Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
60_________________Kosmographie im Zeitalter Bruegels___________________

zählige Händler, die Karten edierten und verkauften. So besaß der bei Plantin
als Formschneider angestellte Arnold Nicolai (t 1585), der auf eigene Rechnung
Handel mit Kupferstichen betrieb, ein eigenes Atelier für geographische Kar-
ten.140 Auch die für Hieronymus Cock als Stecher tätigen Brüder Jan und Lucas
van Doetecum gaben eigenverantwortlich eine große Anzahl Karten heraus, von
denen etliche bis auf unsere Tage bewahrt geblieben sind.141

Schon die große Zahl an Händlern und Verlegern macht deutlich, daß das In-
teresse an Atlanten, Landkarten, Globen und Reisebeschreibungen nicht auf we-
nige professionelle Geographen, auf Seefahrer oder Kaufleute beschränkt blieb,
die Fernhandel trieben und - wie Shakespeare schrieb - »Nach Häfen, Reed'
und Damm in Karten gucken«.142 Von dem großen Interesse, das um die Mitte
des 16. Jahrhundert erwachte, zeugen nicht zuletzt Monumente wie die Galle-
ria de' Mappamondi im Vatikan oder der Hof des Palazzo Vecchio in Florenz.143
Eines der frühesten Monumente dieser Art sind die 1487 entstandenen Fresken,
die Pinturicchio (um 1454-1513) im Auftrag Innocenz VIII. für das Belvedere
des Vatikan schuf.144 Giorgio Vasari berichtet, daß er auf Wunsch des Papstes ei-
nen Raum mit Landschaften ausstaffierte - »una loggia tutta di paesi«: »dort
gab er Rom, Mailand, Genua, Florenz, Venedig und Neapel in der Weise der Fla-
men wieder; und als etwas bis dahin nicht Gebräuchliches gefielen sie sehr.«145
Ein anderes frühes Beispiel in diese Richtung liefert die »camera della cittä«
-das Städtezimmer-, das Francesco IL Gonzaga (1466-1519) um das Jahr 1490
in seiner Villa in Gonzaga anbringen ließ. Der Freskenzyklus stellte im Binnen-
land gelegene Städte wie Kairo, Florenz und Paris solchen gegenüber, die am
Meer gelegen waren, wie Konstantinopel, Genua, Neapel und Venedig.146 Der-
artige »camere della cittä« wurden in zahlreichen italienischen Palästen einge-
richtet. In Rom zum Beispiel in der Villa Farnesina, der Villa Giuliaund der Vil-
la Medici, aber auch im Palast der Farnese in Caprarola.147 Diese Mode blieb
aber bei weitem nicht auf Italien beschränkt. So ist beispielsweise belegt, daß
Philipp IL sich eigens ein mit Landkarten und Veduten dekoriertes Kabinett ein-
richten ließ, das seine über die Maßen gewachsene Kartensammlung aufneh-
men sollte, die in seinem »Studiolo« keinen Platz mehr fand.148

Auch in den Häusern der wohlhabenden Antwerpener Bürger fehlte es nicht
an Landkarten und geographischen Publikationen.149 Bevor aber das Publikum
genauer in den Blick genommen wird, gilt es zu fragen, wie eng Kunst und Kos-
mographie einander verbunden waren. Die Vermutung, daß den Künstlern je-
ner Tage aus dem allgemeinen Interesse an der Geographie neue Aufgaben er-
wuchsen, liegt nahe - doch wie sahen diese Aufgaben aus?
 
Annotationen