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Richter, Otto
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 45): Über antike Steinmetzzeichen — Berlin, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.728#0043
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VI. Die Befestigung des Eryx.

Im August des Jahres 1882 machte A. Salinas in Gemeinschaft mit mehreren
Freunden die so manchem Forscher entgangene Wahrnehmung, dass auf den Mauern
des Eryx sich Steinmetzzeichen befinden, unter denen mindestens zwei mit phö'ni-
zischen Buchstaben identisch sind. Er veranlasste eine Freilegung der stark ver-
schütteten Mauer, stellte eine Untersuchung derselben an und hat jetzt das Re-
sultat seiner Thätigkeit in den Notizie degli scavi 1883 pag. 142—147 (tav. I—III)
niedergelegt. Er kommt in diesem Berichte zu dem durch den Fund der Steinmetz-
zeichen angebahnten Resultate: „che Fenici furono gli autori delle cosi dette mura
ciclopiche di Erice, e che il Dedalo della leggenda greca ricordato da Diodoro Siculo
(IV. 78) deve cedere il posto al genio e alla perseveranza della stirpe semitica." Bei
dem auch sonst angenommenen Zusammenhang der Phönizier mit dem Eryx musste diese
Entdeckung als eine willkommene Bestätigung der Überlieferung gelten, und so ist
denn Salinas' Ansicht als ausgemachtes Faktum in Perrot's histoire de Part dans l'anti-
quite übergegangen.

Nichts desto weniger unterliegt dieselbe erheblichen Bedenken. Schon die Heran-
ziehung des Diodorischen Zeugnisses für die Existenz dieser Mauer und die darauf ge-
gründete Meinung, das Altertum sei von diesem gigantischen Bau so überwältigt gewesen,
dass es den Dädalus in eigner Person zu ihrem Urheber gemacht habe, ist unzutreffend.
Diodor sagt an der betreffenden Stelle: „wsraät 6s tm "Epuxa ra-cpet? marfi ä-o-oixäSo; si?
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itpoßipV'aai Ttapaoccrot to 6itcpxsi'|j.svov toö xpnjjjtvou" d. h. er schuf durch eine unterhalb
des Gipfels auf den Fels aufgesetzte Mauer eine Substruction, durch die das Plateau,
auf dem der Tempel der Aphrodite errichtet werden sollte, reguliert und vergrüssert
wurde; ein Verfahren, welches man, wie bekannt, häufig genug bei antiken Stadtanlagen
wahrnehmen kann, das aber wohl nicht überall so viel Schwierigkeiten machte, wie bei
der kleinen Kuppe (a der Skizze No. 2 auf Taf. III), auf der der Tempel stand. Ein
prächtiges Stück, aus zwölf Lagen regelmässig gefügter, massig grosser Quadern bestehend,
das die überwundenen Schwierigkeiten trefflich illustriert, ist daselbst über dem Abhang
noch zu sehen.

Nicht auf die Stadtmauer also, sondern auf die innerhalb derselben liegenden
Substructionen des Aphroditetempels bezieht sich Diodors Bemerkung; auch sind es nicht

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