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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 3): Centrales Nervensystem — Berlin, Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.15176#0112
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Elementarapparat des Hirnstammes.

101

Die Schaltneuren des Elementarapparates sind vorwiegend in der Substantia' Nucleus
reticularis gegeben, an welcher man die Zellen und Fasern als Substantia reti- motorischer
cularis grisea und alba unterscheidet, ohne daß eine morphologische Abgrenzung Abb.eg. 8™
gegeben wäre. Die Zellen liegen größtenteils zerstreut zwischen den Fasernbis j|'4113'
der Substantia reticularis, ein Teil liegt in Gruppen beieinander, die, individuell Tab. s. 100,
sehr wechselnd, sich hauptsächlich dicht neben der Mittellinie, also außerhalb 108' 04
der eigentlichen Substantia reticularis finden. Alle diese Zellen können insgesamt
als Nucleus reticularis bezeichnet werden. Der „Nucleus reticularis" um-
faßt danach: die Einzelzellen der Substantia reticularis, die Nuclei raphes,
Nuclei centrales superior (Abb. S. 86) et inferior, den Nucleus praepositus
hypoglossi, die verschiedenen als „Nuclei reticulares" laterales und ähnlich
bezeichneten Zellgruppen, das Gangl. mesencephali laterale, ferner den Deiters-
schen Kern (Abb. S. 85), den roten Kern (Abb. S. 87), den Nucl. commissurae
posterioris (Darkschewitsch) und den ihm benachbarten Nucl. interstitialis
(Cajal) (Abb. S. 113). Der Nucl. reticularis deckt sich zum großen Teil mit
dem, was man in der vergleichenden Anatomie des Gehirns den „motorischen
Haubenkern", Nucl. motorius tegmenti genannt hat.

In ihrer Gesamtheit können diese Zellgruppen des Nucl. reticularis der
Gesamtheit der Einzelzellen und Zellgruppen der grauen Substanz' des
Rückenmarks mit Ausnahme der motorischen Vordersäulenzellen verglichen
werden, insofern sie die Schaltneuren des Eigenapparates von Urhirn bzw.
Rückenmark darstellen und Neuren der über Mittelhirn und Kleinhirn ge-
führten Leitungsbögen des Integrationsapparates, während die Großhirn-
leitungsbögen für Rückenmarks- und Hirnnerven von anderen Zellen gebildet
werden.

Der Nucleus reticularis enthält fast allenthalben Zellen zweier Größen, so
daß man einen Nucl. reticularis parvicellularis und magnocellularis unter-
scheiden kann. Die mächtigen Fasermassen im Seiten- und Vorderstrang des
Rückenmarks, die als Tractus rubro-, vestibulo- und reticulospinalis beim
Rückenmark abgehandelt worden sind, werden von den Neuriten hauptsäch-
lich des Nucl. reticularis magnocellularis, zum Teil auch des Nucl. parvicellu-
laris gebildet. In den Zellgruppen des Nucl. reticularis sind beide gemischt, nur
wenige Kerne sind rein großzellig wie der DEiTERSsche Kern.

Während die Neuriten des Nucl. reticularis magno-cellularis die „langen
Bahnen" des Tractus reticulo-spinalis bilden, sind die des kleinzelligen Anteiles
auf kurze Strecken des Urhirns und des anschließenden Halsmarks beschränkt.

Die Neuriten des Nucl. reticularis parvicellularis bilden einen großen Teil ^^i0^'
der Markfasern der Substantia reticularis. Sie verlaufen teils auf der gleichen med.
Seite, teils gekreuzt zur Gegenseite. Eigentliche Stränge wie von den Schalt- bis 87b 49,
neuren im Rückenmark die Grund- oder Binnenbündel werden von ihnen nicht™ , 1o41AA

Tab. S. 100,

gebildet. Soweit sie in das Rückenmark ziehen, mögen sie dort in die Grund- 108, g4
bündel eintreten. Nur ein geschlossenes Bündel, von den Fasern des Eigen-
apparates gebildet, ist sicher im Hirnstamm gegeben: das hintere Längsbündel,
Fase, longitudinalis medialis (Abb. S. 49, 85—87, 134, Schnitte). Es er-
streckt sich vom vorderen Ende des Mittelhirns bis zum unteren Ende des Brust-
abschnitts des Rückenmarks, nicht mit durchlaufenden, sondern, wenigstens im
Hirnstamm, mit wechselnden Fasern wie die Grundbündel des Elementar-
apparates des Rückenmarks. Zellen aus fast allen Teilen des Nucl. reticularis
(s. Tab. S. 100), besonders des Deiters-Kernes, und Zellen der sensiblen Kerne
der afferenten Hirnnerven einschließlich des Hör- und besonders des Gleich-
gewichtsnerven senden Neuriten oder deren Kollateralen in dieses Längsbündel,
und zwar der gleichen wie der Gegenseite. Es endigt, auch mit Kollateralen,
an den motorischen Wurzelzellen der Hirn- und Rückenmarksnerven.
 
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