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Bilderpreise 45

die sie »hoch in Ehren« hielten.249 Zehn Jahre darauf kam Matteo mit 300 flä-
mischen Bildern an den Hof Federigo Gonzagas nach Mantua, die von einem
Zeitgenossen als »schöne Landschaften auf Holz und Leinwand« beschrieben
wurden - »paesi in tavola et in tela, belissimi quanto dire si possa«.250 Es scheint,
als habe der Herzog das Interesse seiner Mutter für die nordalpine Kunst geteilt,
denn er erwarb weit über hundert dieser Bilder.251 Darunter waren allein zwan-
zig, die »brennende Landschaften zeigten, die einem die Hände versengten, wenn
man ihnen zu nahe kam«.252 Wahrscheinlich plante Federigo, ein Gemach sei-
nes Schlosses mit diesen Gemälden zu dekorieren, ein Vorhaben, von dem er of-
fensichtlich Abstand nahm, denn etliche der Bilder wurden später von Isabella
d'Este erworben.253

Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts hielt diese Begeisterung für Landschaf-
ten in Italien an. Als spätes Beispiel dafür sei hier nur Federico Borromeo (1564-
1631) angeführt, der sich allem Anschein nach sowohl für Stilleben wie für
Landschaften besonders interessierte.254

Alles in allem scheint seit der Mitte des 16. Jahrhunderts das Herstellen und
Verkaufen von Landschaftsbildern ein lohnendes Geschäft gewesen zu sein. Die
stetig wachsende Nachfrage und die daraus resultierenden Absatzmöglichkei-
ten waren für Pieter Bruegel Grund genug, sich auf die Herstellung von Land-
schaftsbildern zu spezialisieren.

Bei der Rekonstruktion des Marktes für Landschaftsdarstellungen und bei
dem Versuch, das Publikum dieser Bilder in den Blick zu nehmen, blieb eine
zentrale Frage unbeantwortet: Die Frage nämlich, woraus dieses bisher nicht ge-
kannte Interesse an der Darstellung der Landschaft resultierte.

Es ist im Zusammenhang mit diesem Phänomen verschiedentlich auf das mit
Beginn des 16. Jahrhunderts verstärkt aufkommende Interesse an Kartographie
und Geographie hingewiesen worden, das durch zahllose Traktate, Bücher, Kar-
ten und Ansichtenwerke bezeugt wird.255 Tatsächlich kann es wohl kaum ein
Zufall sein, daß mit dem Interesse an Darstellungen der den Menschen umge-
benden Natur auch ein wachsendes Interesse an der wissenschaftlichen Erfor-
schung der Welt einherging. Hier drängt sich die Frage auf, ob es tatsächlich ei-
nen Zusammenhang gab zwischen Landschaftskunst und dem, was man zu
Bruegels Zeit »Kosmographie« nannte. In einigen Abhandlungen zur Geschichte
der niederländischen Landschaftsmalerei findet sich deshalb ein Exkurs zu den
geographischen Bestrebungen des 15. und 16. Jahrhunderts.256 Die bisherige
Forschung beschied sich jedoch mit dem recht allgemeinen Hinweis, daß sich
die Landschaftsmalerei genau in jener Zeit als Bildgattung emanzipierte, in der
man sich verstärkt um die wissenschaftliche Erkundung der Welt bemühte. Bis
heute ist jedoch nicht untersucht, inwieweit Künstler mit den Erkenntnissen der
Wissenschaft ihrer Zeit vertraut waren und ob die neuen Erkenntnisse der Geo-
graphie auf ihre Weltsicht und ihre Werke Einfluß nahmen. Auch nach dem Pu-
 
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