PROBLEME DER MODERNEN MALEREI
»Die Kunst wendet sich nur an eine äußerst beschränkte Zahl von Individuen.« Cezanne.
»Auch das Unnatürliche ist Natur.« Goethe.
Alles menschliche Schaffen ist eine Auseinandersetzung mit der »Natur«.
Dieser BegrifF ist eng und weit zugleich. Die große Menge versteht darunter
die Wirklichkeit, die das Auge zu sehen glaubt, und dieser Glaube an die Un-
fehlbarkeit des Auges besitzt die Unerschütterlichkeit eines religiösen Dogmas.
Jede Zeit glaubt zu wissen, wie die »Natur« aussieht. Mit diesem »Wissen«
urteilt sie. Dies »Wissen« von der Natur wird aber durchaus nicht durch
kunstgeschichtliche Bücher geläutert. Das Lesen von Büchern vermittelt nicht
die Fähigkeit zum Erkennen; denn Kunsterkenntnis ist nicht nur eine Prin-
zipienfrage, sondern auch eine Frage der Erkenntnisfähigkeit. Über erstere
kann man sich verständigen; letztere kann durchBücher allein nicht vermittelt
oder erworben werden. Man muß in der Kunst mit den Künstlern denken
können, um sie, d. h. das zu begreifen, was sie unter Natur verstehen und was
sie gestaltend über sie aussagen. Dies Denken, d. h. gewissermaßen mit dem
Auge verstehen, ist die Voraussetzung für jedes künstlerische Erlebnis und
bedarf der Kenntnis der Gestaltungsgrundsätze, sowie der Fähigkeit zum Ge*
stalten; denn große Künstler sind immer zugleich Philosophen, die ihre eigene
Welterkenntnis besitzen. »Die Kunst ist das einzig wahre und ewige Organon
und zugleich Dokument der Philosophie,« sagt Kant. Der Gegenstand ihrer
Philosophie ist die Natur. Künstler und Nichtkünstler verstehen unter der
sichtbaren Natur zumeist die unendliche Summe von Gegenständen, die ihrem
sinnlichen Vorstellungsbesitz zugrunde liegt. Sie vergessen aber, daß das
Objekt ihrer Erkenntnis, eben weil es etwas »Erkanntes« ist, gestaltet wurde;
daß alles Erkennen schon gesta^ten heißt und daß das, was wir Stimmung und
Empfindung in der Kunst nehnen, nur eine Verschiebung unseres Interessen*
gebietes innerhalb unseres Vorstellungsbesitzes bedeutet. Der Laie denkt zu*
»Die Kunst wendet sich nur an eine äußerst beschränkte Zahl von Individuen.« Cezanne.
»Auch das Unnatürliche ist Natur.« Goethe.
Alles menschliche Schaffen ist eine Auseinandersetzung mit der »Natur«.
Dieser BegrifF ist eng und weit zugleich. Die große Menge versteht darunter
die Wirklichkeit, die das Auge zu sehen glaubt, und dieser Glaube an die Un-
fehlbarkeit des Auges besitzt die Unerschütterlichkeit eines religiösen Dogmas.
Jede Zeit glaubt zu wissen, wie die »Natur« aussieht. Mit diesem »Wissen«
urteilt sie. Dies »Wissen« von der Natur wird aber durchaus nicht durch
kunstgeschichtliche Bücher geläutert. Das Lesen von Büchern vermittelt nicht
die Fähigkeit zum Erkennen; denn Kunsterkenntnis ist nicht nur eine Prin-
zipienfrage, sondern auch eine Frage der Erkenntnisfähigkeit. Über erstere
kann man sich verständigen; letztere kann durchBücher allein nicht vermittelt
oder erworben werden. Man muß in der Kunst mit den Künstlern denken
können, um sie, d. h. das zu begreifen, was sie unter Natur verstehen und was
sie gestaltend über sie aussagen. Dies Denken, d. h. gewissermaßen mit dem
Auge verstehen, ist die Voraussetzung für jedes künstlerische Erlebnis und
bedarf der Kenntnis der Gestaltungsgrundsätze, sowie der Fähigkeit zum Ge*
stalten; denn große Künstler sind immer zugleich Philosophen, die ihre eigene
Welterkenntnis besitzen. »Die Kunst ist das einzig wahre und ewige Organon
und zugleich Dokument der Philosophie,« sagt Kant. Der Gegenstand ihrer
Philosophie ist die Natur. Künstler und Nichtkünstler verstehen unter der
sichtbaren Natur zumeist die unendliche Summe von Gegenständen, die ihrem
sinnlichen Vorstellungsbesitz zugrunde liegt. Sie vergessen aber, daß das
Objekt ihrer Erkenntnis, eben weil es etwas »Erkanntes« ist, gestaltet wurde;
daß alles Erkennen schon gesta^ten heißt und daß das, was wir Stimmung und
Empfindung in der Kunst nehnen, nur eine Verschiebung unseres Interessen*
gebietes innerhalb unseres Vorstellungsbesitzes bedeutet. Der Laie denkt zu*