Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Richter, Otto
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 45): Über antike Steinmetzzeichen — Berlin, 1885

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.728#0008
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ob das Bestreben Bruzza's, in diesen Zeichen die Spuren eines alten Alphabets nach-
zuweisen, das nüchterne Geschäft des Copierens der Inschriften beeinträchtigt hätte.
"Wenigstens ist es auffallend, dass noch jetzt, nach so vielen Zerstörungen, Zeichen nach-
weisbar sind, die sich bei Bruzza nicht finden.

Es ist daher noch als ein Glück zu bezeichnen, dass der bei weitem bedeutendste
Rest, der am Bahnhof, noch steht und zugänglich ist — wer weiss, wie lange noch!
Er zieht sich ziemlich direkt von SW. nach NO. längs der Nordseite des Bahnhofs hin,
mit seinem Südostende bis an die Schienenstränge reichend, mit dem Nordwestende
an die vorderen Gebäude der Dogana. An den höchsten Stellen sind 17 Schichten erhalten,
die durchschnittliche Breite beträgt 4 m. — Das ganze Stück gliedert sich durch die
Lücke der Porta Viminalis naturgemäss in eine kleinere nordwestliche und in eine
grössere südöstliche Hälfte. Die erstere trägt viele und deutliche Spuren späterer Um-
und Anbauten: die mannigfaltigsten Materialien, die zum Teil nachweislich einer späteren
Zeit entstammen, wie die übergrossen, mit Klammern zusammengefügten Peperinquadern,
sind hier durch einander verbaut. Nur dreimal kommt auf diesem Stück ein Steinmetz-

+

zeichen vor, einmal —J— auf einer rötlichen Tuffquader, tief eingeschnitten, Länge

der Hasten 0,20 m; ferner ^ I / , das eine Mal auf gelblichem Tuff, das andere Mal auf

einer Quader von grauem Tuff. Ein Rest der Fortsetzung dieses Stückes nach NW. zu ist
über die Strasse fort hinter den Diocletiansthermen noch jetzt erhalten; auf demselben

befinden sich (auf Quadern von graugelbem Tuff) die Steinmetzzeichen X (zwei mal)

[/[ (zweimal) M /\ 3e einmal.

Dagegen ist das Stück von der Porta Viminalis nach SO. zu ein durchaus gleich-
artiger Bau und zeigt an der dem Bahnhof zugekehrten, jetzt völlig*) frei liegenden Innen-
seite der Mauer die ursprüngliche, durch keine Restauration alterierte Construction von
Tuffquadern, deren Kopfseite durchweg 0,59 m oder 2 Römische Fuss im Quadrat be-
trägt. Dieses Stück nun ist nicht nur durch die darauf befindlichen zahlreichen Stein-
metzzeichen interessant, sondern auch noch durch eine andere Erscheinung, die uns einen
erwünschten Einblick in die Art der Entstehung dieses uralten Bauwerkes thun lässt.
Ungefähr 22 m nämlich von dem Punkte entfernt, wo jetzt die Mauer im SO. endet, ge-
wahrt man, wie der fortlaufende Verband der horizontalen Läufer- und Binderschichten

*) Neuerdings sind durch Erhöhung des Terrains die unteren Schichten "wieder verschüttet, und
ist dadurch eine nicht unerhebliche Anzahl von Zeichen verdeckt worden.
 
Annotationen