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_______________________Künstler als Kartographen_____________________73

aert, die uns mit den Himmlischen verbunden hält und unseren Geist mit re-
ligiöser Verehrung anfüllt.«7

Dürers Auffassung, daß die Hauptaufgaben der Kunst in der religiösen Hi-
storienmalerei und im Portrait lägen, war sicher von Italien beeinflußt. In Er-
gänzung dessen sah Dürer jedoch eine weiteren Nutzen der Malerei, der bei Al-
berto keine Erwähnung fand. Im folgenden schreibt Dürer, daß erst durch die
Werke der Kunst die Entdeckungen der Wissenschaft verständlich würden: »Dy
messung des ertrichs, wasser vnd der stern ist verstentlich worden durch daz ge-
mell vnd würt noch menschen vill künt durch antzewgung der gemell.«8 Diese
wissenschaftlich-didaktische Funktion der Malerei veranschaulicht in einer na-
iv anmutenden Weise am Beispiel der Astronomie, ein Holzschnitt von Dürers
Lehrer Michael Wohlgemut (1434/37-1519), auf dem ein Maler, vom Gipfel ei-
nes Berges - als »alter deus« -, die Sterne in das Himmelsgewölbe zeichnet.9 Um
aber zu verstehen, was Dürer mit diesen Worten meinte, braucht man nur das
Augenmerk auf seine eigenen Werke zu richten: Ein Beispiel dafür sind die bei-
den Sternkarten, die aus der Zusammenarbeit des Mathematikers Johannes Sta-
bius, des Astronomen Conrad Heinfogel und Albrecht Dürers erwuchs, der die
Berechnungen der beiden ins Bild setzte.10

Bedeutender vielleicht noch ist die gemeinsam von Stabius und Dürer ge-
schaffene Karte der östlichen Erdhalbkugel.11 Neben den schmückenden Wap-
pen und den Windbläserköpfen geht möglicherweise auch die Idee der ortho-
gonalen oder parallelperspektivischen echten Kugelprojektion der Karte auf
Dürer zurück. Die Erdkugel ist dabei so dargestellt, wie man sie heute aus sehr
großer Entfernung wirklich sehen kann. Als Karte ist eine solche, der perspek-
tivischen Sicht entsprechende Darstellung der Erdoberfläche, wenig brauchbar,
da allzuviele Länder, ja ganze Kontinente, unsichtbar werden. Europa und Osta-
sien geraten so an die äußeren Ecken der Karte, während der indische Ozean ins
Zentrum rückt. Daß sich Dürer für derartige Darstellungsprobleme interessierte,
wird nicht zuletzt aus der Tatsache deutlich, daß er für Pirckheimers lateinische
Ptolemaeus-Ausgabe eine Armilliarsphäre zeichnete.12 Dürer war dem Zirkel
der Nürnberger Geographen und Astronomen nicht nur freundschaftlich ver-
bunden, er war auch mit den Inhalten ihrer Forschungen wohlvertraut.13 Be-
sonders an Fragen der Geometrie war er interessiert, was nicht zuletzt seine ei-
genen Schriften erweisen. Seine 1525 erschienene »Unterweisung der Messung«,
ein populär gehaltener Lehrgang der angewandten Geometrie, wurde gar zur
reichhaltigsten und wichtigsten Publikation ihrer Art. Dabei war es nicht Dü-
rers Absicht gewesen, ein mathematisches Werk zu verfassen.1*1 Er wollte viel-
mehr eine Anleitung zur Ermittlung und Konstruktion geometrischer Figuren
für den praktischen Gebrauch des Malers und Handwerkers vorlegen und zu-
gleich die Grundlagen vermitteln, die für das Verständnis der von ihm konzi-
pierten Proportionslehre notwendig waren, die 1528 unter dem Titel »Vier
 
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