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Trendelenburg, Adolf
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 70): Phantasiai — Berlin, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.2163#0038
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Exkurs zu III: Anordnung der Giebelfiguren

G. Hirschfelds Anordnung hat den Wert eines Dokuments. Sie ist vorgenommen vor
jeder Ergänzung, ja selbst vor Anpassung der Köpfe. Nur drei Figuren haben ihren zweifellos
zugehörigen Kopf. Geleitet hat ihn bei seiner Aufstellung außer Pausanias Beschreibung
lediglich die Rücksicht auf den Fundort der Figuren, auf ihre Höhe, auf ihre Stellung und auf
ihre Schau- und Eückseite, Gesichtspunkte, deren Berechtigung niemand bestreiten wird.
So ergaben sich ihm ungesucht die Gegenstücke, die auch die S. 28 aufgestellte Liste der
gefundenen Statuen als solche an die Hand gibt.

Warum hat man diese sichere Grundlage aufgegeben ? Eine Beihe von Köpfen, die zum
Vorschein kamen und die G. Treu in seinem zweiten23) Wiederherstellungsversuch von 1882
schon sämtlich verwerten konnte, vervollständigte die Torsen und schien wenigstens bei
einer Figur die Unmöglichkeit der Hirschfeldschen Anordnung zu erweisen. Dem knienden
Wagenlenker des Oinomaos wurde von Treu ein Kopf aufgesetzt, der an der linken Seite
nur aus dem Bohen herausgebracht ist und demgemäß nur einer Figur angehören kann, die
in der linken Giebelhälfte stand. Treu hat deshalb auch diesen Wagenlenker der Pelopsseite
zugewiesen und hinter den dort schon vorhandenen als einen zweiten gesetzt. Das Ergebnis
ist überraschend. Denn nunmehr hat Pelops Wagen zwei Lenker, Oinomaos aber keinen.
Wenigstens sucht das an strengste Entsprechung der Figuren gewöhnte Auge hinter Oino-
maos Wagen vergeblich nach einem Lenker. Erst eine mühselige Reflexion führt darauf,
daß der v o r den Pferden sitzende Alte gedanklich das Gegengewicht zu den beiden hinter
den Pferden sitzenden Lenkern bilden soll. Da nun beide hinter dem Wagen des Oinomaos
Sitzende mit dem Gespanne selbst nichts zu tun haben, stehen sie inhaltlich mit ihren eigent-

23) Den ersten Versuch Treus {Arch. Zeit. XXXIV, 1876 Tat. 13), mit noch ganz unvollständigem Material
unternommen, hat Wernicke in seiner Zusammenstellung übergangen. Er hat aber auch heute noch Interesse,
nicht bloß das geschichtliche als erster Beitrag des Gelehrten, der sich um die Skulpturen des Zeustempels am
meisten verdient gemacht hat, sondern auch ein sachliches, insofern er in der Zuweisung des hockenden Knaben
an die vorletzte Stelle der rechten Giebelseite mit Hirschf eld und Curtius zusammentrifft. Später hat Treu das
hockende (kniende) Mädchen an seine Stelle gesetzt.
 
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