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Hülsen, Christian C.
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 46): Das Septizonium des Septimius Severus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.729#0005
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I. Die Euine des Septizoniums im 16. Jahrhundert.

Wenn anno 1550 Jean Jacques Boissard, der Verfasser der „Anweisung in vier
Tagen Rom zu sehen", oder ein Menschenalter später Jacobus Schletzer „teutscher
Nation, der Antiquitäten zu Rom Dolmetsch" ihre Fremden vom Kolosseum durch den
Konstantinsbogen zum Thale des Circus Maximus führten, so konnten sie ihnen an der
Siidwestecke des palatinischen Hügels, gegenüber der Kirche San Gregorio, ein Monu-
ment aus dem Altertum zeigen, das ganz verschieden war von allem, was es sonst in
Rom und Italien zu sehen gab. Es war ein seltsamer, thurmhoher Bau, drei Säulen-
reihen übereinander, von sehr luftiger und verwegener Konstruktion; die kostbaren Granit-
und Marmorsorten, welche daran verwendet waren, zeigten, dass dieser Rest von einem
Prachtbau stammte, der auch in der Glanzzeit der alten Stadt eine hohe Bedeutung
gehabt haben musste. Den wissbegierigen Romfahrer mochte dann wohl sein Führer
belehren, diese Ruine nenne das Volk la scuola di Virgilio, anknüpfend an den Namen
des mächtigen alten Zauberers. Die Antiquare aber wussten, der wahre Name sei
Septizonium. Leider würde man durch letzteres nicht viel klüger, denn was das Wort
bedeute, darüber hätten auch die gelehrtesten, wie Bartolommeo Marliani, dessen gründ-
liche Topographie der Stadt Rom von allen Fachgenossen so ileissig abgeschrieben und
so wenig citirt wurde, und Pirro Ligorio, der Neapolitaner Architekt, der für sein stu-
pendes Werk der „fünfzig Bücher vom römischen Alterthum" immer noch vergebens
nach einem Verleger suchte, bisher nur Mutmassungen. Die einen hielten das Gebäude
für einen Tempel, und zwar wogen seiner himmelanstrebendeu Höhe für ein Heiligtum
des Juppiter tonans, oder der Himmelskönigin Juno; andere rechneten es zu den Kaiser-
bauten des Palatin und behaupteten, es sei ein siebenstöckiger Wartturm gewesen;
viele fanden darin das vom Spartian erwähnte Grabmal des Kaisers Septimius Severus;
die allerklügsten, wie Messer Vincenzo Scamozzi, sagten, sie missbilligten alle bisher
aufgestellten Vermutungen, wussten auch selbst etwas besseres: das wollten sie aber
für sich behalten'). So stand das Septizonium da als ein Gegenstand der Neugierde und
des Interesses für das Volk wie für die Forscher.

!) Ausser den citirten Autoren bieten namentlich Bernardinus Rucellai (bei Beccucei, Script,
rer. Ital. II. p. 1057 ff.) und der S. 15 erwähnte Tractat des cod. Veron. 441 mancherlei hierhergehüriges.
 
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