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spectijf« beschreibt -, sondern zudem »plurimae praeterea tales argutiae face-
tissimi salis: viele derartige Einfälle von höchst geistreichem Humor«. Es ist au-
genfällig, daß auch van Mander das Ausstattungsprogramm im Hause des Aart
Molckeman in der Tradition antiker Villendekoration sah. Leider sind die Wand-
bilder, mit denen die Antwerpener Kaufleute ihre Häuser schmücken ließen,
noch wesentlich schlechter dokumentiert als die freskierten Dekorationen in
den Residenzen der Adeligen. Man vermag sich deshalb kein rechtes Bild davon
zu machen, wie Molckeman sich sein Gartenhaus ausmalen ließ.144

Karel van Mander stellte Vredemans Bilder, zumindest rhetorisch, in die Tra-
dition antiker Wanddekorationen. Das mag nicht mehr sein als die Rezeption
eines kunsttheoretischen Topos. Doch die Vermutung, daß die gemalten In-
nenausstattungen niederländischer Patrizierhäuser durch die Rezeption antiker
Schriften angeregt wurde, liegt nahe. Tatsächlich finden sich nämlich in vielen
niederländischen Nachlaßinventaren des 16. Jahrhunderts die gängigen Trakta-
te zur Architektur und andere Bücher, die den Geschmack der Zeit reflektieren
und die Innenarchitektur beeinflußt haben mögen.145

Eines verdient dabei besondere Beachtung: Schon Vitruv, der gerade im
16. Jahrhundert fleißig rezipiert wurde, hatte gegen die phantastischen Ausstat-
tungsprogramme gewettert, die manche Maler seiner Tage zur Dekoration der
Häuser ersannen.146 Allen Gesetzen des guten Geschmacks widersprächen de-
ren Phantastereien.147 Den Unarten neuerer Innendekoration hält er als Ge-
genkonzept den guten Geschmack früherer Zeiten entgegen, als man sich für
die Gestaltung der Wände eines Raumes noch der aus der Bühnendekoration
vertrauten Motive bediente, während man die Flure mit »topia« - realistischen
Landschaften - schmückte: »Häfen, Vorgebirge, Küstenstriche, Flüsse, Quellen,
Meerengen, Heiligtümer, geweihte Haine, Berge und Viehherden mit ihren Schä-
fern und Ähnliches.«148 Man mag sich bei dieser Aufzählung von Gegenständen
an Plinius erinnert fühlen, an die Sujets, für die der Maler Spurius Tadius ge-
schätzt wurde.149 Andererseits läßt die Aufzählung auch anklingen, was Ptole-
maeus als Chorographie beschrieb, nämlich »Häfen, Dörfer, Bezirke, die Ne-
benflüsse der Hauptströme und Ähnliches« darzustellen.150 In jedem Falle liegt
die Bedeutung von Vitruvs Forderung darin, daß er, in Abgrenzung von der zu
seiner Zeit gängigen Praxis, realistische Landschaften einforderte.

Wenn wohl auch heute kaum ein Flur eines Hauses oder Palastes des 16. Jahr-
hunderts mehr die originale Ausstattung zeigt, legen die überlieferten Quellen
die Vermutung nahe, daß man Korridore tatsächlich mit »verschiedensten Land-
schaften schmückte, die bestimmte Örtlichkeiten darstellen«. Als Beispiel dafür
ließe sich »El Pardo« anführen, das Jagdschloß Philipps IL, in dessen Gängen es
neben Ansichten von verschiedenen Wäldern mit jagdbarem Wild auch Vedu-
ten »der wichtigsten Inseln und Gebiete von Zeeland gab, mit seinen Städten,
Häfen, Flüssen, Stränden und Deichen«.151 Realistische Landschaften galten als
 
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