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Richter, Otto
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 45): Über antike Steinmetzzeichen — Berlin, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.728#0006
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derartige Inschriften, die er auf den Mauern von Thasos gefunden hatte. Es sind Com-
binationen von Buchstaben, die wohl meist den Namen der Steinmetzen entnommen sind;
ein Name (riapjisvcuv) ist mit dem Zusätze <j.£ s(?tofei) einmal sogar ganz ausgeschrieben,
ein zweites Mal angefangen (flapii...). Daneben findet sich als wirkliches Steinmetz-
zeichen zwei Mal ein von drei sich schneidenden Linien gebildeter Stern. — Gleicher
Art sind die Inschriften, welche Lenormant aus Eleusis (recherches archeologiques ä
Eleusis 1862 n. 117 —122), Choisy von den Theatern von Saloniki und Nicea (Revue
archeol. XXXI 1876 pag. 856 ff.) und Lanci von einem Gebäude unweit Todi (Bull. d.
Inst. 1835 pag. 180) veröffentlicht haben. Sie bestehen zum kleineren Teil aus einem,
öfter aus zwei oder mehreren Buchstaben, deren Deutung von den Verfassern mit mehr
oder weniger Glück versucht worden ist. Sicher aber ist wohl, dass sie aus dem Stein-
bruche herrühren; sie sind in den meisten, wenn nicht in allen Füllen Abkürzungen von
Namen. — Einer viel späteren Zeit gehören an die hochinteressanten, zuerst von Hübner
(Monatsberichte der Berliner Akademie 1864 pag. 97 ff.) publicierten Steinmetzinschriften
von der Porta Nigra bei Trier. Hier finden sich Combinationen von gewöhnlich drei
Buchstaben in grosser Anzahl, z. B. MAR 27 mal, AGE 23 mal, MAG 15 mal u. A.
Ähnliche Inschriften wurden auf dem Theater von Orange gefunden; Durm, Baukunst
der Römer pag. 137 führt von demselben die Buchstabenverbindungen CIS und CID au.

Die Reichhaltigkeit des uns zu Gebote stehenden Materials ist, wie man sieht,
nicht gering und klärt uns zunächst auch ohne weitere Untersuchung darüber auf, dass
die Sitte der Steinmetzzeichen — mögen sie einen Zweck haben, welchen sie wollen —
in der ganzen antiken Welt verbreitet war. Leider ist damit der Nutzen, den jene
Sammlungen von Steinmetzzeichen haben, in vielen Fällen erschöpft. Einige der
sorgfältigsten sind zu unbedeutend, um als Grundlage der Forschung zu dienen; die
meisten Sammler aber sind sich nicht über die Fragen klar, die sich an diese Zeichen
knüpfen, oder verfolgen allzu einseitige Interessen, was um so mehr zu bedauern ist, als
die gleichzeitige Erforschung der mittelalterlichen Steinmetzzeichen schon längst aus dem
Dilettantismus in feste Bahnen eingelenkt und zu allseitig durchgearbeiteten und ge-
sicherten Principien durchgedrungen ist. Für eine wissenschaftliche Behandlung genügen
daher auch die besten dieser Sammlungen nicht, weder die von Zangemeister, die uns
über einige der wichtigsten Punkte, beispielsweise über die Anzahl, in der die einzelnen
Zeichen vorkommen, und über die in Pompei so häufigen Doppelzeichen völlig in Stich
lässt, noch die Bruzza's, der die Zeichen mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht
alphabetisch geordnet hat, während seine Andeutungen über die topographische Verteilung
derselben ausserordentlich dürftig sind. Der einzige, der die Unzulänglichkeit dieser Art
 
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