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Landschaft als Chorographie 155

Daneben gab es eine reiche Sammlung von Münzen und Medaillen, die durch
Jacques de Bie (1581-1650) ediert wurde.124 Das besondere Interesse Charles de
Croys galt aber augenscheinlich den Büchern: Die Bibliothek, die er in Beau-
mont errichtete, war seinerzeit die bedeutendste Büchersammlung in den Nie-
derlanden.125

Von dem reichen künstlerischen Leben, das sich am Hof Charles de Croys
entfaltete, zeugen aber nicht nur diese Inventare und vereinzelt erhaltene Wer-
ke, sondern auch eine nicht unbeträchtliche Zahl von Urkunden und Doku-
menten, die im Archiv der Familie bewahrt geblieben sind.126 So weisen die er-
haltenen Rechnungsbücher Zahlungen an die unterschiedlichsten Künstler und
Handwerker aus: Neben dem Löwener Adriaen van Bullestraete, der als Gar-
tenarchitekt angestellt war, erscheinen in den Rechnungen Maurer, Zimmer-
leute, Waffenschmiede, Schlosser, Fliesenleger und Tischler, auch Maler und
Bildhauer werden genannt.127 Sie alle trugen dazu bei, daß sich am Hofe Char-
les de Croys ein Kunstleben entfaltete, das in den Niederlanden jener Tage sei-
nesgleichen suchte.

Obwohl das Inventar der Gemälde nur in den seltensten Fällen einen Künst-
ler benennt, ist es dennoch möglich, etliche der erwähnten Werke zu identifi-
zieren. Neben zwei Tafeln mit der Versuchung des Heiligen Antonius von
Hieronymus Bosch und einer auf Leinwand gemalten Kopie von dessen Heu-
wagen hingen auf Heverlee auch ein Sprichwörterbild und ein Gemälde in der
Art Pieter Bruegels, das die Kornernte darstellte. In dessen Beschreibung heißt
es, daß »eine Gruppe Bauern mit ihren Frauen essend unter einem Baum sitzt,
während auf der anderen Seite ein schlafender Mann liegt«.128 Neben etlichen
religiösen Werken fanden sich in den Turmgemächern aber auch profane Bil-
der, wobei mehrfach Darstellungen von Venus und Cupido genannt werden.
Nach dem Tode des Herzogs sollte diese Sammlung verkauft werden, wobei ei-
ne erhaltene Ankündigung dieses Verkaufs aus dem Jahre 1619 unter anderem
neben Werken von Bosch und Dürer auch Gemälde von Tizian, Veronese und
Lucas van Leyden nennt.129

Darüber hinaus waren beinahe alle Räume des Schlosses Heverlee, ein-
schließlich der beiden Türme, mit Wandmalereien ausgeschmückt; neben eini-
gen Darstellungen aus den Metamorphosen Ovids waren es zumeist Land-
schaften mit Tieren.130 Allem Anschein nach versuchte man mit diesem
Bildprogramm, und besonders mit der Darstellung von Landschaften, an die
gehobene Wohnkultur der klassischen Antike anzuknüpfen.

Zwar hatte man zu Zeiten Charles de Croys noch keine sehr präzise Vor-
stellung von der antiken Villendekoration - erst Funde des 17. und 18. Jahr-
hunderts sowie die späteren Ausgrabungen brachten hier lebendige Anschau-
ung -, doch wußte man sehr wohl um deren bevorzugte Themenkreise. Auf-
grund der schriftlichen Quellen versuchte man, analog zur Rekonstruktion
 
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