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_______________Künstler im Krieg 89

nis van den Wijngaerdes ausgestattet sei: »Gemalt auf Leinwand, von der Hand
ues Flamen Antonio de las Vinas, einem berühmten Maler, die großen Inseln
und Gebiete von Zeeland, mit allen seinen Städten, Häfen, Flüssen, Ufern und
deichen, sowie auch die See, die sich zum mächtigen Königreich England aus-
dehnt.«89

In einer anderen Galerie, begleitet von einer Gemäldefolge, die Schlachten und
Siege Karls V. schilderte, gab es Ansichten von London, von Neapel, Madrid und
Valladolid.90 Auch für die königlichen Paläste in Madrid malte van den Wijn-
gaerde diverse Karten und Veduten - auch niederländischer Städte. Im Jahre 1599
berichtete der deutsche Reisende Jacob Cuelvis, daß im »Alcäzar« zu Madrid ne-
ben Ansichten verschiedener spanischer Städte solche von Rom, Lissabon, Ge-
nua und Mailand, aber auch Bilder von Amsterdam, Dordrecht und Gent zu se-
hen waren.91 Auf einer seiner gezeichneten Veduten hat der Künstler selbst
vermerkt, daß es für ihn nichts Schöneres gäbe, als Ansichten zu malen: »Unter
allen Vergnügungen, die die erfreuliche & kunstreiche Malerei zu bieten hat, gibt
es keine, die ich höher schätze als die Wiedergabe von Orten.«92

Zumindest einige der Stadtansichten van den Wijngaerdes verdanken ihr Ent-
stehen aber weniger dem Kunstsinn seiner Gönner oder dem »Vergnügen an
der Malerei«, sondern vielmehr militärischen Operationen. Im Jahre 1557 zum
Beispiel begleitete der Künstler die spanischen Truppen auf ihrem Feldzug nach
Frankreich, und die Aufgabe, die er hier zu erfüllen hatte, war alles andere als
friedlich. Er war zum Beispiel dabei, als die spanischen Truppen die Stadt St.
Quentin belagerten. Die Schlacht, die hier zwischen kaiserlichen und französi-
schen Truppen entbrannte, wurde mit ungeheurer Erbitterung geführt und for-
derte auf beiden Seiten unzählige Opfer. Einen Eindruck davon vermittelt die
eindringliche Schilderung des französischen Feldarztes Ambroise Pare (1517-
1590), der noch Tage nach der Schlacht alle Hände voll zu tun hatte.93 Am fünf-
ten Tag waren noch immer nicht alle Offiziere geborgen, und so begab er sich
wieder an den Ort des Geschehens, um zumindest den Leichnam des Herrn
Bois-Dauphin des Älteren zu finden. Diesem Unterfangen war wenig Erfolg be-
schieden, da die unzähligen Leichen, die im Umkreis von einer halben Meile auf
dem Boden lagen, nicht mehr zu identifizieren waren.94

Verschiedene Zeichnungen von der Hand des Antonis van der Wijngaerde
haben sich erhalten, die den Ereignissen dieser Schlacht gewidmet sind.95 Eines
der Blätter, das als »patron de St. Quentin« bezeichnet ist, zeigt das gesamte
Schlachtfeld aus leicht erhöhter Position (Abb. 25).96 Das große Blatt ist von si-
cherer Hand mit schnellem Strich aufs Papier gebannt. Besondere Genauigkeit
ist dabei auf die Darstellung der Stadt und ihrer Festungsanlagen verwandt.
Deutlich sind vor den Mauern St. Quentins die von den Belagerern ausgehobe-
nen Gräben gezeigt, wobei neben die Geschützstellungen - durch kleine Kano-
nen kenntlich gemacht -jeweils eine Ziffer gesetzt ist, die auf die Zahl der auf-
 
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