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Richter, Otto
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 45): Über antike Steinmetzzeichen — Berlin, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.728#0023
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Höhe, wie gesagt, kaum irgendwo zu constatieren ist, erhebt sich über den Schuttablage-
rungen öfter noch 21 Lagen hoch und ist oben abgeschlossen von einer Gesimsleiste,
welche 0,16 m vortritt und 0,28 m breit ist. Auch über dieser Leiste sieht man noch
an mehreren Stellen antike Mauer, in den meisten Füllen jedoch liegt darüber mittel-
alterliches Bauwerk. Auf den ersten Anblick macht diese grossartige Mauer einen sehr
regelmässigen Eindruck; die Blöcke sind in horizontalen Lagen von verschiedener Höhe
übereinander gelegt, abwechselnd schmalere Lagen von etwa 0,27 m, in denen lange
Blöcke bis zu 2 m liegen, und höhere von 0,50 m, in denen die Blöcke kurz, fast gleich-
seitig sind. Aber es ist kein eigentlicher Quaderbau. Die Blöcke sind nur der Länge
nach rechtwinklig, die vertikalen Seitenflächen dagegen unregelmässig in schiefen
Winkeln geschnitten, und offenbar erst beim Bau Stein für Stein aneinander gepasst.
Der ungeheuren Höhe der Mauern und ihrer Verwendung als Substruction des Hügels
ist es entsprechend, dass jede Schicht hinter der darüberliegenden um 1 — 2 cm zurück-
tritt, so dass die Mauer sanft nach hinten geneigt erscheint. Im Übrigen ist die
Ausführung des Baues recht verschieden. Einige Stücke von gleich guter Erhaltung zeigen
eine so von einander abweichende Handhabung der Technik, dass man nicht annehmen
darf, sie seien aus der Hand eines und desselben Baumeisters hervorgegangen. So ist
das Stück bei b von bewundernswürdiger Regelnlässigkeit und Eleganz, ebenso weiter
südlich nach einer grossen durch mittelalterliches Bauwerk ausgefüllten Lücke das Stück
bei d, während bei c und /, also fast in unmittelbarer Nähe von d, selbst die hori-
zontale Schichtung der Blöcke nicht immer eingehalten ist. Gleich darauf folgt dann
bei g ein Stück, bei dem die Technik dadurch eine ganz andere ist, dass die Zurück-
lehnung der Mauer nicht durch Zurückrücken der wage- und lotrecht gelegten Schichten
bewirkt ist, sondern durch Schieflegung der Steine. Bemerkenswert ist noch die Mauer
unter der Piazza di Sopramuro; sie ist in bedeutender Länge erhalten, meist aber im
Innern der dort befindlichen Speicher verbaut und durch Übertünchung verdeckt. Bei
h allein liegt die Mauer am Tage, sie zeigt dieselbe Kranzleiste wie an der Westseite
der Stadt, darunter sind vierzehn Lagen sichtbar mit einer durchgehenden Steinhöhe von 0,40
bis 0,43 m. Hier sind unter anderen unregelmässig geschnittenen Steinen auch recht-
winklig geschnittene Quadern verwendet.

Innerhalb der Stadt befindet sich (bei i) ein Rest antiker Mauer mit Rustica
(zehn Lagen), der indessen mit den oben beschriebenen Resten einer ältesten Bauart nicht
gleichartig ist. Darüber liegt eine der Stadtmauer gleichartige Kalksteinmauer (sechs Lagen),
jetzt durch Spitzbogen unterbrochen. Die anschliessenden Häuser ruhen alle auf hohen
Substructionen, deren Natur schwer erkennbar ist. Die Mauer hat mit der äusseren
Ringmauer nicht in Verbindung gestanden, sondern gehört offenbar zur Sonderbefestigung
der höchsten Erhebung des Hügels, auf dem Perugia liegt, und die heut durch den Dom
 
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