
Darstellung sehr stark schematisieren und hat in ihrer notwendigen Beschrän-
kung auf die gröbsten Erscheinungen nur beschränkten Wirklichkeitswert.
2. Allgemeine Morphologie des Centrainervensystems.
Den peripheren nervösen Leitungsbahnen wird mit guten morphologischen
und physiologischen Gründen das nervöse Centraiorgan gegenübergestellt,
obwohl es mit den peripheren Bahnen zusammen eine große Einheit darstellt,
deren Teile vollkommen aufeinander angewiesen sind. Aber der ausgiebigen
Verästelung der peripheren Nerven steht die Geschlossenheit des Central-
organs, ihrer alleinigen Aufgabe der reinen Fortleiüuig von Erregungen seine
höhere Leistung als Organ der Umschaltung, der Verteilung, der quantitativen
und qualitativen Änderung der Erregungen gegenüber. Dem Centraiorgan
werden alle im Gesamtkörper ständig entstehenden einfachen Erregungen
auf peripheren Leitungswegen zugeführt, werden in ihnen gesammelt, ver-
arbeitet, und als einfache, aber veränderte Impulse auf peripheren Bahnen
dem Körper zurückgegeben.
Am Centraiorgan unterscheidet man nach der äußeren Gestalt zwei Haupt-
abschnitte: Rückenmark, Medulla spinalis, und Gehirn, Cerebrum, En-
cephalon, — das Rückenmark von der Form eines Stabes, das Gehirn an seinem
vorderen Ende wie des Stabes reich gestalteter Knauf. Das Rücken-mark ist in
den Kanal des Rückgrates, der Wirbelsäule, das En-cephalon in die Höhle des
Kopfes, des Schädels eingeschlossen. Die Grenze zwischen Rückenmark und
Gehirn entspricht der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel. Diese Grenz-
bestimmung geht von den fertigen Formen aus. Richtiger ist es, wie am Skelet,
so auch am Centrainervensystem den segmentierten und den unsegmentierten
Abschnitt zu unterscheiden und als Rückenmark den zum segmental gebauten,