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100 Kunst und Kartographie im Dienst der Städte

solchen Wasserstrassen vier grosse Wasser Clausen (gleich wie zwischen Vene-
dig und Padoua) sehen, da das Wasser auffgehalten wirt, damit es auff einmal
nicht so geling verfliesse, sondern auff die Schiff warte, unangesehen das zu
Brüssel im anfang des Canals die gelegenheit und das Wasser wol zwen und vier-
zig Schuh höher ist dann am ende des Wassergrabens.«9

Noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts galt der Willebroeck-Kanal als bedeu-
tende Sehenswürdigkeit, die der reisende Künstler Remigio Cantagallina (ca.
1580-1656) in mehreren Zeichnungen festhielt.10

Um ihren - sicherlich nicht unbegründeten - Stolz auf »ihren« Kanal zu do-
kumentieren, gaben die Vertreter des Antwerpener Magistrats 1563 bei dem We-
ber Michiel de Bos eine - heute verlorene - Teppichserie in Auftrag, die dem
Bau des Willebroeck-Kanals gewidmet war.11

Auch die Stadt Brüssel ließ es sich nicht nehmen, das Ereignis durch die Ver-
ewigung in einem Kunstwerk gebührend zu würdigen. Wohl zur Ausstattung
des Rathauses wurden einige Gemälde in Auftrag gegeben. Leider ist ein Groß-
teil des Brüsseler Stadtarchivs während einer Beschießung der Stadt durch Lud-
wig XIV. im Jahre 1695 ein Raub der Flammen geworden.12 Die Vergabe des Auf-
trags ist deshalb nur mehr durch Karel van Mander bezeugt. In seinem
»Schilder-Boeck« findet sich der Hinweis, daß die Herren von Brüssel Pieter
Bruegel kurz vor seinem Tode aufgefordert hatten, »das Graben des Brüssel-
Antwerpen-Kanals in einigen Bildern festzuhalten«. Wie van Mander weiter zu
berichten weiß, ist »durch seinen Tod die Ausführung aber unterblieben«.13

Gefordert waren hier Chorographien, die, wie Ptolemaeus sagt, »die klein-
sten denkbaren Örtlichkeiten behandeln, so wie Häfen, Gehöfte, Dörfer, Fluß-
läufe und dergleichen«.14 Die Frage, ob die Ausführung des einzigen für Brue-
gel bezeugten Auftrages tatsächlich unterblieb, ist offen.15 Der Kanal wurde im
Jahre 1561 eingeweiht, mithin rund acht Jahre vor Bruegels Tod.16 Es stellt sich
deshalb die Frage, ob Bruegel nicht wenigstens einige vorbereitende Arbeiten
unternahm, die sich auf diesen Auftrag bezogen.17 Tatsächlich wurde am 6. Mai
des Jahres 1716, auf einer Auktion in Amsterdam, ein Bild von »Bruegel« für 20
Gulden 10 Stuiver versteigert, dessen Beschreibung durchaus zu diesem Auftrag
passen könnte.18 Das heute verlorene Gemälde zeigte nämlich »De Heu« - ei-
nen Brabanter Schleppkahn - »beladen mit Volk, auf der Scheide nach Brüssel
segelnd«.19 Leider nennt der alte Auktionskatalog den Maler nicht mit Vorna-
men und ohne jede Attribution wie »de Oude«, so daß die Zuschreibung an Pie-
ter Bruegel d.Ä. höchst spekulativ bleibt.

Zu den wenigen Dokumenten aus dem 16. Jahrhundert, die in Brüssel allen
Widrigkeiten zum Trotz erhalten geblieben sind, zählt ein schwerer, in Perga-
ment gebundener Folio-Band, dessen sorgsam kalligraphiertes Titelblatt besagt,
daß es sich um das »Memorialbuch des neuen Schiffsweges der Stadt Brüssel«
handelt, das »im August des Jahres 1572 durch Joes de Smet und Cornelis van-
 
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